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Viele Sachsen glauben, die Energiewende schadet der Wirtschaft

Umfragen zufolge ist in Sachsen die Skepsis gegenüber erneuerbaren Energien groß. Dabei läuft die Energiewende längst und bringt auch wirtschaftliche Erfolge.

Lesedauer: 3 Minuten

Das Bild zeigt eine Wand wo Energiewende drauf steht.
Erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. In Sachsen sind viele Menschen skeptisch, ob das aufgeht. © dpa

Von Fabian Deicke

Umfragen zufolge ist in Sachsen die Skepsis gegenüber erneuerbaren Energien groß. Dabei läuft die Energiewende längst und bringt auch wirtschaftliche Erfolge.

Dresden. Der Umstieg auf regenerative Energiequellen ist das Wesen der Energiewende. Wind, Sonne, Wasser, Biomasse statt Kohle, Atom oder Gas. Je größer der Anteil an Erneuerbaren im gesamten Energiemix, desto kleiner werden ökologische Fußabdrücke und Abhängigkeiten von Rohstoff liefernden Staaten.

Die Mehrheit der Sachsen steht dem Wandel trotzdem skeptisch gegenüber, wie aktuell durchgeführte Umfragen von Sächsische.de mit den Meinungsforschern von Civey zeigen.

Demnach fürchten die Menschen im Freistaat, dass das weitere Reduzieren fossiler Energien und das bereits vollzogene Aus der Kernenergie negative wirtschaftliche Folgen habe. Auf die Frage, ob man denke, dass die Energiewende dem Industriestandort Deutschland schade, sagen Dreiviertel der Sachsen „Ja“ (74 Prozent). Nur 20 Prozent sind anderer Meinung und geben „Nein“ an.

Die Meinung der Sachsen ist keineswegs exotisch, auch bundesweit glaubt die Mehrheit, die Energiewende schade der Wirtschaft: 62 Prozent der Deutschen geben das in der gleichen Umfrage an.

Ebenfalls Zweifel haben Menschen in Sachsen daran, dass es bis zum Jahr 2045 gelinge, fast vollständig auf erneuerbare Energien umzusteigen. Danach gefragt wird in einer zweiten Umfrage mit Civey. Dabei nehmen ebenfalls Dreiviertel der Sachsen (75 Prozent) eine kritische Haltung ein und sagen, das sei nicht zu schaffen. 16 Prozent schätzen das Erreichen dieses Ziels als realistisch ein.

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr mit einer Änderung des Klimaschutzgesetzes die Vorgaben verschärft und als Ziel bis 2045 die Treibhausgasneutralität ausgegeben. Kurzum: Bis dahin soll der Anteil fossiler Energieträger auf Null bzw. ein sehr niedriges Niveau sinken.

„Die Energiewende wird nicht scheitern, wir stecken mittendrin“

Experten, wie der Energiökonom Dominik Möst von der TU Dresden, sehen an der Energiewende keinen Weg vorbei. Im Podcast „Thema in Sachsen“ sagt Möst kürzlich allerdings, dass die Ziele der Politik zu ambitioniert sein könnten. „Die Energiewende wird nicht scheitern, wir stecken jetzt mittendrin“, so Möst.

Bei der Stromerzeugung sieht der Experte den Anteil erneuerbarer Energien in den nächsten zehn Jahren auf Werte von 70 bis 75 Prozent steigen. Im Gesamtsystem, also auch mit den Bereichen Verkehr und Gebäude, seien allerdings nur 35 Prozent optimistisch geschätzt möglich. Bis zur Treibhausgasneutralität würde dann noch ein großes Stück fehlen.

Bei der Frage danach, welche erneuerbaren Energieformen beim Wandel den größten Schub geben könnten, herrscht bei den Sachsen große Einigkeit. In einer dritten Civey-Umfrage wurde gefragt, welche Form am ehesten gefördert werden sollte. Den größten Zuspruch findet die Solarenergie (26 Prozent), dicht gefolgt von Wasserkraft(24 Prozent).

Die Windenergie, also das Aufstellen von Windrädern, wird nur von 8 Prozent der Sachsen genannt. Es ist damit die Form, die in dieser Umfrage den geringsten Zuspruch bekommt.

Das positive Abschneiden der Solarenergie deckt sich auch mit Berichten aus der Branche. Die Nachfrage von Anlagen vor allem im privaten Bereich steigt seit Jahren. Gunter Erfurt, CEO des auch in Sachsen produzierenden Photovoltaik-Unternehmens Meyer Burger, sagt gegenüber Sächsische.de: „Der Markt ist da.“ Jetzt komme es darauf an, dass Photovoltaik-Industrie wieder schnell zu alter Stärke finde. „Deutschland ist immer noch Technologieführer“, betont Erfurt. Nur dominieren gegenwärtig andere Länder, die den Trend schon viel früher erkannt hätten, den Weltmarkt. Allen voran China.

Wer steht in der Verantwortung: Wirtschaft oder Politik?

Für den Chef des Solarunternehmens ist klar: „Eine Industrie, die schnell wachsen muss, kann auch viel aus eigener Kraft schaffen.“ So habe Meyer Burger selbst 800 Millionen Euro am privaten Markt eingesammelt und größtenteils in seine drei ostdeutschen Standorte investiert. Die Firma betreibt Werke in Freiberg und Hohenstein-Ernstthal (beide Sachsen) sowie eine große Fertigungsstätte für Solarzellen im Solar Valley bei Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt).

Nur seien die Mittel der Wirtschaft beschränkt, sagt Erfurt. Die Solarbranche müsse wieder in den Fokus der Politik rücken. „Wir glauben, dass die gesamte europäische Solarindustrie, also nicht nur der deutsche Teil, eine Anschubfinanzierung von 10 bis 15 Milliarden Euro braucht“, sagt er. Vergleiche man diese Summe mit den insgesamt 175 Milliarden Euro, die von den EU-Staaten allein seit Beginn des Krieges in der Ukraine für Gas nach Russland überwiesen wurde, sei das ein kleiner Betrag. „Und wir reden hier über eine Investition, die Arbeitsplätze schafft, für Nachhaltigkeit sorgt und eine neue Industrie aufbauen kann“, so Erfurt.

Dass die Politik beim Fördern der erneuerbaren Energien am Zug ist, das findet auch bei der Mehrheit der Sachsen überwiegend Zuspruch. In einer vierten Civey-Umfrage wird gefragt, wen man derzeit in der Verantwortung sehe, die Energiewende voranzutreiben. Die Politik oder die Wirtschaft? Die Mehrheit sagt „beide gleichermaßen“ (46 Prozent), 24 Prozent sehen vor allem die Politik in der Pflicht, 13 Prozent sehen es als Aufgabe der Wirtschaft.

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