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Über Ländergrenzen

Die Sparkassen Meißen und Elbe-Elster prüfen eine Fusion. Was wie ein Aprilscherz klingt, ist ein kühles Planspiel.

Lesedauer: 3 Minuten

Durch eine E-Mail kam ein sorgfältig gehütetes Geheimnis der Landratsämter Meißen und Elbe-Elster ans Licht. Diese E-Mail erreichte die Redaktion vor einigen Tagen. Der Inhalt: Im Mai 2019 würden die Sparkassen Meißen (Sachsen) und Elbe-Elster (Brandenburg) fusionieren. Der Hauptsitz des neuen Instituts solle Finsterwalde werden und man dürfe die Leistung des Vorstandsvorsitzenden aus Finsterwalde Jürgen Riecke würdigen.

Der Absender der Mail nannte sich ebenfalls Riecke. Das klingt sehr nach einem Aprilscherz mitten im Januar. Sowohl Meißen/Riesa als auch Herzberg/Finsterwalde, beide Landratsämter und beide Sparkassen, dementierten sofort den Zeitpunkt einer möglichen Fusion. Überraschenderweise wird ein Zusammengehen beider kommunalen Geldinstitute zu einem späteren Zeitpunkt aber nicht generell ausgeschlossen.

Auf keinen Fall schon 2019 Am weitesten lehnte sich das Landratsamt Elbe-Elster aus dem Fenster. "Was wäre, wenn zum Beispiel die Sparkassen der Landkreise Elbe-Elster und Meißen fusionieren?", schrieb Landrat Christian Heinrich-Jaschinski der SZ. "Diese Fragestellung ist in dem Zusammenhang mal hypothetisch erörtert worden." Meißens Landrat Arndt Steinbach drückte sich etwas vorsichtiger aus. Solche Themen würden immer mal diskutiert, sagte er. Es gebe "jedoch keinerlei Beschlüsse für irgendeine Fusion in 2019." Zudem wären hierfür auch die Zustimmung der Sparkassenaufsicht und entsprechende Beschlüsse der Kreistage nötig.

Diese Fusionsgedanken machen Sinn. In Sachsen gibt es aktuell noch zwölf Sparkassen mit 497 Geschäftsstellen, 1151 Geldautomaten sowie 7835 Mitarbeitern (Stand 2017). In Brandenburg sieht es etwas dünner aus. Es existieren elf Sparkassen, mit 291 Geschäftsstellen, 573 Geldautomaten und 4460 Mitarbeitern. Allerdings wohnen in dem Bundesland auch nur reichlich halb soviel Menschen wie in Sachsen. Der allgemeine Trend der letzten Jahre und Jahrzehnte läuft nur in eine Richtung: nämlich abwärts. Die Anzahl der Sparkassen hat sich deutschlandweit seit 1990 etwa halbiert. Schrumpfende Erträge, dauerhaft niedrige Zinsen und die neuen strengen regulatorischen Anforderungen zwingen alle Banken, aber vor allem auch die Sparkassen, zu Filialschließungen, Preiserhöhungen und Personalabbau. In diesem schwierigen Umfeld sind Fusionen für Banken und Sparkassen eine attraktive Option, um der Dauer-Flaute auf dem Zinsmarkt zu begegnen. Auch die Kunden werden älter, jüngere entscheiden sich gerne für Direktbanken.

In letzter Zeit waren die Sparkassen mit Fusionen eher zurückhaltend. In Sachsen ist das letzte große Beispiel die Ostsächsische Sparkasse Dresden. Sie entstand im Jahr 2004 durch einen Zusammenschluss der Stadtsparkasse Dresden mit der Sparkasse Elbtal-Westlausitz, die beide zuvor bereits selbst fusioniert hatten. Seit dieser Zeit schauen die Nachbarn, wie etwa die Sparkasse Meißen oder die Kreissparkasse Bautzen, eher misstrauisch auf die Dresdner. Wollen sie etwa noch mehr schlucken?

Sicher wollen sie, aber sie können es nicht. Denn die Landräte als Chefs der Verwaltungsräte halten fest zu ihren regionalen Sparkassen, stehen einer Fusion mit Dresden ablehnend gegenüber. Wenn Meißen jetzt aber mit jemand anderen fusioniert, könnte das neue Geldinstitut ein schon eher akzeptables Gegengewicht zu den Dresdnern bilden. Zusammen hätten Meißen und Finsterwalde Kundeneinlagen von 4,1 Milliarden Euro und einen Kreditbestand von 1,7 Milliarden Euro (im Vergleich Ostsächsische Sparkasse: 10 Milliarden und 6,3 Milliarden).

Das Neue an dem Zusammenschluss wäre die Überwindung von Ländergrenzen. Das ist nach Angaben von Rainer Schikatzki, Vorstandschef der Sparkasse Meißen, technisch sehr aufwendig, aber möglich. Offensichtlich loten beide Landratsämter gerade die Vor- und Nachteile eines solchen Zusammenschlusses aus.

Die erste länderübergreifende Sparkassen-Fusion glückte im Jahr 2014. Aus der Sparkasse Bremerhaven (Bundesland Bremen) und der Kreissparkasse Wesermünde-Hadeln (Land Niedersachsen) enstand die Weser-Elbe-Sparkasse. Dazu waren ein Staatsvertrag und die Zustimmung beider Länderparlamente nötig. Die neue Sparkasse hat heute knapp 900 Mitarbeiter und eine Bilanzsumme von 3,9 Milliarden Euro. Damit wäre sie sogar noch ein tück kleiner als die mit Elbe-Elster vereinten Meißner.

Staatsvertrag fehlt Sachsens Finanzministerium teilte mit, dass eine Fusion zwischen Meißen und Elbe-Elster aktuell nicht genehmigungsfähig ist, weil ein entsprechender Staatsvertrag zwischen den beiden Bundesländern fehlt. Sprecherin Sandra Jäschke: "Mit diesem wäre die politische Grundsatzentscheidung (in den jeweiligen Länderparlamenten) zur Zulässigkeit länderübergreifender Sparkassenvereinigungen zu treffen und alle rechtlichen Gesichtspunkte zu regeln, welche dem Parlamentsvorbehalt unterliegen."

Auch der mögliche Zeitpunkt einer Fusion ist unklar. Der Elbe-Elster-Vorstandsvorsitzende teilte der SZ mit, dass er nicht die Absicht habe, sich vorzeitig in den Ruhestand zu verabschieden. Sein Dienstverhältnis endet im November 2024. Eine Fusion macht aber erst dann richtig Sinn, wenn man wenigstens ein Vorstandsgehalt einsparen kann. Die anderen drei Vorstände (zwei Meißner, einer in Finsterwalde) sind noch weit vom Rentenalter entfernt. Vorstandsvorsitzender Riecke: "Ob irgendwann ein Zusammengehen mit einer anderen Sparkasse verhandelt werden wird, steht gegenwärtig nicht fest und hat vor dem Hintergrund unserer sehr guten Vertriebssituation und Marktdurchdringung sowie des hohen Eigenkapitals keine Dringlichkeit." Die Sparkasse Elbe-Elster sei zukunftssicher positioniert. Bei der Sparkasse Meißen sei die Situation ähnlich.

Solche Zustände können sich aber schnell ändern. Außerdem: Beide Sparkassen haben eigene Erfahrungen. Sie sind nämlich selbst aus Fusionen entstanden.

 

Von Ulf Mallek

Foto:© Lutz Weidler

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