Von Ulrich Wolf & Erik Geipel
Dresden. Nahezu alle kommunalen Krankenhausträger in Sachsen erwarten in diesem Jahr Verluste. Von den 19 städtischen und landkreiseigenen Klinikbetreibern im Freistaat kalkuliert nur die Göltzschtalklinik im vogtländischen Rodewisch im nächsten Jahr mit einem ausgeglichenen Ergebnis. Alle anderen erwarten rote Zahlen, teils in zweistelliger Millionenhöhe. Das geht aus einer Analyse der Prognoseberichte 2022 der Unternehmen und Eigenbetriebe sowie aus einer Umfrage von Sächsische.de hervor.
Demnach führen die zwei Häuser in Dresden-Friedrichstadt und -Neustadt, vereinigt als Eigenbetrieb Städtisches Klinikum Dresden, die Verlustliste an. Das erwartete Minus für 2024 beträgt dort rund 18 Millionen Euro. Bereits 2023 war in dem Betrieb mit rund 3.300 Beschäftigten ein Defizit von 6,5 Millionen Euro entstanden. 2022 waren es noch minus 2,4 Millionen Euro gewesen, 2021 hatte es ein Plus von 1,6 Millionen Euro gegeben.
Noch ärger dürfte die Entwicklung beim Klinikum St. Georg gGmbH mit seinen Häusern in Leipzig und Wermsdorf ausfallen. Die Gesellschaft machte für 2024 keine Angaben, doch schon 2023 liege der Jahresabschluss „mit einem Minus von 37,7 Millionen Euro im Rahmen des kalkulierten Fehlbetrages“, hieß es. Eine Insolvenz wird nur vermieden durch ein entsprechendes Darlehen der Stadt Leipzig. Die Kommune erhöhte ihre Kreditlinie für die Gesellschaft um weitere 100 auf nunmehr 200 Millionen Euro mit einer Rückzahlungsfrist bis Ende 2029.

Eher überraschend fällt die Prognose auch für das Klinikum Chemnitz aus. Hatte sich dort die Gewinne von 2021 bis 2023 noch auf gut 27 Millionen Euro summiert, heißt es nun: „Für das Jahr 2024 sind (…) positive Effekte bisher vollständig ausgeblieben. Damit muss derzeit von einem zweistelligen Millionenverlust ausgegangen werden.“
Im kalkulierten Verlustbereich von zehn Millionen Euro bewegen sich zwei weitere Gesellschaften: das Klinikum Oberlausitz Bergland gGmbH mit Standorten in Ebersbach-Neugersdorf und Zittau sowie die Muldentalkliniken gGmbH mit Häusern in Grimma und Wurzen. Die Lausitzer bestätigten für 2023 einen Verlust von 6,6 Millionen Euro und erwarten für 2024 ein Minus von 9,9 Millionen Euro.
Bei den Muldentalkliniken, wo bereits Anfang 2023 ein finanzieller Zusammenbruch gedroht hatte, betrug das Minus 2023 fast neun Millionen Euro, für 2024 soll sich das Defizit weiter erhöhen. Der Landkreis Leipzig hält den Träger derzeit mit einem Zehn-Millionen-Euro-Kredit über Wasser, beschloss aber den Verkauf und startete im vergangenen April ein Bieterverfahren zum Verkauf des Unternehmens. Bislang gibt es fünf Interessenten.
„Mit einem negativen Betriebsergebnis“ für 2024 erstmals seit 2007 rechnet das Zwickauer Heinrich-Braun-Klinikum. Das erste Minus seit zwölf Jahren fuhr die Elblandkliniken Stiftung & Co. KG mit ihren Standorten in Großenhain, Meißen, Radebeul und Riesa ein. Dem Vernehmen nach soll sich die Finanzierungslücke auf gut acht Millionen Euro belaufen. Für 2024 sehe es mit voraussichtlich minus fünf Millionen Euro nicht viel besser aus, hieß es.

Von einem „gerade noch positiven Ergebnis“ für 2023 ist beim Städtischen Klinikum Görlitz die Rede. Doch ohne staatliche Energiekostenhilfe hätte das Defizit 3,9 Millionen Euro betragen. Die gäbe es nun jedoch nicht mehr, daher „rechnen wir 2024 mit einem Minus“.
Nahezu aussichtslos erscheint die Lage beim vom Landkreis Görlitz getragenen Krankenhaus in Weißwasser. Bereits 2021 hatten die Wirtschaftsprüfer mit einem fehlenden Testat gezögert, „begründet mit einer fehlenden positiven Fortführungsprognose“. 2022 hatte es keinen Haushalt für die Klinik gegeben. Dass das derzeit von einer Streikwelle zusätzlich belastete Haus noch existiert, ist lediglich einem Zehn-Millionen-Euro-Kredit des Landkreises zu verdanken, der die Defizite für die Jahre 2023 und 2024 gegenfinanziert.

Quelle: Sächsische.de-Recherche
Nur ein Krankenhausbetreiber rechnet 2024 mit einer schwarzen Null: das dem Vogtlandkreis gehörende Göltzschtalklinikum in Rodewisch. Man habe bereits „in den letzten Jahrzehnten immer einen positiven Jahresabschluss erwirtschaften“ können, hieß es. Die Finanz- und Ertragslage sei „stabil“. Das Klinikum rechne für 2024 „vorbehaltlich der noch nicht absehbaren gesetzlichen Rahmenbedingungen und allen damit verbundenen Unsicherheiten hinsichtlich der Leistungs- und Kostenentwicklung mit einem ausgeglichenen Ergebnis“.
Nahezu alle Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaften nennen drei Gründe für die Entwicklung: Erstens seien die Kliniken strukturell unterfinanziert, da die staatlich regulierten Preise etwa für Operationen die steigenden Personal-, Energie- und Materialkosten längst nicht mehr abdeckten; zweitens sei die Förderung von Investitionen zum Beispiel für Sanierung und Modernisierung zu gering; und drittens gingen die Fallzahlen zurück, was die Erlöse zusätzlich schmälere.
„Wir haben keine Chance mehr“
Elblandkliniken-Vorstand Rainer Zugehör etwa formuliert: „Wir haben keine Chance mehr. Es ist fast unmöglich, sich aus der Lage zu manövrieren. Wir können nicht weiter optimieren.“ Vor der Vereinigte Gesundheitseinrichtungen Mittelsachsen GmbH heißt es: „Die Situation ist alarmierend, und die Gefahr von Versorgungsengpässen in der Zukunft steigt.“
Florian Claus von der Landkreis Mittweida Krankenhaus gGmbH betont: „Aktuell fahren wir sozusagen auf Verschleiß und brauchen wichtige Rücklagen aus den Vorjahren auf.“ Eigenmittel für notwendige Investitionen könne man so nicht erwirtschaften. Und der Geschäftsführer der Managementgesellschaft für die Gesundheitszentren im Landkreis Görlitz, Frank Horn, konstatiert, man habe zwar „mit großer Hoffnung“ auf die Krankenhausstrukturreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gewartet, doch „leider ist nun absehbar, dass dies die Situation der Kliniken weiter verschlechtern wird“.
Die Analyse umfasst in der Regel die Konzern-Jahresabschlüsse 2022 der kommunalen Krankenhausträger, die vorliegenden Beteiligungsberichte der öffentlichen Hand bei Eigenbetrieben sowie eine Umfrage bei den Klinikgesellschaften zur wirtschaftlichen Entwicklung 2023 und 2024. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat seine Kliniken allesamt privatisiert; er taucht daher in der Analyse nicht auf.