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Unternehmer mit viel Familiensinn

Ein Hausbesuch bei Steffen John, der mit seiner Firma Little John Bikes Beruf und Hobby verbindet.

Lesedauer: 3 Minuten

Steffen John ist ein glücklicher Mensch. Viele machen ihren Job und versuchen, ihr Hobby auf die Zeit nach der Arbeit zu legen. Der Bischofswerdaer macht es anders. Er verkauft nicht nur Fahrräder, sondern er integriert sie in seinen Alltag. Steffen John fährt sehr gern Rad. Auch im Winter. Mit dem dickbereiften Mountainbike kommt er sicher über die verschneiten Waldwege an Butter-, Kloster- oder Valtenberg. "Man muss etwas für seinen Körper tun", sagt der 46-Jährige, während sein Blick durchs große Fenster in den Garten am Haus in Bischofswerdas Norden geht. "Man vergisst leicht, wie alt man ist. Man sollte auch an sich denken, um das Leben noch nach der Arbeit genießen zu können."

Steffen John war Mitte 20, als er 1997 in Neukirch seine Firma Little John Bikes gründete. Ein lockerer und umgänglicher Typ, der strategisch und auch mal quer denkt. Der Chancen erkennt und nutzt. Und der auch zurücksteckt, wenn es sinnvoll ist. Im Jahr 2014 verlegte er den Sitz seiner Firma von Neukirch nach Dresden. Begründet war das nicht nur in der bekannteren Geschäftsadresse, sondern vor allem im Bestreben, gute Mitarbeiter zu halten. Statt sie jeden Tag über 50 Kilometer von Dresden in die Oberlausitz pendeln zu lassen, pendelt nun der Chef zwischen Bischofswerda und der Landeshauptstadt – 42 Kilometer eine Tour. Im Winter nutzt Steffen John dafür das Auto, in den wärmeren Jahreszeiten zwei-, dreimal in der Woche das E-Bike. "Das macht doppelt so viel Spaß", sagt er und überschlägt kurz: Knapp 5 000 Kilometer sind es in diesem Jahr, die er per Rad nur auf dem Arbeitsweg zurücklegte. 5 000 Kilometer, die die Umwelt nicht belasteten.

Allein geht er dann allerdings nie auf Tour. Seine Ehefrau Ivonne begleitet ihn. Sie arbeitet bei Little John Bikes im Einkauf und ist sportlich genau so fit wie ihr Mann. Einmal im Jahr, zum Schiebockrennen beim Bischofswerdaer Stadtfest, bugsiert sie souverän die schwere Schubkarre im Sprint über das Altstadtpflaster. Seit Jahren gehört sie dem Siegerteam an, das sich Weltmeister nennen darf.

Beide, Ivonne und Steffen John, kennen sich schon seit ihrer Kindheit. Seit 30 Jahren sind sie zusammen, seit 20 Jahren verheiratet. Ein Paar, das gut aufeinander eingespielt ist. Dutzende Fotos an einer Wand erzählen Familiengeschichte: die Hochzeit, Urlaube, Feiern, die Kinder Nadine, jetzt 14 Jahre alt, und Alfons, der sieben ist. "So wie es jetzt läuft, ist es optimal, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen", sagt Ivonne John. Das funktioniert, weil sich die Familie sehr gut organisiert. "Wir planen unser ganzes Jahr vorab." Gemeinsame Interessen, neben dem Sport vor allem das Reisen, sind da von Vorteil, um viel gemeinsam unternehmen und erleben zu können. Die Siedlung, in der die Johns wohnen, ist über 80 Jahre alt. Das Haus wurde nach der Wende grundlegend modernisiert. Küche sowie Wohn- und Sitzbereich sind im Wesentlichen ein großer Raum, so wie es heute auch viele Neubauten bieten. Steffen John mag diese offene, weiträumige Atmosphäre. Er kocht leidenschaftlich gern. Ein Hobby, das er mit seinem Vater Karl-Heinz John teilt. Auch diese Liebe war es, die Vater und Sohn bewegten, im Jahr 2000 den damals geschlossenen Butterberggasthof zu kaufen, das Gebäude zu sanieren und zu erweitern und es zu einem beliebten Ausflugsziel zu machen. Auch dort stand Steffen John schon am Herd. Bei einer Weihnachtsfeier für die Mitarbeiter des Gasthofes kochte der Mit-Inhaber fürs Personal.

Frau und Mann im gleichen Unternehmen – ist das gut? Bei den Johns klappt's. "Ich arbeite ja in einer anderen Abteilung", sagt Ivonne John. Zudem gilt der Grundsatz, Probleme von der Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen und Prioritäten richtig zu setzen, auch um sich selbst zu schützen. Für Steffen John steht die Familie an erster Stelle, nicht die Arbeit. Zwar ist und bleibt er Inhaber von Little John Bikes, kann aber auch Verantwortung abgeben. "Nur die Schulterstücke des Chefs bedeuten ja noch lange nicht, dass ich alles kann", sagt er. So übertrug er die Geschäftsführung zwei Mitarbeitern – einem Profi im Vertrieb und einem im kaufmännischen Bereich. Er selbst kümmert sich um die Strategie des Unternehmens und um dessen Expansion. Im kommenden Frühjahr wird es in Ostdeutschland und im Ruhrgebiet 30 Little-John-Bikes-Shops mit insgesamt mehr als 200 Mitarbeitern geben; unter anderem in Schwerin, Stralsund und Spremberg kommen neue Geschäfte hinzu. Und Little John Bikes will weiter wachsen. Allerdings setzt Steffen John nicht mehr darauf, neue Geschäfte zu eröffnen, da der Markt gesättigt ist. Stattdessen übernimmt er bestehende Läden, vor allem in Städten, deren Einwohnerzahl zwischen 25 000 und 60 000 liegt. "Jeder dritte Fahrradhändler ist über 60 Jahre alt. Viele suchen einen Nachfolger", sagt Steffen John. Im Online-Handel sieht er keine Gefahr, sondern durch Kooperationen mit Versandhändlern vor allem eine Chance: Little John Bikes kann sich um Auslieferung und Service kümmern, einschließlich Probefahrt und Einstellen des Rades auf den Fahrer. – Am Morgen bringt Steffen John die Kinder zur Schule: die Tochter ans Goethe-Gymnasium Bischofswerda, den Sohn an die Evangelische Grundschule Frankenthal. Gegen 18 Uhr/18.30 Uhr ist er meist zu Hause. Bischofswerda ist ein Ort zum Krafttanken für ihn und seine Frau; ein Ort zum Wohlfühlen, in dem Familie und Freunde leben. Doch beide könnten es sich auch vorstellen, woanders zu leben. "Tolle Gegenden gibt es auch anderswo. Zum Beispiel in Italien oder Kroatien", sagt Steffen John.

 

Von Ingolf Reinsch

Foto: Steffen Unger

 

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