Nora Miethke
Dresden/Leipzig. Der Bundestag hat am vergangenen Donnerstag eine finanzielle Entlastung von Stromkunden beschlossen. Den Betreibern der Übertragungsnetze wird im nächsten Jahr ein staatlicher Zuschuss in Höhe von 6,5 Milliarden Euro gewährt. Der Parlamentsbeschluss soll dafür sorgen, dass die Netzentgelte für private Haushalte und Unternehmen sinken.
Das sind die Gebühren für die Nutzung der Strom- und Gasnetze, die anfallen und man dafür zahlt, dass der Strom von den Kraftwerken über verschiedene Spannungsebenen bis in die Häuser kommt. In diesem Jahr betragen sie 10,9 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Das macht 28 Prozent des Strompreises für private Haushalte und kleinere Gewerbetreibende aus.
Haushalte in Brandenburg sparen fast dreimal mehr als in Sachsen
Einer Regierungsprognose zufolge winkt Privatkunden durch die Subventionen im bundesweiten Durchschnitt eine 17-prozentige Entlastung. Die Ersparnis für Gewerbe- und Industriekunden soll im Schnitt über 20 Prozent liegen. Allerdings rechnen Experten mit deutlichen regionalen Unterschieden.
Wie eine Auswertung des Dienstleisters Enet und des Stromanbieters Rabot Energy zeigt, profitieren weite Teile von Ostdeutschland und Bayern stark, Sachsen dagegen kaum.
Senkung Netzentgelte in Deutschland
Prognose für 2026

Die Netzentgeltsenkungen bedeuten für private Haushalte in Sachsen eine durchschnittliche Entlastung von etwa 1,1 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Dagegen sind es in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt etwas über 3 Cent. Bei einem Jahresverbrauch von 3500 kWh spart ein Haushalt in Sachsen etwa 39 Euro in Jahr, in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern dagegen rund 111 Euro.
„Die Netzentgeltreduktion 2026 in Sachsen fällt im Bundesvergleich unterdurchschnittlich aus“, heißt es auf Nachfrage bei Rabot Energy. Hintergrund sei, dass besonders Regionen mit bislang extrem hohen Netzausbaukosten und starker Einspeisung erneuerbarer Energien wie Brandenburg oder Sachsen-Anhalt am stärksten profitieren würden. Sachsen lag beim Netzentgelt schon vor der Reform im Mittelfeld. Die regionale Einspeisemenge erneuerbarer Energie ist geringer. Deshalb fällt der gesenkte Zuschuss hier weniger ins Gewicht.
Senkung Netzentgelte in Sachsen
Prognose für 2026

Die Studie basiert auf den vorläufigen Netzentgelten, die die Netzbetreiber für 2026 veröffentlicht haben. Der Grund für die unterschiedliche Entlastung liegt darin begründet, wie der Bund die Subvention aufgesetzt hat. Sie wird an die Übertragungsnetzbetreiber überwiesen. In Ostdeutschland ist das 50Hertz.
Sie betreiben die überregionalen Höchstspannungsleitungen. Deshalb profitieren energieintensive Industriebetriebe, die direkt am Übertragungsnetz hängen, auch direkt von der Subvention. Der Weg zu den privaten Haushalten und Gewerbetreibenden führt dagegen über regionale Hoch- und Niederspannungsleitungen.
Von den Anpassungen profitieren 2026 vor allem Regionen, die bisher teuren Strom importieren mussten. – Jan Rabe, Geschäftsführer von Rabot Energy
„Von den Anpassungen profitieren 2026 vor allem Regionen, die bisher teuren Strom importieren mussten“, erklärt Jan Rabe, Co-Gründer und Geschäftsführer von Rabot Energy auf der Internetseite des Unternehmens. Die aktuelle Entlastung sei politisch gewollt, aber sie verzerre kurzfristig das eigentliche Bild, so Rabe.
Langfristig würden Regionen mit wenig eigener Erzeugung strukturell teurer bleiben. Der Bundeszuschuss sorge 2026 nur für eine Atempause – keine Trendwende. „Eine faire Energiewende braucht mehr Spielraum für flexible Stromnutzung. Nur wer auf dynamische Tarife und smarte Zähler setzt, kann die Entlastung voll ausschöpfen“, betont Rabe.
Sachsens Wirtschaftsministerium sieht keinen Handlungsbedarf
Auf Nachfrage im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz (SMWA), ob es Handlungsbedarf sieht, heißt es: „Die Stützung der Übertragungsnetzentgelte aus Steuermitteln ist eine wichtige Entlastungsmaßnahme insbesondere für energieintensive Unternehmen – für die hat sich das SMWA bisher immer eingesetzt und begrüßt diese Maßnahme ausdrücklich.“
Ein Grund für die großen Unterschiede bei der Entlastungswirkung sei der Effekt aus der Kostenwälzung für Erneuerbare Energien (EE). Netzgebiete mit einer vergleichsweise hohen EE-Erzeugung würden bei den Netzkosten entlastet, weil diese Kosten mittlerweile bundesweit gewälzt werden. Netze, in denen vergleichsweise wenig EE-Erzeugung installiert sei, könnten diese Kosten nicht wälzen. Sie bleiben in den Netzentgelten enthalten, so die Beamten im SMWA.
Die privaten Stromkunden in Sachsen bekommen nun zu spüren, was der vergleichsweise geringe Ausbau an Wind- und Solarstrom sie kostet.
SZ


