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So lief die Landung des größten Passagierflugzeugs der Welt in Dresden

Menschenmassen strömen am Freitagnachmittag zum Flughafen, Nachbarn, Schaulustige und professionelle Plane-Spotter, um die Landung des Airbus A380 mitzuerleben.

Lesedauer: 5 Minuten

Man sieht viele Plane-Spotter, die die Landung des Airbus A380 beobachten
Die Landung des Airbus A380 verfolgen viele Schaulustige. Wer als Plane-Spotter auf sich hält, hat seine Leiter mitgebracht. Quelle: Rene Meinig

Alexander Schneider

Dresden. Der Himmel ist wolkenverhangen, die Wiese nass, der Stacheldrahtzaun irgendwie immer im Weg. An der Nordseite der Landebahn des Dresdner Flughafen tummeln sich viele Menschen. Sie warten gebannt auf einen Riesen, dessen Ankunft sich erst vor wenigen Tagen herumgesprochen hat. Sie alle freuen sich auf den Airbus A380-800, das größte Passagierflugzeug der Welt. Elf Monate hatten sie ausharren müssen, zuletzt landete ein solches Ungetüm im November vergangenen Jahres hier.

Viele, die jetzt wieder nassen Füße haben, erzählen von der australischen „Qantas“-Maschine, die an einem frühen Sonntagmorgen in Dresden landete. Immerhin, sonntags ist ein guter Tag für außergewöhnliche Ereignisse. Am heutigen Brücken-Freitag ist es ähnlich.

Familien kommen aus Weixdorf gelaufen, andere haben Hunderte Kilometer zurückgelegt, um dabei zu sein, wenn ein vormals chinesischer Luftriese, der seit Mai in schottischen Glasgow stand, nun in Dresden linientauglich getrimmt werden soll.

Jasmin schwärmt für die Fliegerei

Manche stehen jetzt direkt am Flughafenzaun, andere haben einen deutlichen Abstand zur Rollbahn gelassen, wie etwa die 14-jährige Jasmin aus Pirna. Seit über einem Jahr fotografiert sie Flugzeuge und besucht Flughäfen, natürlich war sich auch letztes Jahr hier. Man muss nur „Qantas“ sagen, und alle wissen, was gemeint ist.

Jasmin möchte einmal in der Luftfahrt arbeiten. „Vielleicht Flugbegleiterin?“, sagt sie. Der heutige Trip nach Dresden war Zufall, aber nächste Woche, in den Herbstferien, fährt sie für mehrere Tage nach Prag. Flugzeuge gucken. Jasmins Vater, der ein paar Meter daneben steht, freut sich auch schon.

Der Airbus A380, das größte Passagierflugzeug der Welt, ist am Freitag in Dresden gelandet. Der Jet soll in den nächsten Monaten in den Elbe Flugzeugwerken (EFW) ertüchtigt werden.
Quelle: privat/Danny Nico Schneider

Auf dem nahen Parkplatz bricht derweil „Chaos“ aus. Dort stehen Autos aus halb Sachsen, Berlin, Brandenburg, Bayern und sogar aus Tschechien. Wer jetzt noch kommt, muss sehen, wo er bleibt.

Auf den Wiesen steigt die Aufregung. Die meisten tracken den Airbus, der bereits seit 12.30 Uhr in der Luft ist. Gestartet in Glasgow-Prestwick. Die Ankunftszeit ist weniger klar. Ursprünglich war die Landung für 15.15 Uhr geplant, dann für 15.08 Uhr.

Doch seit der A380 da oben unterwegs ist, ändert sich die avisierte Ankunftszeit ständig. Erst auf 14.35 Uhr, dann plötzlich auf 14.22 Uhr – da dürften einige interessierte Schaulustige, die es noch nicht bis auf die nasse Wiesen geschafft haben, Panik bekommen haben.

Aus welcher Richtung wird er kommen?

Eine brennende Frage ist, aus welcher Richtung das Flugzeug kommen wird. „Normal“ wäre aus Richtung Weixdorf. Doch heute wird es wohl anders laufen. Das wissen die Zuschauer, als ein kleineres Flugzeug in Richtung Weixdorf abhebt. Der Airbus aus Schottland dürfte daher von Westen her, als über Dresden, einschweben.

Gerade noch so angekommen ist Danny Nico Schneider, ein sogenannter Plane-Spotter aus Dresden. Der 44-Jährige fotografiert leidenschaftlich gerne Flugzeuge, begeistert sich für die Technik. Er war mittags noch einkaufen, als ihm seine App den früheren Landetermin gemeldet hat. Danny ist dann kurzentschlossen mit dem Taxi nach Weixdorf gekommen, mit den Öffentlichen hätte er es nicht mehr geschafft. „Egal, ich hab ja Urlaub“, sagt er.

24 Meter hoch, gut 70 Meter lang und eine Spannweite von knapp 80 Metern – viele Zuschauer beeindrucken schon die schieren Maße.
Quelle: privat/Danny Nico Schneider

Als er das kleinere Passagierflugzeug starten sieht, weiß auch Danny, dass der Airbus heute nicht vor ihm landen wird. „Es ist ein bisschen Lotterie, sich an die richtige Seite zu stellen.“ Aber seine Aufregung ist deswegen nicht kleiner. Bei dem „Qantas“-Event im November hatte Danny bei einer Verlosung Glück und durfte die Landung mit 49 weiteren Glückspilzen direkt auf dem Flughafen-Gelände erleben und die Maschine aus der Nähe aufnehmen. Ein Höhepunkt für den Spotter.

Dass es noch krasser geht, zeigen Holger (60) und Christian (30) aus Berlin. Man könnte sie als „Hardcore-Spotter“ bezeichnen, ein-, zweimal mindestens pro Woche sind sie in Berlin mit ihren Fotoapparaten am Hauptstadt-Flughafen BER. „Wir wohnen in der Nähe“, sagt Holger. Dresden ist ein Katzensprung, für ihr Hobby fahren sie auch bis Amsterdam, Köln oder Frankfurt am Main. Am Sonnabend wird Holger nach Peking fliegen. „Ich sag’ mal, ein Viertel Sightseeing und drei Viertel Luftfahrt“, nennt er als Reiseziel.

Dass das größte Passagierflugzeug der Welt in Dresden landet, sieht man nicht alle Tage. Groß und Klein feiern das Event.
Quelle: Sebastian Kahnert/dpa

Christian und Holger sind schon zwei Stunden vor der Landung eingetroffen. Haben ihre Teleskop-Leiter aufgebaut, die Kameras sind schussbereit. 200 bis 500 Fotos werden sie gleich machen. „Die Besten werden dann ausgewählt.“ Nach dem kurzen Glück in Dresden warten also noch Stunden der Nachbearbeitung auf die beiden Männer von den „Berlin Spotters“, wie sie ihre interne Gruppe nennen.

Die beiden Experten wissen schon, dass der A380 sehr langsam ist. „Er hat nur 380 Knoten“, sagt Christian. Die Berliner vermuten, dass der Airbus mit ausgefahrenem Fahrwerk unterwegs ist, eine Vorsichtsmaßnahme, weil der „Global“-Riese lange nicht in der Luft war.

Christian (l.) und Holger aus Berlin sind mehrmals die Woche unterwegs, um Flugzeuge aufzunehmen. Der Besuch in Dresden war für sie ein Highlight, sagten sie.
Quelle: Rene Meinig

Die Ankunft verzögert sich wieder etwas. Das dürfte zumindest diejenigen freuen, die Probleme mit dem Parken hatten. Andere schauen bang zum Himmel und hoffen, dass das Wetter hält. Noch regnet es nicht.

„Noch fünf Minuten!“

Ein Mann aus Radebeul fiebert mit seinem Sohn der Landung entgegen. Er arbeitet in den Elbe Flugzeugwerken, hat Urlaub – aber wenn außergewöhnliche Flugzeuge kommen, schauen es sich die beiden aus der Nähe an. „Noch fünf Minuten!“, sagt der Mann.

Dann ist es soweit. Über Dresden tauchen in den Wolken helle Scheinwerfer auf. Ganz langsam, majestätisch werden sie größer. Um 14.49 Uhr senkt sich der „Global“-Airbus A380 mit der Kennung „9H-GLOBL“ über der Landebahn, ganz langsam. Jetzt dürften sämtliche Kameras, große mit langen Tele-Objektiven, kleine Kompaktgeräte und hunderte Handys aufnehmen, was das Zeug hält.

Kurz vor der Landung um 14.49 Uhr, ihre Majestät schwebt ein.
Quelle: privat/Danny Nico Schneider

Nicht alle knipsen. Viele schauen einfach und lassen sich von der schieren Größe des Jets beeindrucken. Gut 70 Meter ist er lang, 24 Meter hoch, die Spannweite beträgt knapp 80 Meter.

In den Elbe Flugzeugwerken wird der Doppelstöcker in den kommenden drei Monaten technisch auf den Geschäftsverkehr vorbereitet. Dazu habe das Unternehmen einen Vertrag mit dem Neukunden Global Airlines geschlossen, heißt es. Die Elbe Flugzeugwerke zählen zu den wenigen auf der Welt, die Erfahrung mit Wartung und Reparatur der großen Passagierflieger haben.

Der erfahrene Plane-Spotter Holger feiert den Tag. „Das ist ein echtes Highlight“, eines der Top-3-Erlebnisse in diesem Jahr, wie er sagt. Man habe keine Möglichkeit mehr, dieses Flugzeug so zu sehen. Im Dezember soll der Airbus nach seiner Überholung die Werke wieder verlassen, vielleicht werden sich Holger und Christian das wieder ansehen.

Als die Männer schließlich ihre Teleskop-Leiter zusammenfahren, stehen sie im Regen. Die meisten anderen Schaulustigen sind schon weg – manche stehen im Stau, um ihren Waldparkplatz zu verlassen. „Eine halbe Stunde haben wir gebraucht, um auf die Straße zu kommen“, sagt Josua, ein angehender Speditionskaufmann aus Gröditz. Der 20-Jährige, der sich vor allem für große Flugzeuge begeistert, hat ein Video aufgenommen.

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