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Sachsens Wirtschaftsmotor stottert

Wirtschaftsforscher senken Wachstumsprognose für die ostdeutsche Wirtschaft.

Lesedauer: 2 Minuten

Die deutschen Autobauer haben nach dem Sommer mehr oder weniger auf Halde produziert und dann die Fertigung gedrosselt, weil das neue europäische Abgasprüfverfahren nicht funktionierte. Das schlägt sich nun in der Konjunktur des Autolandes Sachsen nieder. Die Wirtschaftsleistung im Freistaat wird nach der Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo Dresden in diesem und im kommenden Jahr jeweils um 1,2 Prozent wachsen. Das ist leicht unter dem Wachstum in Ostdeutschland (inklusive Berlin), das in diesem Jahr 1,4 Prozent und im kommenden Jahr 1,3 Prozent betragen soll. Damit hat das Ifo Dresden seine Prognose für das laufende Jahr um 0,2 Prozentpunkte gesenkt. Die Forscher sind pessimistischer als etwa die Ökonomen der Landesbank LBBW. Sie hatten im November für Sachsen eine Wachstumsrate von 1,7 Prozent für das laufende Jahr und für 2019 vorhergesagt.

Trotz der Verlangsamung verliert der Beschäftigungsaufbau nur leicht an Tempo. Die Ifo-Forscher gehen für 2018 von 21 000 zusätzlichen Einstellungen aus und 2019 von rund 19000. „Die Firmen sind froh, wenn sie überhaupt Fachkräfte finden und werden deshalb auf Entlassungen verzichten“, betonte Professor Joachim Ragnitz, Vize-Chef des Ifo Dresden, am Mittwoch bei der Vorstellung der Prognose.

Die Konjunktur schwäche sich ab, aber es bestünden keine Rezessionsgefahren, stellte der Ökonom klar. Die leicht dynamischere Entwicklung in Ostdeutschland sei vor allem dem Berlin-Effekt geschuldet. Die Bevölkerung in der Hauptstadt wächst, was die Bauwirtschaft ankurbelt. In den sächsischen Großstädten drehen sich zwar auch viele Baukräne, aber kaum welche außerhalb von Dresden und Leipzig. Im sächsischen Baugewerbe sind die Umsätze gestiegen, aber das liegt laut Ragnitz an Preissteigerungen, nicht an Produktionserweiterungen. Insgesamt stagniert die Branche und arbeitet an der Kapazitätsgrenze.

Wachstumsimpulse werden im kommenden Jahr nicht von der Industrie, sondern von der öffentlichen Hand ausgehen. Die Landesregierung sorgt mit kräftig steigenden Staatsausgaben für Nachfrage bei öffentlichen Dienstleistern und wird so das Wirtschaftswachstum stabil halten. „Das ist aber nur ein Nebeneffekt der Finanzpolitik der Landesregierung. Sie dient nicht dazu, die Konjunktur in Sachsen zu stabilisieren“, so Ragnitz. Er hält sich bei der Bewertung der Landespolitik zurück, äußert jedoch Zweifel, „ob es so glücklich ist, die Reserven aufzulösen, um vielleicht in zwei Jahren feststellen zu müssen, dass das Geld weg ist“. Eine klare wachstumsorientierte Ausrichtung der Landespolitik könne er nicht erkennen, meint der Wirtschaftsforscher. Es müsse zwar viel stärker in Bildung und Technologietransfer investiert werden, um den negativen Effekten des demografischen Wandels wie Fachkräftemangel begegnen zu können. Aber die Einstellung und Verbeamtung neuer Lehrer reiche nicht aus, so Ragnitz. Im Unterschied zu anderen Bundesländern ist Sachsen in der guten Lage, sich mehr leisten zu können, und profitiert nun davon, 20 Jahre lang gespart zu haben.

Die Ifo-Forscher habe ihre Prognosen berechnet unter der Annahme, dass es zu einem geordneten Austritt der Briten aus der Europäischen Union im März 2019 kommen wird. Inzwischen sind die Risiken eines ungeordneten Brexits gestiegen. Wenn es wirklich dazu kommen sollte, hätte das auch negative Auswirkungen auf die sächsische Wirtschaft. Großbritannien ist drittgrößter Außenhandelspartner. Aber welche und wie stark, das könne man heute nicht vorhersagen. „Wir müssen erst sehen, was passiert. Und dann können wir wieder rechnen“, hieß es am Mittwoch. (dpa)

 

Foto: © Jan Woitas/dpa

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