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Sächsische Betriebe heizen wieder mit Öl statt Gas

Längst hat Karl Schwald seine Öltanks aus dem Boden reißen lassen. Doch Erdgas wurde teuer. Auch die Sachsen-Energie ordert für ihr Dresdner Heizkraftwerk an der Nossener Brücke nun Öl – ganze Züge voll.

Lesedauer: 3 Minuten

Längst hat Karl Schwald seine Öltanks aus dem Boden reißen lassen. Doch Erdgas wurde teuer. Auch die Sachsen-Energie ordert für ihr Dresdner Heizkraftwerk an der Nossener Brücke nun Öl – ganze Züge voll.

Von Georg Moeritz

Dresden. Mit Ölen kennt sich Karl Schwald aus – sein Dresdner Unternehmen Elaskon produziert Spezial-Schmierstoffe, zum Beispiel für Drahtseilbahnen. Doch als Energie für seine Produktion und zum Heizen nutzt Schwald seit Jahren Erdgas. Es war billiger, also hat der Unternehmer vor sechs Jahren umgestellt und „riesige Heizöltanks aus dem Boden reißen lassen“.

Doch in diesem Jahr stellte Schwald wieder auf Öl um, weil Gas teuer wurde. Das berichtete der Firmenchef bei einer Unternehmerdiskussion, zu der die Wirtschaftsförderung der Stadt Dresden ins Rathaus eingeladen hatte. Schwald fordert Planungssicherheit für mittelständische Unternehmen angesichts der Preissprünge.

Dieses Jahr stieg die Gasrechnung seines Betriebs von 95.000 auf 220.000 Euro, für nächstes Jahr wurde ihm ein Vertrag für 420.000 Euro angeboten. Solche Kostensteigerungen könne er gegenüber seinen Kunden nicht durchsetzen – jedenfalls nicht in Asien, obwohl Abnehmer dort bisher schon für Qualität aus Deutschland 50 Prozent mehr als für Konkurrenzprodukte bezahlten.

Unternehmer schauen sich nach anderen Standorten um

Der Dresdner Unternehmer sucht nach Alternativen und Sparmöglichkeiten. Für Wasserstoff sei es noch zu früh, für Holz reiche seine Lagerfläche nicht, urteilt Schwald. Er untersuche daher auch mögliche „Produktionsstandorte in China, Vietnam, Südkorea, Indien“.

Das sei keine Drohung, bald aus Sachsen wegzuziehen, sagt der geschäftsführende Gesellschafter, der 2013 als Sachsens Unternehmer des Jahres ausgezeichnet wurde. Er habe eigentlich kaum Grund zum Klagen: Der Umsatz sei gestiegen, der Gewinn gehalten worden. Aus jeder Krise sei Elaskon gestärkt hervorgegangen. Doch er müsse vorbereitet sein, falls die Energiepreise in Deutschland weiter eskalierten. Ein anderes Unternehmen aus dem Kundenkreis der Sachsen-Energie hat wegen der Energiekrise die Produktion nach Texas verlagert. Das räumte Sachsen-Energie-Vorstand Axel Cunow bei der Diskussion ein, ohne die Firma nennen zu wollen.

Die Sachsen-Energie handelt selbst mit Erdgas, verbrennt aber in ihrem wichtigsten Kraftwerk wegen der hohen Gaspreise zeitweise leichtes Heizöl statt Gas. Ganze Züge zu je 30 Kesselwagen seien am Kraftwerk an der Nossener Brücke in Dresden entladen worden, berichtete Cunow. Die Umstellung der Turbinen sei ohne Versorgungsunterbrechung in kurzer Zeit möglich gewesen.

Kraftwerk Nossener Brücke verbrennt zeitweilig Heizöl

Das Öl werde allerdings „nur eingesetzt, soweit der Markt es hergibt“. Die Öltanks der Sachsen-Energie sind nach Unternehmensangaben gefüllt, Nachschub wurde bestellt. Schon im Frühjahr hatte Sachsen-Energie begonnen, den Betrieb für eine mögliche Gasmangellage vorzubereiten. Schwieriger als der Öl-Einkauf sei der Weg zur Genehmigung gewesen.

Seit Oktober hat das Heizkraftwerk nun eine Erlaubnis der Landesdirektion Sachsen für 100 Betriebstage mit Heizöl statt Gas. Diese Genehmigung läuft Anfang Januar ab, teilte das Unternehmen auf Nachfrage mit – eine Verlängerung sei beantragt. Die Sachsen-Energie wünscht sich eine uneingeschränkte Zulassung bis in den nächsten Winter 2023/24, um die Versorgung zu stabilisieren.

Heizkraftwerk Nossener Brücke
Das Heizkraftwerk der Sachsen-Energie an der Nossener Brücke in Dresden verbrennt normalerweise Erdgas. In diesem Jahr wurde zeitweilig leichtes Heizöl genutzt, neues ist bestellt. © Georg Moeritz

Für diesen Winter reichen die Brennstoffe in Deutschland „mit großer Wahrscheinlichkeit“ aus, sagte Cunow. Der Sachsen-Energie-Vorstand berief sich dabei auf Berechnungen der Bundesnetzagentur. Sie gingen allerdings davon aus, dass kein „extremer Winter“ komme, dass Deutschland 20 Prozent des Gasverbrauchs einspare und 20 Prozent weniger Gas als üblich als Transitland an Nachbarstaaten weitergebe.

Mittelständler unter Zeitdruck bei Energieverträgen

Cunow erinnerte daran, dass Privathaushalte und Einrichtungen wie Krankenhäuser gesetzlich vor Wärme-Abschaltungen geschützt seien. Etwa 150 große Unternehmen im Raum Dresden seien bei Erdgasmangel nicht geschützt – sie seien darüber informiert worden und konnten mit den Netzbetreibern besprechen, ob eine Mindestmenge Gas Schäden an ihren Anlagen verhindern könnte.

Auch mittelgroße Unternehmen haben allerdings von Sachsen-Energie Kündigungen ihrer Gasverträge und teure neue Angebote fürs neue Jahr bekommen. Der Dresdner Anlagenbauer Fabmatics, Lieferant von Automaten für Infineon und Bosch, sah sich dabei schlecht behandelt. Geschäftsführer Roland Giesen sagte, er habe nach der Kündigung sieben Wochen auf ein neues Angebot warten müssen – und dann seien ihm nur fünf Tage Zeit für eine Entscheidung gegeben worden.

Sachsen-Energie-Vorstand Cunow sagte entschuldigend, sieben Wochen Warten empfinde er auch nicht als zeitnah. Dass sein Unternehmen ein Preis-Angebot nur fünf Tage lang aufrechterhalte, sei allerdings branchenüblich. Auch in dieser Zeit schwankten die Preise schon sehr stark.

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