Von Susanne Sodan
Günther Hasinger, den Namen kennt man jetzt in Görlitz. Spätestens seit voriger Woche – als bekannt gegeben wurde, welches Großforschungszentrum in der Oberlausitz Realität wird: Das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA) in Görlitz und Ralbitz-Rosenthal. Dahinter steht Günther Hasinger mit seinem Team. Wie er die vergangenen Tage erlebt hat, wie die Resonanz der Wissenschaftswelt auf die Entscheidung für das DZA ausfällt – und wie oft er erklären musste, wo Görlitz liegt.
Herr Professor Hasinger, am vergangenen Donnerstag war von einem historischen Tag für Görlitz die Rede. Wie haben Sie den Tag wahrgenommen – der glücklichste Ihres Lebens?
Es war auf jeden Fall wie Weihnachten, Geburtstag, Ostern, Pfingsten zusammen. Es war vielleicht nicht der glücklichste Tag meines ganzen Lebens.
Welcher war das?
Der Tag, an dem ich meine Frau geheiratet habe. Aber, ja, die Bekanntgabe, dass unser Vorschlag eines Deutschen Zentrums für Astrophysik Realität wird, war in meinem Leben als Wissenschaftler wirklich ein Höhepunkt.
Sie forschen seit Anfang der 1980er Jahre in der Astrophysik, haben zum Beispiel das Astronomie-Institut der Universität Hawaii geleitet, arbeiten heute als Wissenschaftsdirektor der ESA in Madrid. Sie könnten bestimmt auch unbeschwert in den Ruhestand gehen. Warum haben Sie sich entschieden, mit dem DZA ein Großforschungszentrum in Sachsen aus der Taufe zu heben?
Eine solche Chance bietet sich einem nicht oft, die hat man nur einmal im Leben. Ich bin auch noch sehr energiegeladen. Die Projektidee wird von vielen Wissenschaftlern bundesweit getragen. Sie hatten mich damals gefragt, ob ich zur Verfügung stehen würde. Ich hatte mit meiner Frau gesprochen, und mir die ersten Ideen meiner Kollegen angesehen, und dann gesagt: Ja, das mache ich. Für mich persönlich ist es auch die Chance, noch einen Fußabdruck zu hinterlassen.
Die Erwartungen an das DZA sind hoch. Von einem Game-Changer ist die Rede. Zum einen soll das DZA Forschung betreiben, die Exzellenz-Standards entspricht, zum anderen soll es auf die Region wirken. Kann das wirklich funktionieren?
Ich denke schon, dass es so angelegt ist, dass es funktionieren kann. Wir vergleichen das DZA gerne mit einem großen Baum, der weithin sichtbar ist. Aber der Baum braucht ein großes Wurzelwerk, damit er stehen kann. Das ist sozusagen die Region. Wir haben hier in Ostsachsen bereits viele positive Erfahrungen gemacht und Menschen getroffen, die brennend interessiert sind an den neuen Technologien, um die es bei uns gehen wird. Ich denke auch, dass das DZA zum anderen weithin sichtbar wird. Das hat man schon an der Resonanz in den vergangenen Tagen gemerkt.
Wie war die Resonanz in der Wissenschaftswelt?
Wir haben ganz viele Glückwünsche und positive Resonanz bekommen, wirklich aus vielen Ecken der Welt. Auf Twitter hat ein witziger Beitrag die Runde gemacht. Zu deutsch hatte dort jemand geschrieben: Astronomen weltweit googeln hektisch nach Görlitz. Eine E-Mail, über die ich mich mit am meisten gefreut habe, kam vom deutschen Raumfahrer Alexander Gerst.
Sie sind in der Wissenschaftswelt sehr bekannt, haben die Astrophysik in den vergangenen Jahrzehnten geprägt. Das DZA ist stark mit Ihrem Namen verbunden. Was wäre, wenn sie es sich anders überlegen würden – würde das DZA trotzdem funktionieren?
Das ist ein falscher Eindruck. Wir haben in der Region schon so viele Kontakte knüpfen können, das ganze Team war dafür unterwegs. Besonders herausstellen möchte ich dabei das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in Zeuthen mit Professor Christian Stegmann und Katharina Henjes-Kunst. Die haben ihr Organisationstalent walten lassen. Wir sind ja auch durch die Astronomische Gesellschaft und den Rat deutscher Sternwarten und andere Forschungseinrichtungen unterstützt worden. Also, falls mich morgen der Schlag treffen würde – sie würden den Ball aufnehmen und weiterlaufen.
Wollen wir nicht hoffen – Sie hatten ja angeboten, als Gründungsdirektor zur Verfügung zu stehen. Bleibt es dabei?
Ja. Es gibt jetzt erst einmal eine dreijährige Projektphase, bis das DZA formal gegründet wird. Diese wird an der TU Dresden angesiedelt. Diese Phase will ich auf jeden Fall mitmachen. Und ja, dann würde ich gerne Gründungsdirektor werden für zwei oder drei Jahre. Dann bin ich 75, vielleicht reicht es dann langsam.
Wie geht es für Sie persönlich weiter? Ihr Vertrag in Madrid läuft im Frühjahr aus. Sie hatten mal erzählt, Sie werden danach nach Deutschland zurückkehren. Weil die Entscheidung für das DZA damals noch nicht stand, war unklar, ob es Berlin oder tatsächlich Görlitz wird – oder steht jetzt eher Dresden zur Debatte?
Nein, wir haben schon eine Wohnung in Berlin seit einiger Zeit. Es war ziemlich klar, dass wir nach Berlin zurückkehren, weil dort unsere Familie, unser Enkelkind lebt. Aber wir suchen uns jetzt auch eine Wohnung in Görlitz. Es hängt ein bisschen davon ab, wie groß diese sein wird. Wird es eine Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnung, würde ich vor allem beruflich in Görlitz sein, und am Wochenende nach Berlin zurückfahren. Aber eigentlich schwebt mir vor, mit meiner Frau zusammen unseren Lebensmittelpunkt tatsächlich nach Görlitz zu verlagern, und die Berliner Wohnung mehr als Ferienwohnung zu nutzen. Es gibt schon einen Umzugstermin – die Frage ist, welche Möbel nach Görlitz und welche nach Berlin kommen.