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Beim Lohn ist der Kreis Görlitz ein Sonderfall

Überall verdienen in Deutschland Männer für dieselbe Arbeit mehr als Frauen. Auch im Kreis Bautzen ist das der Fall. Der Kreis Görlitz macht eine kleine Ausnahme.

Lesedauer: 2 Minuten

Sebastian Beutler

Görlitz/Bautzen. Auch zum diesjährigen Frauentag werden wieder die Lohnstatistiken bemüht und dabei wird deutlich, dass Frauen für die gleiche Arbeit einen geringeren Lohn erhalten.

Das ist in Deutschland der Fall, aber auch in Sachsen liegt diese Lohnlücke nach Angaben des DGB über alle Branchen gemessen bei sieben Prozent.

Sonderfall Kreis Görlitz: Frauen verdienen mehr als Männer

Im Landkreis Görlitz aber sind diese Verhältnisse auf den Kopf gestellt, wenn man nur die Arbeitszeit berücksichtigt. Hier lag das mittlere Monatsgehalt für vollbeschäftigte Frauen im Jahr 2023 bei 2.858 Euro. Das für vollbeschäftigte Männer aber nur bei 2.807 Euro. Männer verdienten hier 51 Euro im Monat weniger, aufs Jahr gerechnet sind das im Schnitt 612 Euro. Der Grund: Im Kreis Görlitz gibt es mehr Jobs im Dienstleistungssektor. So macht die öffentliche Verwaltung sieben Prozent an allen sozialversicherungspflichtigen Stellen aus.

Im Nachbarlandkreis Bautzen sind es beispielsweise nur 5,8 Prozent. Dort spielt das produzierende Gewerbe eine größere Rolle. Deswegen liegt Bautzen voll im Trend: Vollzeitbeschäftigte Frauen erhielten hier 2.936 Euro im Monat, Männer hingegen 2.985 Euro, mithin 49 Euro mehr im Monat und damit im Schnitt 588 Euro mehr im Jahr. Alle diese Zahlen hat jetzt die Arbeitsagentur in Bautzen veröffentlicht. Da diese Statistik eine gewisse Nachlaufzeit hat, sind die Zahlen für 2023 die aktuellsten.

Wirtschaftsstruktur ist der Grund für die Unterschiede

Ursache für diese Unterschiede zwischen den beiden Landkreisen ist nach Erkenntnissen der Arbeitsverwaltung die Wirtschaftsstruktur. Der Anteil des produzierenden Gewerbes ist im Landkreis Bautzen höher als im Kreis Görlitz.

Da im produzierenden Gewerbe höhere Löhne erzielt werden können als im Handel oder Gastgewerbe, also klassischen Dienstleistungsberufen, verdienen die Männer im Mittel im Kreis Bautzen mehr als Frauen.

Und gerade in Industrie- oder Handwerksbetrieben sind Frauen klar in der Minderheit. Nur 16 Prozent der Stellen im produzierenden Gewerbe sind mit Frauen besetzt, auch bei IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen liegt der Frauenanteil nur bei 35 Prozent. Hingegen sind Frauen mit 74 Prozent in klassischen Dienstleistungsbranchen wie Handel und Verwaltung überrepräsentiert.

DGB fordert Schließung der Lohnlücke

Für den DGB ist anlässlich des Frauentages deshalb die Lohnlücke weiterhin ein großes Thema, auch in Ostsachsen. Sachsens Vize-DGB-Chefin Daniela Kolbe spricht von einer direkten Diskriminierung der Frauen. Denn berücksichtigt man Qualifikation und Beruf, dann vergrößert sich diese Lohnlücke von den genannten sieben Prozent in Sachsen auf 10,5 Prozent, im Kreis Bautzen auf elf Prozent.

Bei dieser Berechnung ergibt sich auch im Landkreis Görlitz, dass Frauen für dieselbe Arbeit 6,9 Prozent weniger als Männer verdienen. Doch ist das der mit Abstand niedrigste Wert unter allen Landkreisen und kreisfreien Städten Sachsens.

Für Kolbe sind der Ausweg Tarifverträge, die keinen Unterschied zwischen Frau und Mann machen. Die Arbeitsverwaltung hingegen lenkt das Augenmerk darauf, dass Frauen künftig häufig besser bezahlte Berufe in der Industrie ergreifen sollten.

Das ändert freilich nichts daran, dass das Lohnniveau in der Oberlausitz deutlich hinter dem in Deutschland hinterherhinkt. So verdienen Männer in Sachsen am Tag rund 33 Euro weniger als in Westdeutschland, bei Frauen beträgt diese Lücke im Vergleich 14 Euro.

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass befragte Einwohner aus der Oberlausitz für den Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung die Bezahlung deutlich negativer einschätzen als in wirtschaftlich starken Regionen. Auch ihre beruflichen Perspektiven bewerten sie schlechter. Und Menschen, die noch nicht im Ruhestand sind, machen sich besonders große Sorgen darüber, ob ihr Einkommen im Alter ausreicht.

SZ

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