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Wie hell strahlen die neuen „Leuchttürme“ der Lausitz?

Sachsens Ministerpräsident verkündet sieben Zukunftsprojekte für die Region. Nicht alle spenden gleich viel Licht.

Lesedauer: 3 Minuten

Von Leuchttürmen geht viel Symbolkraft aus. Der Turm am Geierswalder See, zu sehen auf dem Foto, beherbergt ein Restaurant, ein Hotel und somit den Beweis, was sich an einem gefluteten Braunkohletagebau so machen lässt. Ein kleinerer Leuchtturm steht am Bärwalder See, sicher kommen in den nächsten Jahren im Lausitzer Seenland weitere hinzu.

Doch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) meinte nicht solche Bauwerke, als er in dieser Woche in Weißwasser sieben Leuchttürme für die Lausitz präsentierte. Ihm geht es um Projekte mit Symbolkraft für die Zukunft der Region. Auch im Leipziger Revier sollen sieben symbolische Leuchttürme den Weg in eine Zukunft ohne Braunkohle weisen. Spätestens 2038 soll Deutschland aus dem Bodenschatz aussteigen, hat die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ empfohlen.

Das sind Kretschmers Leuchtturm-Ideen für die Lausitz – und Prognosen zu ihrer möglichen Strahlekraft.

Bahnstrom für Dresden–Breslau: Schnelleres Planungsrecht nötig

Planungen der Deutschen Bahn AG gehen davon aus, dass zwischen Dresden und Görlitz frühestens 2029 Bahnstrom anliegt. Polen hingegen elektrifiziert gerade die letzten Kilometer östlich der Neiße. Kretschmer will außerdem Züge von Dresden über Kamenz nach Hoyerswerda/Spremberg.

Prognose: Die Funzel zwischen Dresden und Görlitz glimmt noch lange nicht. Es sei denn, Deutschland kehrt zum schnellen Planungsrecht zurück, das nach 1990 Verkehrsprojekte beschleunigte. Züge über Kamenz nach Hoyerswerda sind weniger problematisch, Schienen liegen ja.

ICE Berlin–Cottbus–Görlitz: Theoretisch schon jetzt machbar

Kretschmer schwebt ein Intercity-Express (ICE) zwischen Berlin und Görlitz vor. Dafür braucht der Streckenabschnitt zwischen Cottbus und Görlitz eine Oberleitung, wie sie Berlin–Cottbus schon hat. Aber auch vor der Elektrifizierung von Cottbus–Görlitz könnte ein ICE zwischen Spree und Neiße pendeln. Schließlich ließ die Deutsche Bahn AG (DB) einst eine Diesel-Variante des ICE bauen. Zwei dieser Triebzüge sind noch einsatzbereit.

Prognose: Die Idee hat die Chance, zu strahlen. Vorausgesetzt, die DB überlässt die beiden Diesel-ICEs der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (Odeg), die bereits die Strecken Berlin–Cottbus und Cottbus–Görlitz–Zittau bedient. Ab Fahrplanwechsel im Herbst 2019 pendelt früh und nachmittags ein Odeg-ICE zwischen Berlin und Zittau.

Sechsspurige Autobahn bis Görlitz: Ein Mammutprojekt

Der Freistaat Sachsen hat bisher beim Bund Bedarf für den sechsspurigen Ausbau der Autobahn 4 zwischen Dresden und Pulsnitz angemeldet. Außerdem lässt das Wirtschafts- und Verkehrsministerium die Erweiterung von vier auf sechs Fahrspuren zwischen Pulsnitz und Bautzen prüfen. Allein das dauert Jahre. Dann fehlten immer noch die rund 50 Kilometer zwischen Bautzen und Görlitz mit dem Nadelöhr Königshainer-Berge-Tunnel. Sachsen braucht bärenstarke Verbündete in der Bundespolitik, um dieses Vorhaben in den Bundesverkehrswegeplan zu drücken.

Prognose: Dieser Leuchtturm strahlt nur zwischen Dresden und Bautzen. Hier wäre mit sechs statt vier Fahrspuren schon viel geholfen. Für einen Ausbau zwischen Bautzen und Görlitz müsste unter anderem der Tunnel durch die Königshainer Berge verbreitert werden. Vielleicht erlebt es Michael Kretschmer ja als Rentner.

Bundesstraße 178 bis nach Cottbus: Vorher im Süden fertig bauen

Seit mehr als 20 Jahren wird an der neuen Bundesstraße 178 zwischen Zittau und der Autobahn bei Weißenberg gebaut. Noch klaffen zwei Lücken in der Schnellstraße, da kommt schon deren Verlängerung nach Norden ins Gespräch. Eine B 178 Zittau–Cottbus würde mehrere Wirtschaftszentren wie Boxberg und Schwarze Pumpe mit den Autobahnen verknoten. Drei-, abschnittsweise vierspurig ausgebaut, wäre sie eine leistungsfähige Nord-Süd-Achse.

Prognose: Das kann ein wahrer Leuchtturm für die ganze Lausitz werden. Aber bevor zwischen Weißenberg und Cottbus erste Spatenstiche gefeiert werden, sollten erst einmal die Lücken der B 178 im Süden verschwinden.

Mitteldeutschland-Lausitz-Straße: Die Chancen stehen gut

Die sogenannte Milau-Straße, eine Mitteldeutschland-Lausitz-Straße zwischen den Ballungsräumen Leipzig/Halle und Cottbus, könnte weitgehend bereits vorhandene Verkehrswege nutzen. Sie miteinander zu verknüpfen, geht planungstechnisch schneller als die Verbreiterung der A 4.

Prognose: Ein Strahler, ausbaufähig im Osten bis in den Raum Weißwasser.

Superschnelles Internet: Lausitzring einbeziehen

Sachsen und Brandenburg wollen in Hoy-erswerda und Welzow das 5-G-Forschungsfeld Lausitz schaffen. Dank superschnellem Internet sollen Fahrzeuge, autonom fliegende Drohnen, Ampeln und Straßenlaternen miteinander kommunizieren.

Prognose: Beginnt schon zu leuchten – versuchsweise auf dem Lausitzring. Sachsen und Brandenburg sollten sich mit der Dekra als Inhaber der Test- und Rennstrecke zusammentun.

Görlitz als Forscher-Treffpunkt: Neues Institut entsteht
Ein Institut für datenintensive interdisziplinäre Systemforschung soll in Görlitz angesiedelt werden, polnische und deutsche Wissenschaftler sollen hier zusammenarbeiten. Die Anlauf-Finanzierung steht.

Prognose: Glimmt und hat die Lizenz zum Strahlen. Der erste Wissenschaftler für das Institut ist schon da, in fünf Jahren könnten es bis zu 100 sein.

 

Von Tilo Berger  

Foto: © Wolfgang Wittchen
 

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