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Wepa übernimmt Teile der insolventen Kübler & Niethammer Papierfabrik

Lesedauer: 4 Minuten

Das gesamte Areal der früher zwei Papierfabriken in Kriebethal gehört jetzt der Wepa-Gruppe, die ein Konzept für den Standort erarbeitet hat.

Zum 1. Juni hat die Wepa-Gruppe den Bereich Faseraufbereitung integriert sowie alle Grundstücke und Gebäude des insolventen Werks in Kriebstein übernommen. Das sind die Pläne.

Von Elke Görlitz

Kriebstein. Zum 1. Juni 2023 integriert die Wepa-Gruppe den Bereich Faseraufbereitung der insolventen Kübler & Niethammer Papierfabrik Kriebstein GmbH in ihr Werk am Standort Kriebstein. Von Kübler & Niethammer übernommen werden alle Grundstücke und Gebäude, die Produktionsanlagen des Bereichs Stoffaufbereitung und das Kraftwerk. Das teilte das Unternehmen mit Hauptsitz im westfälischen Arnsberg am Montagabend mit.

Mitte März hatte die traditionsreiche Papierfabrik Kübler & Niethammer die Produktion am Standort Kriebstein eingestellt und kurz darauf Insolvenzantrag beim Amtsgericht Chemnitz gestellt. Das Verfahren ist inzwischen eröffnet.

40 Beschäftigte übernommen

Kübler & Niethammer hatte zuletzt nach eigenen Angaben 130 Beschäftigte. „Insgesamt haben wir in den vergangenen Wochen sowie nun im Rahmen der Übernahme der Anlagen 40 Mitarbeitende von Kübler & Niethammer eingestellt. Damit ist eine zukunftsfähige Lösung gefunden worden, die der strategischen Ausrichtung unseres Unternehmens entspricht und unseren Fokus auf Nachhaltigkeit unterstreicht“, erläutert Martin Krengel, Vorstandsvorsitzender der Wepa Gruppe. Damit steigt die Zahl der Beschäftigten bei Wepa in Kriebethal von 225 auf 265.

Wie der Vorstandsvorsitzende weiter erklärt, sei Kriebstein „ein wichtiger Teil der Wepa Unternehmensgruppe und Kompetenzzentrum für gefaltete Produkte“. „Durch die Integration der Stoffaufbereitung von Kübler & Niethammer in unser Wepa-Werk werden wir am Standort Kriebstein Recyclingprodukte integriert fertigen. Außerdem können wir aufbereitetes Altpapier über den Eigenbedarf hinaus an Dritte anbieten“, erklärt Martin Krengel.

Langfristiges Konzept für Standort Kriebstein

Der Wepa-Standort in Kriebstein stelle heute das Kompetenzzentrum für die Fertigung von Taschen- und Kosmetiktüchern des europaweit tätigen Unternehmens dar. Mit der Übernahme wachse die Bedeutung des Standorts Kriebstein für die Wepa-Gruppe nochmals.

„Wepa hat einen langfristigen und zukunftsorientierten Standortentwicklungsplan zur Nutzung der zusätzlichen Flächen, Gebäude und Teilanlagen konzipiert. Zur erfolgreichen Umsetzung dieses Plans hoffen wir auf die Unterstützung von Behörden, lokalen und regionalen Interessenvertretungen sowie Kooperationspartnern aus dem Handwerks-, Logistik- und Zulieferungsbereich. Mit unserer Investition untermauern wir, dass wir fest von der Zukunftsfähigkeit der Industriestandorte Deutschland und Europa überzeugt sind. Auch für die Region ist unsere Ausrichtung für den Standort ein wichtiges Signal“, erklärt Harm Bergmann-Kramer, bei der Wepa-Gruppe verantwortlich für die Bereiche Technologie, Operations und Supply Chain.

Wepa an 13 Standorten in Europa

Erst am Wochenende hatte Wepa in Kriebstein das 75-jährige Bestehen des Unternehmens gefeiert, das 1948 von Paul Krengel als „Westfälische Papiergroßvertrieb GmbH“ in der Nähe des heutigen Hauptsitzes in der Stadt Arnsberg in Deutschland gegründet wurde. Wepa agierte zunächst als Handelsunternehmen. Zu den ersten Produkten, die das Unternehmen vertrieb, zählten Einschlag- und Geschenkpapiere. 1953 wurde schließlich mit der Verarbeitung von Hygienepapieren begonnen, ehe man nach dem Bau der ersten Papiermaschine 1958 auch mit der Produktion von Toilettenpapier beginnen konnte.

Heute ist Wepa nach eigenen Angaben einer der drei führenden europäischen Hygienepapierhersteller mit einem besonderen Fokus auf Nachhaltigkeit und produziert an 13 europäischen Standorten ein breites Portfolio an Hygienepapieren: von Toiletten- und Handtuchpapier über Küchenrollen bis hin zu Servietten.

Der Standort Kriebstein ist seit 2001 Teil des Familienunternehmens. Mit 225 Mitarbeitenden werden dort Taschentücher und Kosmetiktücher hergestellt, mit der Übernahme eines Teils der Produktion von Kübler & Niethammer steigt die Zahl auf 265.

Erleichterung in der Kommune

Kriebsteins Bürgermeisterin Maria Euchler (Freie Wähler) ist erleichtert darüber, dass es für ein knappes Viertel der ursprünglich 130 Beschäftigten von Kübler & Niethammer in Kriebstein weitergeht. „Wir hoffen, dass damit für die Papierindustrie an diesem traditionsreichen Standort Stabilität nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für diesen Industriezweig an sich eintritt“, erklärte sie auf Anfrage. Wepa habe in den zurückliegenden Jahren sehr stabil gearbeitet.

Zum 75-jährigen Bestehen der Wepa-Gruppe hat die Gemeinde dem Unternehmen passend zu den in Kriebstein hergetellten Produkten einen Taschentuchbaum geschenkt. Darüber hatte Maria Euchler in der Sitzung des Gemeinderates am Montagabend informiert. Der Baum soll im nächsten Frühjahr auf dem Wepa-Gelände gepflanzt werden.

Eine Tradition endet

Für Kübler & Niethammer selbst ist am 1. Juni das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Unternehmen war in die wirtschaftliche Schieflage geraten, weil es wegen der seit 2021 um ein Vielfaches gestiegenen Energiekosten zuletzt nicht mehr möglich gewesen sei, zu international wettbewerbsfähigen Kosten zu produzieren. Hinzu sei die seit Monaten extrem schwache Nachfrage auf dem Markt der grafischen und Verpackungspapiere gekommen, teilte die Geschäftsführung der Schönfelder Gruppe aus Annaberg-Buchholz damals mit. Das Unternehmen, das zur Fesco GmbH gehört, hatte Kübler & Niethammer erst im September 2020 aus der Insolvenz gerettet. Davor hatte die Firma bereits zweimal Insolvenz anmelden müssen.

Kübler & Niethammer war zuletzt weltweit einziger Hersteller nass- und laugenfester Etiketten aus 100 Prozent Recyclingpapier. Das Unternehmen war 1856 gegründet worden.

Transfergesellschaft für Betroffene

Von den verbliebenen rund 90 ehemaligen Beschäftigten habe ein Teil bereits einen neuen Job gefunden, teilte Raik Kilper von der Anwaltskanzlei Beck & Partner, die mit der Insolvenzverwaltung beauftragt worden ist, bereits im Vorfeld mit. Die ehemaligen Beschäftigten würden durch die Agentur für Arbeit bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz unterstützt. Auch Jobbörsen mit Firmen, die Mitarbeiter suchen, seien direkt im Betriebsgelände angeboten worden.

Für diejenigen – vor allem langjährigen – Mitarbeiter, die sich mit der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle schwertun, ist eine Transfergesellschaft gegründet worden. Diese soll den Betroffenen mehr Zeit einräumen, sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren, so dass sie nicht unmittelbar nach dem Auslaufen des Insolvenzausfallgeldes in die Arbeitslosigkeit fallen. Wie Kilper mitteilte, sind zum 1. Juni 35 ehemalige Beschäftigte in diese Transfergesellschaft gewechselt.

Dieser Beitrag wurde am 6. Juni um 13.20 Uhr mit Angaben der Insolvenzverwaltung und der Gemeindeverwaltung Kriebstein aktualisiert.

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