Von Nora Miethke
Mit viel Politikprominenz feierte der Autobauer Porsche am Dienstagnachmittag den offiziellen Start der Elektromobilität in seinem Leipziger Werk – allerdings mit Verzögerung. Die elektrische Version des Macan kam mehr als ein Jahr später auf den Markt als ursprünglich geplant. Grund waren die Software-Probleme beim Mutterkonzern Volkswagen.
Aber nun war es endlich soweit. Gleich zwei Ministerpräsidenten – Michael Kretschmer für Sachsen und Winfried Kretschmann für Baden-Württemberg – reisten an, um gemeinsam mit Porsche-Chef Oliver Blume, Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) den Startschuss für die Produktion des E-Macan zu geben.

Der Sportwagenhersteller investierte rund 600 Millionen Euro in den Um- und Ausbau des Werks, das nun ein „Kompetenzzentrum für Elektromobilität“ für Porsche ist. Es entstand unter anderem ein moderner Karosseriebau für den neuen Macan, in dem der Festakt zelebriert wurde. Vorn rückte eine farbige Lasershow das schnittige Design der Macan-Karosserie ins rechte Licht, im Rücken der Gäste drehten sich die Roboterarme.
Vom Umbau profitierte auch die Region. Nach Möglichkeit setzt Porsche bei den Bauaufträgen auf heimische Firmen, hieß es. Heute fertigen mehr als 4.600 Beschäftigte in Leipzig die Modelle Macan und Panamera, die Mehrheit kommt aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Bis 2030 will Porsche mehr als 80 Prozent der Neufahrzeuge mit reinem E-Motor ausliefern
„Meine 18 Jahre als Oberbürgermeister von Leipzig wären ganz anders verlaufen ohne Porsche“, schwärmte Leipzigs Stadtvater Burkhard Jung. Er meinte damit nicht nur die gut bezahlten Arbeitsplätze und das Klingeln der Gewerbesteuereinnahmen in der Stadtkasse, sondern auch das gesellschaftliche Engagement des Autobauers. „Leipzig ist unsere zweite Heimat“, begrüßte Vorstandschef Oliver Blume die Gäste.
Nach dem Umbau kann der Macan nun je nach Kunden auf einer Montagelinie mit drei Antriebsarten gefertigt werden: als Benzin-, Hybrid- oder reines Elektrofahrzeug. Bis 2030 will Porsche mehr als 80 Prozent der Neufahrzeuge mit rein elektrischem Antrieb ausliefern.
„Bei Porsche sind wir davon überzeugt: Elektromobilität ist die Zukunft“, betonte Blume. Dafür seien vier Faktoren wichtig: begeisternde Produkte, eine gute Ladeinfrastruktur vor allem in den Städten, niedrige Energiepreise, damit E-Autos sich auch im Betrieb für Autokäufer rechnen und eine Förderkulisse, die Elektromobilität in Gang bringt.
Es klingt wie eine Beschwörung. Denn das plötzliche Auslaufen der Kaufprämie Ende vergangenen Jahres, Inflation und wirtschaftliche Unsicherheit haben die Neuzulassungen von E-Autos stark sinken lassen. Der Hochlauf der Elektromobilität ist ins Stocken geraten. Doch Bundesverkehrsminister Volker Wissing gab sich zuversichtlich, dass Deutschland das politische Ziel schaffen werde, 15 Millionen E-Autos auf die Straße zu bringen bis zum Jahr 2030. Derzeit sind 1,5 Millionen zugelassen.
Eine neue Kaufprämie versprach der FDP-Politiker nicht, aber mehr Anstrengungen beim Aufbau der Ladeinfrastruktur. „Sorge macht mir, dass die Kommunen nicht nachziehen“, so Wissing. Er kündigte eine Versorgungsauflage für Tankstellen an, mehr Ladepunkte einzurichten.

E-Macan aus Leipzig soll den chinesischen Markt erobern
Der E-Macan wird zwar in Sachsen gebaut, aber über seinen Erfolg und damit auch über die Auslastung der Montagebänder in Leipzig wird in Asien entschieden. Der Kompakt-SUV, der als Verbrenner ein Erfolgsmodell ist, soll das Ruder in China, dem größten Markt der Edelmarke, herumreißen.
Jahrzehntelang war Porsche dort verwöhnt durch hohe Wachstumsraten. Doch das Blatt hat sich gewendet. Im ersten Quartal dieses Jahres sind die Verkaufszahlen in China um 24 Prozent eingebrochen und das ausgerechnet im Jahr des 75. Geburtstags.
Porsche und sein Mutterkonzern VW bekommen die digitale Vernetzung zwischen Smartphone und Fahrzeug nur holprig hin. Doch darauf legen asiatische Kunden sehr viel Wert, auch ist für sie Komfort wichtiger als hohe Geschwindigkeiten, die man in von Dauerstaus geprägten Mega-Citys eh nicht auskosten kann.
Und bekanntlich gibt es bei elektrischen Fahrzeugen ernsthafte chinesische Konkurrenz, die ihre Autos günstiger anbieten. In der schwächelnden chinesischen Wirtschaft inzwischen ein Faktor. Viel hängt also davon ab, wie der Hoffnungsträger im China und den umliegenden Wachstumsregionen Malaysia, Thailand und Indonesien ankommt.
Leipziger Werk ist Vorreiter und Porsche-Aushängeschild
Nicht nur Porsche braucht den neuen Macan, um seine ehrgeizigen Ziele bei der Elektromobilität zu erreichen, auch die Politik und die sächsischen Autozulieferer. Ministerpräsident Michael Kretschmer bekannte sich mit einem klaren „Ja“ zur Elektromobilität, forderte aber auch ein „Ja“ zur Technologieoffenheit. Noch sei nicht klar, welche Antriebsart sich am Ende durchsetzen werde.
Nach Einschätzung des sächsischen Automobilzulieferer-Netzwerk AMZ läuft der Hochlauf der Elektromobilität stabil. „Alle vier Fahrzeugwerke sind eingerichtet auf die Fertigung von E-Fahrzeugen. Damit ist die Automobilindustrie in Sachsen zukunftsfähig aufgestellt“, sagt AMZ-Netzwerkmanager Dirk Vogel. Die Aussichten seien aufgrund des Wirtschaftsklimas jedoch schwierig. Nur noch die Hälfte der Unternehmen wollten noch an ihrem sächsischen Standort investieren. Vogel geht davon aus, dass aufgrund hoher Kosten die Produktion von Fahrzeugen und Komponenten in andere europäische Länder verlagert wird.
Doch Porsche will an seinem sächsischen Standort festhalten. „Das Werk Leipzig ist hinsichtlich Flexibilität und Nachhaltigkeit Vorreiter und Aushängeschild – für Porsche selbst und für die gesamte Autoindustrie“, so Blume. Der elektrische Macan läuft bilanziell CO2-neutral vom Band. In Leipzig will der Sportwagenhersteller seine Vision von einer digital vernetzten Fabrik zeigen, deren Einfluss auf die Umwelt möglichst gering ist.
Für diesen stringenten Nachhaltigkeitsansatz wurde als Leipziger Werk 2023 als „Fabrik des Jahres“ ausgezeichnet. Blume wünscht sich „mehr Mut und Pragmatismus“ für den Industriestandort Deutschland, der immer noch ein „toller Standort“ ist. Und so ließen sich die Gäste nicht die Feierlaune von all den Hürden für die Elektromobilität verderben.