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VW will mit dem ID.3 aus Sachsen Geschichte schreiben

Der Autokonzern will 100.000 Fahrzeuge pro Jahr in Zwickau produzieren und ausliefern. Ab sofort können Käufer vorbestellen.

Lesedauer: 3 Minuten

Noch vor der Weltpremiere auf der Internationalen Automobilausstellung im September hat Volkswagen am Mittwoch verraten, wie das erste Fahrzeug der neuen E-Modellfamilie heißen wird: ID.3. 

Die Ziffer „3“ hat gleich zwei Bedeutungen. Zum einen weist sie den ID.3 als Kompaktwagen aus, der in der branchenweiten Klasseneinteilung die dritte Größenklasse ist. Wichtiger jedoch ist die emotionale Bedeutung: Nach dem Käfer und dem ersten Golf beginne mit dem ID.3 das dritte große Kapitel in der Geschichte der Marke VW, hieß es. „Denn mit dem ID.3 machen wir Elektromobilität jetzt massentauglich“, betonte Jürgen Stackmann, Vertriebs- und Marketingvorstand der Marke VW in Berlin. Produziert wird das Fahrzeug in Zwickau. 

Dafür investiert der Autokonzern rund eine Milliarde Euro in den Umbau des sächsischen Standorts zu einem reinen Werk für Elektrofahrzeuge und die Qualifizierung der 7.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. VW plant, vom ID.3 mindestens 100.000 Fahrzeuge pro Jahr auszuliefern. Im ersten Produktionsjahr wird die Anzahl jedoch niedriger sein. Die Kapazität in Zwickau liegt bei maximal 300.000 Autos pro Jahr. „Wir wollen diese Kapazität füllen mit dem ID.3 und weiteren Mitgliedern der ID.-Familie“, so Stackmann. Zunächst sollen in Sachsen auch die E-Modelle von Audi und Seat gebaut werden.

Am Mittwoch startete VW auch eine neuartige Vorbestellungsaktion, das sogenannte Pre-Booking. Wer es nicht erwarten kann, im eigenen ID.3 zu fahren, kann sich gegen einen Betrag von 1.000 Euro ab sofort online registrieren für einen frühen Produktionszeitpunkt seines Fahrzeugs. Wenn die Vorbestellung storniert wird, wird das Geld zurückgezahlt. Für dieses Pre-Booking hat der Autobauer extra eine Sonderedition geplant, die auf 30.000 Fahrzeuge begrenzt ist. 

Diese haben eine Reichweite von 420 Kilometern und sollen unter 40.000 Euro kosten, vor Abzug der staatlichen Förderung. Mit der Auslieferung der vorbestellten Fahrzeuge können die Kunden zur Markteinführung im Juni 2020 rechnen. Konkurrent Tesla hatte für seinen Mittelklassewagen Tesla 3 rund 300.000 Vorbestellungen eingesammelt. Auf die Frage, welches Ziel er sich gesetzt habe, sagte Stackmann: „Wir wollen Tesla nicht mit bloßen Zahlen überbieten, sondern mit zufriedenen Kunden.“ Die Tesla-Besteller mussten monatelang auf ihr Fahrzeug warten, da es große Probleme beim Hochfahren der Massenproduktion gab. 

Die Pre-Bookingsaktion sei auf 30.000 Fahrzeuge begrenzt. Danach beginne der normale Bestellprozess. Angeboten wird das Pre-Booking in 29 europäischen Ländern. Als Schlüsselmärkte in Europa sieht VW laut Stackmann Norwegen und Deutschland. Auch in der Gläsernen Manufaktur können Vorbestellungen vorgenommen werden. Stackmann versicherte, dass man trotz all dieser Aktivitäten nicht auf Vertragshändler verzichten werde. „Menschen wollen mit Menschen sprechen und nicht mit Plattformen“, betonte der Marketingexperte. So sollen die VW-Händler auch Pre-Booking-Kunden betreuen.

Locken will die Marke VW sie unter anderem mit kostenlosem Stromladen für ein Jahr. Der ID.3 kommt mit drei verschiedenen Batteriegrößen auf den Markt, die bei voller Ladung Reichweiten von 330 Kilometern bis maximal 550 Kilometer schaffen. Die kleinste Version soll unter 30.000 Euro kosten. Der Autobauer verspricht, dass der ID.3 in einer Kaffeepause von 30 Minuten aufgeladen ist. Dafür werden 400 Ladestationen entlang der Autobahnen bis Ende nächsten Jahres aufgebaut.

Ein weiteres Versprechen ist, dass die Elektrofahrzeuge ihren Besitzern CO2-neutral übergeben werden. Wie viel Kohlendioxid pro produzierten ID. 3 anfallen wird, steht erst kurz vor dem Produktionsstart Ende des Jahres fest. Es dürfte sich in einer Größenordnung von 25 bis 30 Tonnen CO2 über den gesamten Lebenszyklus bewegen. Davon fällt die Hälfte in der Liefer- und Produktionskette an. 

In Zwickau können zwei Drittel der Emissionen in der Produktion vermieden werden, ein Drittel muss durch Investitionen in Klimaschutzprojekte kompensiert werden, hieß es vor einigen Wochen auf einem Nachhaltigkeitsworkshop von VW. Auch die rund 40 000 Zulieferer müssen bald messen und nachweisen, was sie für den Klimaschutz tun. Im Konzern wird überlegt, langfristig die Auftragsvergabe auch davon abhängig zu machen.

Die meisten Zulieferer in Sachsen werden vermutlich derzeit nicht wissen, wie sie messen können, was sie an CO2 in die Luft blasen. Ein Großteil von ihnen unterschätzt bislang Tempo und Ausmaß des Wandels hin zur Elektromobilität. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag des sächsischen Wirtschaftsministerium, die die Auswirkungen dieses Wandels auf die Autozulieferer im Freistaat untersuchen sollte. 

„Die Stimmung ist besser als die Lage“, sagte Werner Olle vom Chemnitz Automotive Institute (CATI) bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Reinsberg. Ein Grund sei, dass der Wandel auf der Straße mit derzeit 1,8 Prozent Neuzulassungen für Elektroautos noch nicht sichtbar ist. Ab 2025 sollen jedoch rund 30 Prozent der in Deutschland produzierten Fahrzeuge einen E-Antrieb haben. Und die Marke VW will bis dahin die globale Nummer eins für reine Elektroautos werden.

 

Von Nora Miethke

Foto: © Kay Nietfeld/dpa

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