Ali Ehsani hat ihn schon gekostet, den diesjährigen Herrnhuter Spendenstollen. „Schmeckt gut“, sagt der 28-jährige Afghane und lacht. Stollen, das war in der Tat eine neue Erfahrung für den Mann, der seit fünf Jahren in Deutschland ist und sich zu den Persern zugehörig fühlt. Hier hat er sich inzwischen schon an so manches Backwerk gewagt. Muss er auch, denn seit einigen Monaten ist er beim Herrnhuter Bäckermeister Gottfried Paul in der Backstube als Helfer eingespannt. „Das macht mir Spaß“, sagt Ali Ehsani, der sich auf Deutsch ganz gut verständigen kann. Ob das Bäckerhandwerk für ihn eine Zukunft ist, weiß er allerdings nicht.
Denn die Bäckerlehre musste der Mann nach rund einem Jahr abbrechen. „Er ist sehr krank geworden“, bestätigt Gottfried Paul. Und ganz leicht ist die Ausbildung für ihn als Nichtmuttersprachler ohnehin nicht gewesen. Außerdem ist sein Asylgesuch abgelehnt worden, nun läuft der Widerspruch – ob und wann er weg muss, weiß er nicht. „Ihm fehlt ein bisschen die Perspektive“, sagt der Bäckermeister.
Seinen Elan hat der Afghane allerdings nicht verloren und so hilft er nun als Ungelernter weiter in der Bäckerei. Dafür ist er auch von der Flüchtlingsunterkunft in Löbau nach Herrnhut gleich in die Nähe des Kirchensaales gezogen. Ein bisschen langweilig ist ihm nach der Arbeit aber mitunter doch, gibt er zu. „In Löbau gab es die Sporthalle und mehr Möglichkeiten, Zeit zu verbringen“, erzählt Ehsani. Doch das soll sich bessern, denn der Flüchtling aus dem ostafghanischen Ghazni ist leidenschaftlicher Fußballspieler. Bislang hat er in Großschweidnitz gekickt, nach der Winterpause will er nun in Herrnhut auflaufen.
Doch bis dahin gibt es in der Backstube viel zu tun. Die ersten Stollen hat der Perser bereits mitgebacken. Sie werden auch in diesem Jahr zu einem Teil als Spendenstollen von den Zinzendorfschulen verkauft. „Wir bieten einen Herrnhuter Spendenstollen verpackt in einem hübschen Karton zum Preis von 14,50 Euro an. Im Kaufpreis enthalten ist jeweils eine Spende von 3,50 Euro, die dem Spendenkonto der Schulstiftung zugute kommen wird“, erklärt Mandy Vogt, Sprecherin der Zinzendorfschulen, das Prozedere. Das größte Projekt, dem die Spenden zugute kommen, ist dabei natürlich der Schulneubau, in den Schüler und Lehrer noch in diesem Jahr einziehen wollen. Auch im vergangenen Jahr hat die Schule eine solche Aktion mit Unterstützung der Bäckerei Paul gestartet und viel Erfolg gehabt: 406 Spendenstollen sind damals verkauft worden. Das Mehl für die Weihnachtsbäckerei stammt dabei aus der Rittermühle in Rennersdorf und der Oderwitzer Bertholdmühle – darauf legt Bäcker Paul Wert.
In diesem Jahr soll der Verkaufsradius für den Spendenstollen zudem noch erweitert werden: „Wir haben schon Kostproben in andere Brüdergemeine-Orte, nach Königsfeld und Bad Boll, geschickt und bieten die Leckerei in diesem Jahr auch dort an“, erklärt Mandy Vogt den Plan. Ob der aufgeht, wird sich in wenigen Tagen zeigen.
Unterdessen wird Ali Ehsani weiter Teig kneten, formen und Stollenlaibe mit Zucker bestreuen. Was ihm besonders gut schmeckt bei all dem Backwerk? „Muffins – und Rhabarberkuchen“, sagt er. Bäckermeister Paul lächelt. „Ja, Rhabarber kannte er noch aus der Heimat“, erklärt er. Da gab es ihn aber nicht als Kuchen, erklärt Ehsani. Dort habe die Familie die Stangen als Obst gegessen. Dass er an seiner Heimat hängt und die Entwicklungen genau verfolgt, spürt Gottfried Paul immer wieder. „Das beschäftigt ihn sehr und er hat wohl auch ein bisschen Heimweh“, schätzt er ein. Aber ohne Frieden und damit ohne Arbeit sieht er für sich in Afghanistan keine Perspektive.
Spendenstollen können im Internet bestellt werden unter www.ezsh.de. Dort sind auch die Fragen der Bezahlung und die Orte, wo man die Stollen abholen kann, beschrieben. Zu haben ist das Weihnachtsgebäck aber selbstverständlich auch bei der Bäckerei Paul in Herrnhut.
Von Anja Beutler
Foto: © Matthias Weber