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Wacker setzt auf noch mehr Dampf

Der Chemiefabrikant verwertet jetzt, was er früher in die Luft blies - und will damit eine Vorreiterrolle einnehmen.

Lesedauer: 2 Minuten

Der Chemiefabrikant verwertet jetzt, was er früher in die Luft blies – und will damit eine Vorreiterrolle einnehmen.
Die Veränderungen im Chemiewerk in Nünchritz sind kaum zu übersehen: Erst seit wenigen Monaten schlängeln sich auf einer Länge von mehr als einem Kilometer silbern glänzende Rohrleitungen durch die Anlagen auf dem Wacker-Werksgelände. Die beinahe einen Meter dicken Rohre verbinden neuerdings die Polysilizium-Destillation mit dem Heizkraftwerk. Und helfen damit, sogenannten Zwei-Bar-Dampf wiederzuverwerten.

Der ist im Nünchritzer Werk im Überfluss vorhanden. Bis zu 25 Tonnen Dampf fallen pro Stunde in der Polysilizium-Produktion an. Grund dafür sind die Energieeinsparungen der vergangenen Jahre. Da der Chemiefabrikant den Zwei-Bar-Dampf bisher aber kaum nutzen konnte, musste er ihn zeitweise einfach über einen Kamin abblasen. "Also haben wir geschaut, wo wir den Dampf im Silikonbereich und der Infrastruktur einsetzen können", sagt René Münch, der das Projekt betreut. Seit 2016 arbeitete er daran, neue Einsatzmöglichkeiten für den Zwei-Bar-Dampf zu finden und auf diese Weise die Effizienz des Werkes zu steigern.

Knapp drei Jahre später speist Wacker schon reichlich Dampf durch das neue Rohrleitungsnetz. Neben dem Heizkraftwerk gehören auch die Hydrolyse und die sogenannte MeCl-Synthese zu den Abnehmern. Perspektivisch sollen dort insgesamt rund 13 Tonnen Zwei-Bar-Dampf in der Produktion eingesetzt werden, momentan sind es sechs Tonnen. Im Mai dieses Jahres sollen zwei weitere hinzukommen, ein Jahr danach noch einmal fünf. "Die Anbindung der einzelnen Apparate muss erst noch erfolgen. Das geht aber nur stufenweise, weil das mit Anlagenabstellungen verbunden ist", erklärt René Münch.

Investitionen in Millionenhöhe Die Rohre, durch die der circa 130 Grad Celsius heiße Dampf mittlerweile geleitet wird, sind im Durchmesser 60 Zentimeter dick. Um Temperaturverluste zu vermeiden, ist rundherum noch eine Isolierschicht angebracht. Erst im Frühjahr des vergangenen Jahres begannen die Arbeiten an dem neuen Rohrleitungsnetz, im September 2018 wurde es schließlich in Betrieb genommen. Außerdem soll bis Ende dieses Jahres ein Kolbenverdichter die Arbeit aufnehmen, der den Zwei-Bar-Dampf zu Vier-Bar-Dampf verdichten kann. Den setzt Wacker dann bei der Produktion ein.

Für das Unternehmen ist die neue Dampfleitung ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Ziel, bis 2020 insgesamt drei Viertel des Dampfbedarfs durch nachhaltige Rückgewinnung zu decken. Nur noch ein Viertel des Dampfs soll dann durch das mit Erdgas betriebene Heizkraftwerk entstehen. "Das wäre ein Novum", sagt René Münch. "Es gibt aktuell keinen anderen Standort, an dem das in dieser Größenordnung möglich ist." Zudem würde Wacker dadurch künftig rund 45 000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen. Damit leiste man einen weiteren wichtigen Beitrag in Sachen Klimaschutz.

Um die Energieeffizienz am Standort in Nünchritz zu steigern, gibt es laut Unternehmen viele Projekte. Die neue Dampfleitung und die dazugehörigen Anschaffungen seien nur eines davon. Insgesamt investiert der Chemiefabrikant in das Ziel, künftig einen wesentlichen Teil des Dampfbedarfs durch Rückgewinnung zu decken, einen zweistelligen Millionenbetrag.

 

Von Kevin Schwarzbach

Foto: Wacker

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