Von Luisa Zenker
Er ist der Erste Ostdeutschlands, der Solarstrom und Acker zusammenbringt: Landwirt Hans Joachim Mautschke vom Gut Krauscha in Neißeaue bei Görlitz installiert die erste Agri-Photovoltaik-Anlage in den neuen Bundesländern. „Das ist reiner Sandboden und wenn das Wasser ausbleibt, hat man Pech oder man lernt die Next2Sun kennen“, erklärt der Landwirt seine Entscheidung. Die zunehmenden Wetterextreme haben den Bauer veranlasst, Landwirtschaft neu zu denken. „Das ist eine finanzielle Erleichterung, ich weiß nicht, was ich mit dem Sandboden sonst anfangen soll.“
An diesem Mittwoch kam deshalb der sächsische Energieminister Wolfram Günther (Grüne) auf sein Feld, um den Spatenstich für die erste Agri-Photovoltaik-Anlage zu begehen. Bis Jahresende sollen die vertikalen PV-Module aufgestellt werden, um 800 Haushalte zu versorgen.
Die Anlagen sind nach Ost-West ausgerichtet, damit der Strom am Morgen und am Abend erzeugt werden kann. Damit könne man zur Netzentlastung beitragen, erklärt Sascha Krause-Tünker, Vorstand vom Unternehmen Next2Sun. Denn die meisten normalen Solarmodule sind nach Süden gerichtet und liefern in den Mittagsstunden den Strom. Gleichzeitig kann der Landwirt zwischen den senkrecht aufgestellten Modulen Getreide anbauen. „Vielleicht Hafer oder Lupinen“, das überlegt sich Landwirt Mautschke noch. Seit Jahren demonstriert der Landwirt auf der Berliner Demonstration „Wir haben es satt“- Demo, dort protestieren jährlich tausende Bauern für mehr Biodiversität und Klimaschutz sowie eine Agrarwende. Auf der Veranstaltung habe er das Unternehmen Next2Sun kennengelernt, dass sich auf senkrechte Solarmodule spezialisiert hat.
„Agri-Photovoltaik wird gerade groß“, so der Unternehmer Krause-Tünker. Eine weitere Agri-PV-Anlage plane man bereits im Raum Chemnitz. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme sehen darin die Chance, Pflanzen resilienter gegenüber den Folgen des Klimawandels zu machen. Da während der zunehmend heißen Sommer die Anlagen Schatten spenden oder vor Hagel schützen. Um herauszufinden, welche Getreidesorten besonders geeignet sind, steht deshalb seit mehreren Jahren eine Forschungsanlage bei Dresden in Pillnitz. Was jedoch bereits jetzt unter Landwirten, Kommunen und Wissenschaftlern unumstritten ist: Die Mehrfachnutzung der gleichen Fläche für Ackerbau und Photovoltaik löst einen der zentralen Zielkonflikte der Energiewende, sind die Solaranlagen gerade im Raum Ostsachsen verantwortlich für den zunehmenden Flächenverbrauch.
Was nach einer guten Lösung klingt, hat aber auch seine Herausforderungen. Denn die geplante Agri-Photovoltaik-Anlage sollte sehr viel größer werden. Statt acht Hektar wollte der Landwirt eigentlich 50 Hektar bebauen. Die Anlagen seien auch schon genehmigt, erklärt das Unternehmen.
Doch es hapert am Netzausbau. Mautschke kann deshalb nur einen Bruchteil des Stroms einspeisen. „Wir könnten hier im Landkreis die dreifache Menge produzieren, die der Industriepark Schwarze Pumpe leistet“, fügt der Bürgermeister Per Wiesner von Neißeaue hinzu. Auch ein Windparkprojekt nahe der Gemeinde scheitert derzeit am fehlenden Netzausbau. Für Bürgermeister Wiesner ist das ein Symbol der strukturschwachen Region, die „endlich Infrastruktur braucht“. Trotz der Probleme scheinen die Veranstalter stolz, sind sie doch die Ersten in ganz Ostdeutschland, für die es heißt: Acker und Solar. Und eben nicht Acker oder Solar.