Dresden. Noch sieht das Haus an der Karlsruher Straße nicht so aus, wie Jürgen Brandt es beschreibt. Dabei sollen schon in wenigen Wochen die ersten Monteure einziehen. „Hier kommt eine moderne Einbauküche rein, ein riesiger Doppelkühlschrank mit Eiswürfelspender“, sagt der 35-Jährige und zeigt in den leeren Raum. Noch ist die baldige Unterkunft für die Monteure selbst eine Baustelle.
Draußen soll eine Grillecke entstehen, das Haus einen neuen Anstrich bekommen. 100.000 Euro gibt er für Sanierung des Hauses in Coschütz aus, das er im April kaufte und in dem zuvor der Eigentümer wohnte.
Wie der Versicherungsvertreter in die Immobilienbranche einstieg
Fünf Zimmer mit jeweils zwei Betten soll es geben, später will er im unteren Teil des Hauses auf acht Zimmer erweitern. Ein Bett kostet 25 Euro die Nacht, plus Endreinigung. „Ich bin jetzt schon bis Ende des Jahres komplett ausgebucht, die Nachfrage in Dresden ist explodiert“, sagt er.

Quelle: Matthias Rietschel
Jürgen Brandt wohnt in Bannewitz, verdient sein Geld eigentlich als Versicherungsvertreter und mit der Vermögensberatung. 2012 habe er begonnen, mit einem Geschäftspartner Häuser zu kaufen und zu sanieren. „Das war ursprünglich als Absicherung für die Rente gedacht.“ Doch mittlerweile hat er 70 Wohnungen in Dresden und Umgebung.
„Erst haben wir die Häuser zum normalen Wohnen angeboten“, erzählt der 35-Jährige. Doch vor einigen Jahren habe er das Geschäft mit den Monteurzimmern entdeckt. „Damit lässt sich mehr Geld verdienen, sag’ ich ehrlich.“
Nachfrage in Dresden steigt deutlich an
Aber hinzu komme auch: „Der Raum für diese Form des Wohnens wird auch gebraucht.“ Vor allem die Großbaustellen der Chipindustrie im Dresdner Norden, also ESMC und Infineon, zögen Arbeitskräfte an. Aber auch das Edelstahlwerk in Freital und Windkraftanlagen in Wilsdruff.
Das Geschäft funktioniert so: „Das sind meistens ausländische Fachkräfte, oft aus Polen, die zum Arbeiten herkommen“, sagt Brandt. Die Firma, die diese anstellt, mietet bei Brandt die Zimmer, oft für mehrere Monate. „Booking.com und Monteurzimmer.de sind die klassischen Plattformen, auf denen man diese Zimmer anbietet“, sagt er.
Sucht man auf Monteurzimmer.de nach einem Zimmer für zwei Personen im kommenden April, listet die Plattform 244 verfügbare Zimmer. Die Preise beginnen bei zehn Euro pro Bett und endet bei 50 Euro. Die meisten Angebote kosten zwischen 20 und 30 Euro pro Person.
Wohnraum in Dresden ist knapp
„Wichtig ist, dass man die Zimmer gemütlich einrichtet, die Monteure wollen sich wie zu Hause oder in einem hochwertigen Hotel fühlen“, sagt Brandt. Ein großer Fernseher und schnelles Internet seien wichtig, aber auch Stellplätze für Autos und Gemeinschaftsräume.
In einer Großstadt wie Dresden, wo der Mietmarkt angespannt und freie Wohnungen selten sind, schwingt auch immer die Frage mit: Für wen sollen die vorhandenen Wohnungen genutzt werden? Denn nicht nur Monteurzimmer sind stark nachgefragt, auch der Markt mit Ferienwohnungen für Touristen wächst. Ende 2024 gab es in Dresden laut Stadtverwaltung rund 2.100 Ferienwohnungen.
Im vergangenen Jahr beschloss der sächsische Landtag ein Gesetz, das Zweckentfremdungsverbote für Wohnungen ermöglicht. Als Zweckentfremdung gilt etwa, wenn Wohnungen mehr als zwölf Wochen im Jahr für Beherbergung oder Kurzvermietung genutzt werden.
Der Stadtrat beauftragte die Verwaltung eine Satzung zu erstellen, die liegt ein Jahr später noch nicht vor. Ein Verbot für die Stadtbezirke Altstadt und Neustadt steht im Raum, dort ist der Anteil an Ferienwohnungen hoch.
Doch es gebe einen erheblichen Unterschied zwischen Ferienwohnungen für Touristen und Kurzzeit-Wohnungen für Menschen, die zum Arbeiten nach Dresden kommen, sagt der 28-jährige Marek. Er bietet seit vier Jahren Wohnungen in Dresden zur Kurzzeitmiete an. „Für Touristen gibt es Hotels“, sagt er.
Zweckentfremdungssatz in Dresden wackelt
Er vermiete beispielsweise an Wissenschaftler, die als Gastdozenten nach Dresden kommen. Oder an Reinigungs- und Pflegekräfte aus Südamerika, die zunächst eine Wohnung brauchen, um dann in Dresden in Ruhe eine Bleibe zu suchen. „Es ist schwierig, aus Rio de Janeiro eine feste Wohnung in Dresden zu finden“, sagt er.
„Solche Arbeitskräfte benötigen wir dringend, denen sollten wir es nicht schwerer machen“, sagt er. Er befürchtet, dass diese Form des Wohnens in der Debatte um knappen Wohnraum und mögliche Verbote der Zweckentfremdung nicht gesehen wird.
Befürworter einer Zweckentfremdungssatzung, wie der Grüne Landtagsabgeordnete Thomas Löser, argumentieren so: „Dresden braucht das klare politische Bekenntnis, dass Wohnungen in der stark nachgefragten Gebieten den Einwohnern der Stadt zur Verfügung stehen.“
Jürgen Brandt beschäftigt sich noch nicht mit der Debatte um die Zweckentfremdung. „Ich habe eins gelernt: Um Probleme kümmere ich mich erst, wenn sie vor der Tür stehen“, sagt er. Zurzeit ist unklar, ob die geplante Satzung zur Zweckentfremdung im Stadtrat noch eine Mehrheit hat.
SZ