Von Theresa Hellwig
Dresden. Als bekannt wurde, dass das Frühgemüsezentrum Kaditz insolvent ist, waren viele Dresdnerinnen und Dresdner betroffen. Auch die Nachricht, dass die beiden Geschäfte des Gemüseproduzenten, der lange als „Klein Holland“ bekannt war, schließen, schlug ein. Nun gibt es in dem ehemaligen Geschäft des Frühgemüsezentrums in der Alten Mälzerei in Pieschen einen Nachmieter: Der Dresdner Obstbauer Robert Rüdiger hat dort einen Laden eröffnet. Es ist eine Ladeneröffnung in schwierigen Zeiten.
Einiges ist neu in dem Geschäft, aber vieles auch dem alten Laden ähnlich. Und das ist kein Wunder: Robert Rüdiger war früher selber Kunde des Kaditzer Frühgemüsezentrum. Über den Kontakt sei er auch an den Laden gekommen. Mittlerweile arbeite der Geschäftsführer sogar bei ihm, berichtet er.
An diesem Mittag führt der 40-Jährige durch sein Geschäft und deutet auf die Gürkchen, die auf dem Tresen stehen: „Die sind schon von diesem Jahr. Wenn alles gut geht, ernten wir im Laufe der Woche auch die ersten eigenen großen Gurken.“ Denn, ähnlich wie früher, bietet Robert Rüdiger in dem Geschäft Obst und Gemüse an. Auch Gemüsesetzlinge und Balkonpflanzen gibt es.
Anders als früher bietet Robert Rüdiger hingegen keine Blumensträuße an. Stattdessen gibt es bei ihm hausgemachte Marmelade, Smoothies aus seinem Dresdner Obst und Müsli. Und eben: Gemüse und Obst von seinen Plantagen und Feldern in Helmsdorf und Dresden-Hosterwitz.
Dresdner Obstbauer hat Großteil seiner Ernte verloren
So gibt es neben den Gürkchen, derzeit zum Beispiel Dresdner Lauch, Rote Beete, Kartoffeln, Blumenkohl, Äpfel und Rhabarber. Einiges ist frisch geerntet, anderes sind eingelagerte Restbestände von der Vorsaison. Sobald sie reif sind, bietet der Obstbauer zudem Erdbeeren, Süß- und Sauerkirschen und Johannis- und Himbeeren sowie Pflaumen an. Außerdem soll es bald frischen Fenchel und im Sommer eigene Möhrchen geben.
Eigentlich, so berichtet Robert Rüdiger, hätte er den Kundinnen und Kunden auch gerne zum ersten Mal in diesem Jahr Dresdner Weintrauben angeboten. Doch daraus wird wohl nichts: Ähnlich, wie viele Winzer und Obstbauern, hat er in diesem Jahr einen Großteil seiner Ernte verloren. „Die Trauben sind komplett hinüber“, sagt er. Und auch bei vielen anderen Obstsorten sieht es düster aus.
Nach dem Nachtfrost neulich sei er über die Felder gegangen und hätte etwa 30 Apfelblüten geöffnet: alle tot. „Derzeit sieht es so aus, als hätte auch ich 90 Prozent meiner Früchte verloren“, sagt er.

Aufgeben wolle er die Ernte aber so früh noch nicht. „Ich mache einfach alles weiter wie üblich“, sagt er. Denn vor ein paar Jahren habe er das schon einmal erlebt: Es gab Frost, er dachte, die Ernte sei hin – und er stellte die Pflege der Bäume ein. Doch dann gab es am Ende eben doch eine Ernte: Es hatten mehr Blüten überlebt, als er gedacht hatte.
„Um eine gute Ernte zu haben, reicht es aus, wenn nur fünf Prozent der Vollblüte überleben“, sagt Robert Rüdiger. „Es kann ja sein, dass ich ausgerechnet 30 schlechte erwischt habe – andere haben aber doch überlebt.“ Weil er damals die Baumpflege aufgehört hatte, seien die Früchte nicht toll geworden. Dieser Fehler, sagt er, passiere ihm nicht noch einmal.
Dennoch ist das keine Frage: Es ist eine schwierige Lage, in die hinein er seinen neuen Laden eröffnet. Und das genau genommen auf dreifache Weise. Denn er hat nicht nur einen Großteil seiner Ernte verloren hat, auch die Lage in seinem Geschäft in Dresden-Hosterwitz ist nicht rosig. Weil der Laden immer weniger Umsatz macht, habe er sich überhaupt nur für die Neueröffnung in Pieschen entschieden.
Nur: was anbieten, wenn die Ernte fehlt? Und, das ist der dritte Punkt: Die generell schwierige Lage der Landwirte betrifft auch ihn, sagt er. „Der Großhandel gibt Preise vor, die überhaupt nicht realistisch sind“, sagt er. Vieles liege da im Argen.

Zu allem Überfluss laufe das neue Geschäft, das seit Mitte März geöffnet ist, auch noch nicht auf Hochtouren. Ob er bereut, seinen Laden eröffnet zu haben? Er zuckt mit den Schultern: So wolle er das nicht sagen. Stattdessen setzt er ein verschmitztes Grinsen auf. „Ich bin guter Dinge.“
Was ihm Hoffnung gibt? Nun, zum einen genau das: der neue Laden. „Hier sind wir ja Direktvermarkter“, erklärt er. Die Einnahmen landen tatsächlich im Unternehmen und auch die Preise kann er selber festlegen. Und ja, es gebe Ernteausfälle beim Obst. Aber die späten Erdbeeren und auch das Gemüse wachsen.
Außerdem ist Robert Rüdiger nicht so der Typ für Trübsal: Um durch neue Ideen neue Einnahmen zu generieren, hat er es im vergangenen Jahr mit Papayas probiert. Die haben den Winter zwar nicht überlebt, aber vielleicht schaffen es ja die Okraschoten, an die er sich jetzt wagt?
Und auch die Quitte gibt ihm Hoffnung. Denn auch deren Blüten sind dunkel geworden. „Aber nur braun, nicht schwarz“, sagt der Obstbauer. Und vor allem ist ihm etwas aufgefallen: Bienen umschwärmen derzeit die Quittenblüten. „Bienen fliegen aber eigentlich keine toten Blüten an“, erklärt der Obstbauer. Ob die Bienen wohl kleine Überbringer einer glücklichen Botschaft sind?