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Sachsen will Brummis von der Autobahn holen

Der Freistaat prüft eine Rollende Landstraße durch die Oberlausitz. Eine geeignete Bahnstrecke dafür gibt es jetzt.

Lesedauer: 2 Minuten

Etwa 80 Güterzüge am Tag donnern derzeit über die zweigleisig ausgebaute und elektrifizierte Bahntrasse zwischen Hoyerswerda und der deutsch-polnischen Grenze. Und es könnten bald noch deutlich mehr werden. Sachsens Wirtschafts- und Verkehrsministerium kann sich auf der grenzüberschreitenden Strecke auch eine Rollende Landstraße vorstellen. Ein Ministeriumssprecher bestätigte: Die vom Freistaat mitfinanzierte Bahntrasse sei eine Voraussetzung, "um die Chancen für die Verlagerung des Transitgüterverkehrs auf die Schiene zu verbessern".

Diese Verlagerung ist nötig. Bis zu 135 000 Fahrzeuge rollen tagtäglich über die Autobahn 4 bei Dresden. In Höhe der Anschlussstelle Pulsnitz sind es montags bis freitags rund 57 000 Fahrzeuge am Tag. Mehr als jedes vierte davon ist ein Lkw, die meisten davon sind im grenzüberschreitenden Verkehr unterwegs. Damit nähern sich die 15,3 Kilometer zwischen dem Dreieck Dresden-Nord und Pulsnitz der Schallgrenze von 60 000 Fahrzeugen pro Tag. Ab dieser Zahl denken die zuständigen Ministerien über sechs statt vier Fahrspuren auf der Autobahn nach.

Einen entsprechenden Antrag schickte das sächsische Ministerium im September 2018 an das Bundesverkehrsministerium. Das dämpfte allerdings sächsische Hoffnungen auf eine baldige Entscheidung. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen werde im Fünf-Jahres-Turnus überprüft, hieß es. Die nächste Überprüfung sei 2021/22 dran. Sollte das Bundesverkehrsministerium dann zu der Einsicht kommen, dass der Ausbau der A 4 zwischen Dresden und Pulsnitz unumgänglich ist, würde zunächst ein mehrjähriges Planungsverfahren folgen. Mit einem Baubeginn wäre kaum vor 2024/25 zu rechnen. Auf jeden Fall dürften noch mindestens zehn Jahre vergehen, ehe die Autobahn zwischen Dresden und der Oberlausitz mehr Fahrspuren als jetzt bietet – wenn überhaupt.

So lange will Sachsen nicht warten, heißt es aus dem Ministerium. Seit August 2018 gibt es dort eine Arbeitsgruppe "Rollende Landstraße". Ihr gehören Vertreter der Deutschen Bahn, der Verladewirtschaft und von Speditionen an. Alle hätten Interesse an einer Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene, sagt ein Ministeriumssprecher: "Aktuell wird eine Aufgabenstellung ausgearbeitet, welche die Grundlage einer auszuschreibenden Machbarkeitsuntersuchung sein wird." Finanzieren will die Studie der Freistaat.

Mit der neuen Bahntrasse steht ein geeigneter Gleiskörper zur Verfügung. Weshalb die vom Ministerium eingesetzte Arbeitsgruppe Druck macht. Bis Mitte dieses Jahres will sie erste Ergebnisse vorlegen. Dabei wird bewusst grenzüberschreitend gedacht. Auf polnischer Seite bestehe ebenfalls Interesse, sagt der Ministeriumssprecher.

Die Strecke muss lang genug sein, dass die Lkw-Fahrer unterwegs ihre gesetzliche Ruhezeit in Anspruch nehmen können. Eine Rollende Landstraße zwischen dem Ruhrgebiet und Breslau ist somit wahrscheinlicher, als zwischen Leipzig oder Dresden und dem Güterbahnhof Horka an der Neiße. Eine Voraussetzung für eine Rollende Landstraße seien "speziell für den Gütertransport geeignete Güterwagen", heißt es aus dem Ministerium. Solche Wagen kommen aus dem Waggonbau Niesky.

Aber außer an diese Trasse werde auch an alternative Streckenverläufe gedacht. Eine brachte jetzt der Bautzener CDU-Landtagsabgeordnete Marko Schiemann ins Gespräch: Im Süden der Spreestadt könnten Güter von der Straße auf die Schiene umgeladen werden, von hier führen Gleise direkt zum Bautzener Bahnhof und somit auf die Strecke Dresden-Görlitz.

 

Von Tilo Berger

Foto: Thomas Lehmann

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