Von Luisa Zenker
Einsam steht die Reis-Packung im Supermarktregal von Rewe. Es ist die letzte ihrer Art. Niemand scheint sich zu trauen, den Reis von Ben’s Original in den Einkaufskorb zu legen. Und auch einige Schritte weiter, bleibt es leer: Jacobs-Kaffee, Kellogg’s Cornflakes und Whiskas-Katzenfutter sind aus den Discounter-Reihen verschwunden. Derzeit fehlen so viele Marken, wie noch nie. Doch was steckt hinter den Lücken im Supermarktregal?
Welche Produkte fehlen derzeit in den Discountern?
Einen genauen Überblick wollen die Handelsunternehmen auf Nachfrage nicht geben. Doch nach Angaben vom Handelsblatt fehlen besonders Süßwaren. So mangelt es zurzeit an Schokolade in den Discountern; die Firma Mondelez hat die Belieferung der Milka-Schokolade an Edeka eingestellt. Bei Kaufland gibt es nur noch Restbestände der Ritter Sport Schokolade. Auch das süße Aufputschgetränk Coca-Cola sowie die Frühstücksflocken von Kellogg’s fehlen in den Läden.
Außerdem liefert der US-Hersteller Mars derzeit 300 Produkte nicht: Dazu gehören nicht nur die Riegel von Snickers, Bounty und Twix, sondern auch Kaugummi von Wrigley, Reis von Ben’s Original oder Tierfutter von Frolic und Sheba. Diese Produkte sind bei Rewe, der Discount-Tochter Penny sowie bei Edeka und der Tochter Netto zur Zeit Mangelware. Zudem müssen Kaffeeliebhaber zu einer anderen Verpackung greifen, denn derzeit sucht man die Marken von Jacobs, Tassimo, Senseo, Maxwell House und Café Hag vergebens in den Rewe-Filialen.
Warum mangelt es derzeit an Lebensmitteln in den Läden?
Grund für die leeren Regale sind Machtkämpfe zwischen den Lebensmittelherstellern und Supermarktketten. So verlangen etwa Mars, Ritter Sport und Mondelez höhere Preise seitdem die Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik angestiegen sind, oft zum zweiten Mal im Jahr 2022. Kellog’s etwa soll eine Preiserhöhung von knapp 30 Prozent verlangt haben. Weil die großen Händler wie Kaufland oder Edeka das nicht akzeptieren, und den Herstellern vorwerfen, auf der „Inflationswelle mitzureiten“, haben Hersteller wie Mars oder Mondelez Lieferstopps ausgerufen.
Die Rewe-Gruppe erklärt gegenüber Saechsische.de: „Einen Teil dieser Forderungen zum Beispiel auf Basis von Rohstoff- und Energiestoffpreisen sind transparent und können wir nachvollziehen. Andere jedoch sind in Höhe und Begründung nicht nachvollziehbar – solche lehnen wir strikt ab, denn es kann nicht sein, dass unsere Kundinnen und Kunden in dieser schwierigen Zeit mehr als unbedingt nötig belastet werden.“ Wegen der Preiserhöhungen laufen nach Angaben des Handelsblattes bereits Gerichtsverfahren, etwa zwischen Edeka und Coca-Cola.
Wie geht es den sächsischen Unternehmen?
Auch sächsische Lebensmittelhersteller müssen ihre Preise wegen der anhaltenden Krisensituation erhöhen. Die Stollen von Dr. Quendt der Lambertz Gruppe kosten in dieser Saison knapp 25 Prozent mehr. Der handelsübliche Preis für einen 1.000 Gramm Stollen hat sich von ca. 6,29 Euro (2021) auf 7,99 Euro erhöht. Etwa weil die Kosten für Zucker, Butter und Verpackungen um 50 oder sogar 100 Prozent gestiegen sind, heißt es von dem Unternehmen, dass jährlich etwa drei Millionen Stollen verkauft. „Wir versuchen so wenig wie möglich an die Verbraucher weiterzugeben, trotzdem wollen wir ein Minusgeschäft vermeiden.“ Zudem gebe es Logistikprobleme durch fehlende Lkw-Fahrer. Lieferstopps wegen der Preisanpassungen seien noch nicht ausgesprochen worden, erklärt Sprecherin Manuela Stengel von Dr. Quendt. „Man weiß aber nie, was die Zukunft bringt, so bitter es klingt.“
Das Unternehmen Riesa Teigwaren GmbH ist ebenso von steigenden Energie- und Rohstoffpreisen, stockenden Lieferketten und einem zunehmenden Preisdruck im Handel betroffen. „Unsere wichtigste Zutat ist Hartweizen, wo sich wetter-beeinflusste schlechte Ernten im letzten Jahr in den Hauptexportländern Kanada und USA, aber auch in den europäischen Anbaugebieten deutlich auf das Angebot und schließlich auch auf den Preis in Deutschland ausgewirkt haben“, erklärt der Geschäftsführer Mike Hennig.
Im Jahr 2020 kostete ihn eine Tonne Weizen durchschnittlich 350 Euro, jetzt mehr als doppelt so viel. Hinzukommt der aktuelle Streik das Beschäftigen für höhere Löhne. Der Nudelhersteller sieht sich besonders durch die steigenden Energiekosten gezwungen, die Preise anzuheben. „Der Handel akzeptiert dies nicht einfach, was aus Sicht des Endverbrauchers auch verständlich ist. Kommt es da zu keiner Einigung, bleiben die Regale leer.“
Dass in einigen Regalen Bautzner Senf fehlt, hat allerdings nichts mit den Preisverhandlungen zu tun. „Wir sind weiterhin produktions- und lieferfähig.“ Werksleiter Michael Bischoff führte zuletzt die leeren Regale auf Hamsterkäufe zurück, auch hier sind die Preise im Sommer wegen der gestiegenen Kosten erhöht worden.
Droht nun ein Versorgungsengpass?
Nein. Einen Grund zum Hamstern gibt es nicht, denn die Lücken in den Regalen wurden schnell wieder nachgefüllt. Und zwar meist mit den Eigenmarken selbst. So erklärt Kaufland: „Aufgrund unseres großen Sortiments ist die Warenversorgung für unsere Kunden, auch mit Alternativartikeln, grundsätzlich sichergestellt. Lediglich bei einzelnen Produkten kann es zu Lieferverzögerungen kommen.“ Auch Rewe hat die Löcher in den Regalen mit den Rewe-Eigenmarken Ja! gestopft: „Wir weisen unsere Kunden aktiv auf unsere Eigenmarken-Alternativen hin und sehen auch, dass diese in den vergangenen Wochen dynamisch zulegen.“
Dass die Eigenmarken gefragter sind, hat aber nicht nur mit der fehlenden Konkurrenz zu tun, sondern auch damit, dass nun viele Kunden die meist günstigeren Alternativen wählen. Stefanie Schmitt von Edeka-Nordbayern-Sachsen-Thüringen spricht dennoch von etwa 100 Artikeln, die derzeit nicht geliefert werden können.
Ihren Angaben zufolge werden die Lücken im Regal besonders durch große nationale und internationale Lieferanten verursacht. „Es sind die großen Marken mit denen wir stark verhandeln.“ Demnach seien die Preiserhöhungen nicht immer auf den Ukraine-Krieg und die Energiekrise zurückzuführen. „Grundsätzlich wird es aber nicht zu Versorgungsengpässen kommen, es gibt genug Ersatz.“
Auch Konsum Dresden erklärt, dass Preisverhandlungen und Lieferstopps auf ausgewählte Produkte nichts Ungewöhnliches seien. „Das Geschehen betrifft alle Produktgruppen gleichermaßen und entspricht dem üblichen Vorgehen“, heißt es von der Genossenschaft, die 32 Konsum- und Frida-Märkte rund um Dresden betreibt. Derzeit bemerkt das Unternehmen, dass einzelne regionalen Produzenten verzögert liefern, weil die notwendigen Materialien für die Verpackung später als erwartet eintreffen. Einen allgemeinen Trend möchte Konsum davon aber nicht ableiten.