Dresden. Die Top-Verdiener unter den Lehrlingen tragen nicht Schlips und Nadelstreifen, sondern Blaumann und Hammer. Das geht aus einer neuen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor.
Demnach erhalten Azubis in tarifgebundenen Unternehmen der sächsischen Metall- und Elektroindustrie bereits im 1. Lehrjahr mehr als 1 000 Euro pro Monat. Es folgen angehende Banker und Versicherer mit 31 und 57 Euro weniger. Auch der öffentliche Dienst bezahlt seinen Nachwuchs ausgesprochen gut – Pflegekräfte im 1. Lehrjahr mit 1 061 Euro sogar am besten. Allerdings sei deren Anteil sehr gering und zu vernachlässigen, sagt WSI-Chef Thorsten Schulten zur SZ. Der Wissenschaftler räumt ein, dass die Untersuchung unvollständig ist, etwa Friseure nicht erfasst wurden. Dennoch gebe sie einen Überblick über die größten Tarifgruppen und mache extreme Unterschiede deutlich.
Demnach erhalten die jüngsten Berufseinsteiger im Transport- und Verkehrsgewerbe nach Berechnungen des WSI mit 521 Euro nur gut die Hälfte von dem angehender Metaller. Und es gibt weiter eine große Kluft zwischen Ost und West. So bekommen Ostdeutsche im 4. Lehrjahr am Bau, im Textil- oder Kfz-Gewerbe 200 bis 300 Euro weniger als Lehrlinge in Westdeutschland.
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Wie bei Tariflöhnen ist der Anspruch auf diese Lehrlingsgehälter formal an die Mitgliedschaft in einer der Tarifparteien gebunden. In der Praxis zahlen tarifgebundene Unternehmen solche Entgelte allen Beschäftigten und Lehrlingen – unabhängig davon, ob sie in der Gewerkschaft sind.
Allerdings: Im Juni hatte die SZ berichtet, dass nicht mal jeder fünfte Betrieb mit den Gewerkschaften Vereinbarungen über Löhne, Arbeitszeit und -bedingungen trifft. Infolge anhaltender Tarifflucht sind im Freistaat nur noch 43 Prozent aller Beschäftigten durch Tarifverträge geschützt. Sachsen ist damit Schlusslicht.
von Michael Rothe