Von Annett Kschieschan
Irgendetwas muss sich ändern. Friederike Kolsch wusste schon länger, dass es so wie es war nicht weitergehen konnte im Job. Am Gehalt lag das nicht, auch nicht an den Arbeitsaufgaben oder dem Verhältnis zu den Kollegen. „Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich auf der Stelle trete“, erinnert sich die 37-Jährige. Sie hatte direkt nach dem Betriebswirtschaftsstudium angefangen zu arbeiten, erst bei einer Bank, dann bei einem großen Dienstleistungsunternehmen.
Der Job führte die Dresdnerin nach Frankfurt/Main, Köln und schließlich ins Leipziger Land. Dort fühlte sie sich privat wohl, konnte sich aber zunehmend nur noch schwer für die Arbeit motivieren. „Ich habe überlegt, ob das eine Depression ist oder schon ein Vorläufer der Midlife-Crisis“, erzählt Friederike Kolsch. Etwas halbherzig hatte sie sich online durch die Stellenausschreibungen geklickt. Eigentlich hatte sie keine Lust, sich wieder an einen komplett neuen Job zu gewöhnen.
Die Wirksamkeit im Job neu spüren
Ihr Teamleiter hatte gemerkt, dass die einst motivierte Mitarbeiterin plötzlich eher Dienst nach Vorschrift machte. „Zum Glück“, sagt Friederike Kolsch heute, habe er nicht mit Kritik reagiert, sondern ihr proaktiv den Vorschlag zu einer Weiterbildung gemacht. Das Thema: „Personalmanagement“. Damit hatte die Betriebswirtschaftlerin bisher nichts zu tun gehabt. „Aber ich fand es sofort ganz spannend, vor allem, weil es dabei auch um die Möglichkeiten von Digitalisierung und KI gehen sollte“, sagt sie. Viel Zeit zum Überlegen blieb nicht, der Kurs sollte bereits einen guten Monat später starten. Friederike Kolsch nahm teil. Und hat es nicht bereut. „Ehrlich gesagt, hatte ich keine Ahnung, wie vielschichtig dieser Arbeitsbereich ist – und wie sehr der Erfolg tatsächlich von den Ideen und dem Engagement des Einzelnen abhängt,“ sagt sie heute. Genau so etwas hatte ihr gefehlt – ein Feld, auf dem sie selbst Akzente setzen konnte.
Experten sehen hier die große Chance von Weiterbildungsangeboten. Sie können erreichen, was ein Bonus aufs Gehalt oder der Zuschuss zum Fitnessstudio-Abo oft nicht schaffen: Die Motivation zurückzuholen. Die meisten Menschen wollen im Job ihre Wirksamkeit spüren. Irgendwann aber zieht in jedem Beruf Routine ein. Dann kann eine Fortbildung ein kleiner Neubeginn sein. Die Bereitschaft, sich weiterzubilden, ist hoch. Laut der letzten Datenerhebung in Sachsen 2022 hatten immerhin mehr als 60 Prozent der Menschen im arbeitsfähigen Alter an einer Weiterbildung teilgenommen, acht Prozent mehr als sechs Jahre zuvor. Damit lag die Weiterbildungsquote in Sachsen leicht über dem Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer, aber auch bundesweit.
Häufig kurze, digitale Formate
Nach Informationen des Sächsischen Wirtschaftsministeriums ist die betriebliche Weiterbildung mit 65 Prozent der hierzulande relevanteste Sektor. „Ganze 86 Prozent der Weiterbildungsaktivitäten erfolgen aus beruflichen, 14 Prozent aus privaten Gründen. Bei Erwerbstätigen erfolgte die Teilnahme an Weiterbildung in 74 Prozent der Fälle auf betriebliche Veranlassung hin“, heißt es in der Auswertung der Erhebung. In drei Vierteln der Fälle wurde die Weiterbildung vom Arbeitgeber bezahlt. Bei dem Großteil der Befragten hatten sich die Weiterbildungsaktivitäten zum Zeitpunkt der Befragung bereits ausgezahlt, zum Beispiel durch die Übernahme einer neuen Aufgabe.
Auch der Zeitumfang von betrieblicher Weiterbildung hat sich deutlich verändert. So werden heute dank der digitalen Möglichkeiten viele kurze, teils nur wenige Stunden lange Kurse angeboten und auch wahrgenommen. Für Unternehmen, aber auch für die Mitarbeiter, ist das ein großer Vorteil, lassen sich Weiterbildungen so doch schneller in den Arbeitsalltag einbinden. Kurze Wissenseinheiten sind zudem häufig leichter umsetzbar. Für vertiefende Qualifizierungen seien längere Module aber nach wie vor unverzichtbar. Um sie entsprechend verinnerlichen zu können, sollten sich die Teilnehmer voll auf die Inhalte konzentrieren können – und nicht etwa nebenbei noch dienstliche Korrespondenzen führen müssen.
Damit finanzielle Engpässe nicht zum Abbruch oder generell zur Ablehnung von Weiterbildungsangeboten führen, hatte der Freistaat Sachsen 2023 eine Fördermöglichkeit eingeführt. Das ist vorerst Geschichte. Aufgrund „der aktuell schwierigen Haushaltslage“ habe man im Doppelhaushalt 2025/2026 keine weiteren Mittel zur Förderung der beruflichen Weiterbildung zur Verfügung stellen können, heißt es aus dem Ministerium. Ob und wann eine Unterstützung für Weiterbildungsinteressierte wieder möglich ist, ist derzeit offen.
Die gute Erfahrung weitergeben
In den meisten Fällen aber lassen Unternehmen den Willen zur Qualifizierung nicht an der Finanzierung scheitern. Auch bei Friederike Kolsch hat der Arbeitgeber die Kosten für ihre Weiterbildung übernommen. Das ist nun fast drei Jahre her. Die Betriebswirtschaftlerin verantwortet inzwischen gemeinsam mit einer Kollegin die komplette Personalplanung für ihren Arbeitgeber. Dabei geht es nicht nur um Dienstpläne, sondern auch um Rekrutingaktivitäten, Aktionswochen für potenzielle Azubis und Präventionsangebote für Mitarbeiter.
Immer wieder einmal kommt auch das Thema Weiterbildung auf den Tisch. Sprechen sie Kollegen darauf an, rät sie immer dazu, alle gebotenen Möglichkeiten zu nutzen. „Für mich hat das viel verändert – ausschließlich zum Positiven“, sagt sie.


