Lärm, Staub, Hitze – Arbeit auf dem Bau ist hart. Die Bautzener Firma Hentschke findet trotzdem wieder mehr Azubis. Wie macht sie das?
Von Lucy Krille
Wenn die Hitze im Sommer unerträglich wird, werden die Blicke aus den Büros wieder mitleidig nach draußen zu den Baustellen wandern, auf denen gebaggert, gefräst und manchmal auch geflucht wird. Die Arbeit auf dem Bau ist hart und gilt als unbeliebt. Berufe wie Betonbauer oder Baugeräteführerin stehen in einer Liste der Top 100 Ausbildungsberufe in Sachsen im hinteren Drittel oder sind gar nicht zu finden. Im Bezirk der Handwerkskammer Dresden ist die Zahl der Lehrverträge etwa bei den Maurern und Maurerinnen von knapp 60 auf knapp 40 in zwei Jahren gefallen. Die Baufirmen suchen verzweifelt Nachwuchs, der nur durch eine gute Ausbildung zu gewinnen ist.
Doch was macht so eine gute Ausbildung aus? Und wer geht mit gutem Beispiel voran? Die Plattform Ausbildung.de und das Wirtschaftsmagazin Capital haben dazu mehr als 700 Personalbeauftragte in deutschen Unternehmen mit einem detaillierten Fragebogen befragt. Herausgekommen ist ein Ranking der besten Ausbildungsbetriebe. Unter den Betrieben mit 500 bis 2.000 Beschäftigten steht ausgerechnet eine Baufirma. Zum wiederholten Mal zählt Hentschke Bau mit Sitz in Bautzen und einer Niederlassung in Dresden zu den besten Ausbildungsbetrieben Ostdeutschlands.
Der Rahmen passt
Hentschke Bau ist einer der größten Arbeitgeber in Ostsachsen. Die Firma beschäftigt 700 Leute, die meisten von ihnen sind auf Baustellen unterwegs oder fertigen Stahl und Beton im Bautzener Fertigteilwerk für die nächsten Bauprojekte. Die Firma profitiert in der Ausbildung auch von seiner Größe. Eine Jugendvertretung gibt es nicht, aber die Jugendlichen treffen sich zu Azubi-Tagen etwa beim Lasertec oder im Hochseilgarten und können sich so austauschen. Einer von ihnen ist Maximilian Kunath. Der 20-Jährige ist Betonfertigteilbauer im dritten Lehrjahr und will später seinen Meister machen. Ihm gefällt der Beruf, da er in verschiedenen Projekten mitmachen kann. „Ich mache zwar immer wieder das Gleiche, aber ich fertige verschiedene Teile“, sagt er. Bei Hentschke würden auch die Rahmenbedingungen passen. Die Firma zahlt ihm ein Gehalt von 1.200 Euro und übernimmt die Übernachtungen während der überbetrieblichen Ausbildung.
In den Ferien schon hier gejobbt
Auch Paul Lodni hatte bereits in den Ferien bei Hentschke Bau gejobbt und dann letztes Jahr seine Ausbildung als Metallarbeiter begonnen. Er kann sich vorstellen, sich später auf den Stahlbau zu spezialisieren. Der 17-Jähirge schweißt neben einem Dutzend anderer Männer in einer der Hallen auf dem Gelände des Fertigteilwerks. Zwischen dem Kreischen der Schweißgeräte dudelt Radiomusik, an einzelnen Arbeitsplätzen hängen Kalender von nackten Frauen. Die Baubranche ist noch immer männerdominiert. Bei Hentschke ist nur eine von zehn Auszubildenden eine Frau, davon arbeiten die meisten im Büro. Nach Ansicht der Ausbildungsbeauftragten Heike Marticke liegt das auch an der „schweren körperlichen Arbeit“ auf dem Bau.
Ausbildungszentrum geplant
Marticke legt Wert darauf, dass die Azubis auch über ihren Bereich hinaus lernen. Baugeräteführende schauen etwa den Mechatronikern über die Schulter. Die angehende Industriekauffrau Änn Bergermann war im Fertigteilwerk. „So weiß ich nun viel besser, was die da machen“, sagt die 20-Jährige. Zuvor hatte Änn eine Ausbildung in einem kleineren Betrieb abgebrochen. Dort fehlte ihr das, was sie nach eigener Aussage bei Hentschke schätzt: ein Ausbildungsplan. Die Firma hat sogar Teile der überbetrieblichen Ausbildung von Glauchau nach Bautzen geholt. Ausbilder von Hentschke lernen mit den Azubis dann an Maschinen auf dem Firmengelände, um ihnen den Fahrweg zu ersparen. Die Firma plant auch ein Ausbildungszentrum, an dem sich Externe aus- und weiterbilden lassen können.
Immer auf der Suche
Das Unternehmen geriet in den vergangenen Jahren oft wegen einem anderen Thema in die Schlagzeilen. Geschäftsführer Jörg Drews kritisierte öffentlich die Asylpolitik Deutschlands und trat auf Veranstaltungen auf, auf denen Verschwörungstheorien verbreitet wurden. Seine politische Einstellung äußerte er zeitweise auch im Mitarbeitermagazin „Hentschke Information“. Ein Unternehmenssprecher bekräftigte, dass Politik und Arbeit nun klarer getrennt werden. Die Diskussionen scheinen Hentschke Bau als Ausbildungsbetrieb kaum geschadet zu haben, denn derzeit werden über 40 Jugendliche ausgebildet. Dafür sorgt vor allem Heike Marticke, „die Mutti für alles“. Sie startete vor fünf Jahren als Ausbildungsbeauftragte bei Hentschke. Damals begannen noch etwa zehn Jungen und Mädchen pro Jahr eine Ausbildung, mittlerweile sind es etwa 17. Marticke gibt den jungen Leuten eine Chance. Wenn Hauptschüler oder Realschüler mit einer Fünf in Mathe zu ihr kommen und Baugeräteführer werden wollen, sagt Marticke: „Wir versuchen es“. Obwohl die Ausbildung gerade eher anspruchsvoller wird, weil Themen wie GPS oder die 2-Wege-Technik auf den Schienen Weiterbildungen erfordern, will sie die Jugendlichen nicht entmutigen. Sie empfiehlt ihnen dann oft erst mal einen Teilberuf, etwa im Straßenbau. „Dann haben sie auf einmal einen 2er-Schnitt in der Berufsschule, weil sie das tun, was ihnen Spaß macht“, sagt Marticke.
Auch Hentschke Bau ist immer wieder auf der Suche nach Nachwuchs, vor allem in den gewerblichen Berufen. Auf Berufsmessen oder beim Tag der offenen Tür wirbt die Firma mit VR-Brillen um die Jugendlichen. Zudem bietet die Firma neue Ausbildungsmöglichkeiten an, etwa als Holzmechaniker oder -mechanikerin. Viele Jugendliche gewinnt die Firma immer noch durch Mundpropaganda und Kontakte. Der Großteil stammt aus der Region rund um Bautzen oder Dresden, bis hin nach Görlitz. Ann Bergmann etwa kommt aus Oppach und hatte von Bekannten gehört, dass der Betrieb für seine gute Ausbildung bekannt sei. Auch Geflüchtete arbeiten im Rahmen von Praktika oder Ferienarbeit im Unternehmen. Eine Ausbildung ist aber noch nicht zustande gekommen. Das läge meist am ungeklärten Aufenthaltsstatus, sagt Marticke.