Dresden/Leipzig. Beinahe jeder sächsische Landkreis kämpft mit einem Mangel an geeignetem Personal. In den Landkreisen Görlitz, Zwickau, Nordsachsen und im Erzgebirgskreis ist fast jede zehnte Stelle in den Verwaltungen unbesetzt – teilweise über mehrere Jahre. Das ergab eine Anfrage von LVZ/SZ an alle Landkreise und kreisfreien Städte.
Die meisten offenen Stellen (344) gibt es in der Stadtverwaltung Leipzig, prozentual allerdings mit 12 Prozent in der Landkreisbehörde Zwickau. Mehr als 1500 Stellen sind in den Behörden der sächsischen Landkreise unbesetzt.
Demgegenüber steht die geplante Personalkürzung: Zwar hatte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zuletzt versucht, die Angst vor Personal-Streichungen zu nehmen – quasi mittels Job-Garantie. Bis Ende 2026 sollen jedoch laut Sparhaushalt 382 Stellen wegfallen. Hintergrund ist der massive Stellenzuwachs des Freistaates in den vergangenen Jahren.
In der Stadt Dresden prüfe man deshalb, ob man Stellen nachbesetzen muss. Auch die Stadt Leipzig plant aus Kostengründen einen Stellenabbau. Sie will zuerst offene Stellen nicht neu besetzen. Wegen der Finanzlöcher im mehrstelligen Millionenbereich haben die Landkreise Bautzen und Meißen einen Einstellungsstopp verhängt. Die Verwaltung hofft, durch fortschreitende Digitalisierung mittelfristig Personal einzusparen.
Laut dem sächsischen Städte- und Gemeindetag will die Landesregierung die Stellen jedoch vorerst in den Landesbehörden der Ministerien kürzen, nicht in den Landratsämtern. Mit der Personalkürzung dort könne man den Wettbewerb um Personal mit den Landkreisen und Städten entschärfen. Denn in den Kommunen fehlen die Fachkräfte, etwa bei der Digitalisierung.
Privatwirtschaftliche Unternehmen bieten oft bessere Vergütungen und Karrierechancen. – Melanie Rohn, Sprecherin vom Görlitzer Landratsamt
Während sich Sekretäre, Hausmeister und andere Berufe im „einfachen gewerblich-technischen Bereich“ leicht besetzen lassen, sind Fachärzte, Ingenieure, Informatiker, Umwelt-Experten schwierig zu finden – Berufe, die nicht in die klassische Verwaltung passen.
In Chemnitz dauere es 90 bis 150 Wochentage, bis diese Stellen wiederbesetzt sind. „Einige Ärztestellen sind seit Jahren unbesetzt und befinden sich in einer Dauerausschreibung“, sagt Sprecherin Melanie Rohn vom Görlitzer Landratsamt. Gleiches gilt in und um Leipzig.
Digitalisierung hinkt wegen fehlender Informatiker
Die Folge: längere Wartezeiten und eine höhere Arbeitsbelastung. Der Landkreis Bautzen könne Pressearbeiten oder Aufgaben der Wirtschaftsförderung nur eingeschränkt erfüllen. Die Digitalisierung hinkt wegen fehlender Informatiker, heißt es von der Stadt Leipzig. Dort kann man Gelder für Infrastruktur nicht abrufen, weil das Personal fehlt.
Als Grund für die hohe Zahl an offenen Stellen nennen mehrere Landkreise die Konkurrenz mit der Privatwirtschaft. Unternehmen bieten demnach oft höhere Gehälter und Karrierechancen. Ein Arzt in Chemnitz verdient am Klinikum laut Entgelttabelle zwischen 72.000 und 136.000, auf dem Amt dagegen zwischen 63.000 und 97.000 Euro brutto – je nach Erfahrung und Ausbildung.
Womit die Behörden werben
Die Landkreise und Städte berichten zudem von einem Mangel an geeigneten Bewerbungen. Viele Stellen seien erst in den vergangenen Jahren geschaffen worden, heißt es vom Erzgebirgskreis. Als Folge von Gesetzesänderungen, aber auch, um Sozialleistungen oder Zuzüge von ukrainischen Geflüchteten zu bearbeiten. Ausgleichszahlungen für den höheren Aufwand habe der Landkreis nur eingeschränkt erhalten.
Die Behörden setzen deshalb neben dem klassischen Rekrutieren und Ausbilden auf Quereinsteiger oder das direkte Anschreiben von potenziellen Bewerbern. Die Stadt Leipzig wirbt zudem mit Bildungstagen, Sabbaticals, Teilzeit.
SZ