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Sachsens beste Gründerin macht Verpackungen intelligenter

Karin Weigelt überzeugt unter 53 Bewerberinnen mit innovativer Drucktechnologie.

Lesedauer: 3 Minuten

Mutig sein, Risiken eingehen und die Entschlusskraft, für ihre Unternehmen Zukunftspläne zu entwickeln und umzusetzen – das haben Karin Weigelt und Patrizia Thomas gemein. Doch beruflich trennen die beiden Frauen, die am Sonnabend als Sachsens beste Gründerinnen ausgezeichnet wurden, Welten.

Karin Weigelt, die 2016 die Chemnitzer Firma Prismade Lab GmbH gründete, hat mit ihrem Geschäftspartner Jan Thiele eine Technologie für elektrisch leitfähige Farben entwickelt. Auf Verpackungen, Plastikkarten und Folien gedruckt, können diese Farben Informationen weitergeben. Medikamentenschachteln lassen sich zum Beispiel über das Smartphone ziehen, und auf dem Display erscheint der Beipackzettel aus der verschlossenen Schachtel. Patrizia Thomas hat 2017 die Fleischerei Simon in Brandis übernommen, in der sie 14 Jahre lang als Verkäuferin arbeitete.

Es war nicht nur die einzigartige Technologie für das Internet der Dinge, die die zwölfköpfige Jury überzeugte, Weigelt den ersten Preis zu verleihen. "Den Ausschlag gab die Strategie, sich von Beginn an einen starken Partner zu suchen, um mit ihm die Technologie auf dem Markt durchzusetzen", sagte Jurychef Ralf Sonntag, Professor für Marketing an der Dresdner Hochschule für Technik und Wirtschaft auf der Festveranstaltung in der Porzellanmanufaktur in Meißen. Der starke Partner ist die Edding AG. Sie hält seit vergangenem Jahr die Hälfte der Firmenanteile an der Prismade Lab GmbH mit acht Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und sorgt für den Vertrieb der Prismade-Produkte. "Edding hatte sich vorher noch nie an einem Start-up beteiligt. Aber die Technologie ist brillant, und das Gründerteam ist besonders. Karin Weigelt steht für Innovation und Integrität und Empathie gleichermaßen", betonte Edding-Innovationschefin Vanessa Schmidt in ihrer Laudatio. Die zweite große Innovation, die die 38 Jahre alte Siegerin und ihr Team gerade auf den Markt bringen, ist "Easycheck", ein Verfahren für eine digitale Führerscheinkontrolle. Gedacht ist es für Firmen mit vielen Außendienstmitarbeitern, die einen Dienstwagen nutzen und bislang immer in die Zentrale fahren müssen, um ihren Führerschein zur Prüfung vorzulegen. Das geht mit der Technik von Prismade künftig nun auch per Smartphone.

Einzige Frau besser als alle Männer Für Patrizia Thomas, die zweite Siegerin des Gründerinnenwettbewerbs der Landesregierung sprach der zielstrebige Weg vom Azubi zur Chefin. Als der Inhaber der traditionsreichen Fleischerei Simon in Brandis, die seit 1924 besteht, verzweifelt einen Nachfolger suchte, war niemand auf die Idee gekommen, die damals 31-jährige Verkäuferin zu fragen, die in der Fleischerei schon gelernt hatte. Sie sprach ihren Chef direkt an, ob sie nicht die Nachfolge antreten könne. Es gab nur ein Hindernis, ihr fehlte der Meisterbrief für das Fleischerhandwerk. Mit einer Sondergenehmigung absolvierte sie in einem Jahr die Meisterschule – als einzige Frau im Kurs – und schloss sie als Jahrgangsbeste ab. 2017 konnte sie ihren einstigen Ausbildungsbetrieb übernehmen, den sie mit einer zweiten Filiale vergrößern und neu ausbauen will. Aber vor allem will Patrizia Thomas als Vorbild fungieren und zeigen, dass sich auch Frauen in der männertypischen Fleischerei-Branche durchsetzen können.

Gerade das ist es, was Gleichstellungsministerin Petra Köpping (SPD) mit dem Gründerinnenpreis erreichen will: "herausragende Vorbilder" schaffen, Mut machen, erfolgreiche Unternehmerinnen sichtbar machen. Denn beim Gründungsgeschehen gibt es in Sachsen noch erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So sind knapp acht Prozent aller erwerbstätigen Frauen im Freistaat selbstständig. Bei Männern beträgt die Quote 13 Prozent. Während Männer häufiger aus Motiven der Selbstverwirklichung oder des Strebens nach hohem Einkommen ein Unternehmen starten, tun Frauen es häufiger mangels geeigneter Beschäftigungsmöglichkeit. Bei Nebenerwerbsgründungen ist der Frauenanteil mit 44 Prozent hoch. Insgesamt waren 2017 ein Drittel aller Firmengründungen im Freistaat weiblich.

Ministerin Köpping erklärt die geringere Gründungsneigung von Frauen auch mit der geringeren Verbreitung von Rollenbildern und der Situation am Arbeitsmarkt. Oft würden Personen eine Firma aufbauen, die auf Vorbilder bei Eltern und Bekannten zurückgreifen können. Und bei einer höheren Arbeitslosigkeit steigen die sogenannten Notgründungen. Derzeit ist es umgekehrt, wegen der guten Beschäftigungschancen sind diese stark zurückgegangen. Am diesjährigen Gründerinnen-Wettbewerb beteiligten sich 53 Bewerberinnen.

 

Von Nora Miethke

Foto: Ronald Bonß

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