Florian Reinke
Leipzig. Es ist eine außergewöhnliche Fläche, die Amazon Air am Leipziger Flughafen zurücklässt. Ein direkter Zugang zum Vorfeld, optimale Anbindung ans Verkehrsnetz und reichlich Platz am zweitgrößten deutschen Fracht-Airport: Die Vorteile des Areals liegen auf der Hand, und die Chancen, einen Nachfolger für den US-Konzern zu finden, galten von Beginn an als groß. Jetzt kann der Flughafen Leipzig/Halle tatsächlich einen Deal perfekt machen.
Der US-Investor Realterm errichtet eine neue, große Luftfrachtanlage am Schkeuditzer Airport. Von einem „maßgeschneiderten Projekt“ ist in den Reihen der US-Amerikaner die Rede. Und der Leipziger Flughafen kann nach einem bitteren Rückschlag einen Erfolg vorweisen.
Parkplätze für Flugzeuge, große Lagerfläche
Wie sieht sie also aus, die neue Frachtanlage? Wie nun bekannt wird, soll eine Lagerfläche von 45.000 Quadratmetern entstehen. Es wird Parkplätze für Flugzeuge geben, dazu auch Lkw-Stellplätze für einen „nahtlosen Bodentransport“. Der Investor wird die Anlage nicht selbst nutzen: Das Unternehmen sucht einen oder mehrere Mieter, die einziehen. Die Vermarktung hat begonnen, ist von den Beteiligten zu hören.
Auch wenn noch unklar ist, wer das Rennen macht, lässt sich bereits sagen, für wen das Areal besonders interessant ist. Als beinahe einzigartig gilt, dass die Fläche die Land- und Luftgrenze vereint. Das bedeutet: Ein Lkw kann die Fracht an den Airport bringen, wo diese in Flugzeuge verladen wird. Ob Speditionen, Logistikfirmen oder Unternehmen aus der Welt des Online-Handels (E-Commerce) – verschiedene Mieter sind denkbar. Der Projektentwickler bewirbt den Standort als ideal, um Express-, E-Commerce- und Spezialfracht zu lagern und zu bewegen.

Quelle: Realterm/ Flughafen Leipzig/Halle
Anlage soll maßgeschneidert für Kunden entstehen
„Die maßgeschneiderte Anlage wird einen direkten Zugang zum Flugfeld und eine ungehinderte Anbindung an die Autobahn bieten, wodurch Transferzeiten minimiert und die Effizienz gesteigert werden“, erklärte Realterm-Manager Lynn Kau. Es handele sich um ein „Vorzeigeprojekt für effiziente Frachtoperationen weltweit“. Das Unternehmen investiert weltweit in Projekte, vor allem in der Transportbranche.
So betonte auch Frank Pieper, Senior Vice President Geschäftsentwicklung bei der Mitteldeutsche Flughafen AG: „Mit seiner bewährten Logistik- und Luftfrachtkompetenz verfügt Realterm über die nötige Schlagkraft auf dem internationalen Markt, um Projekte am LEJ gezielt zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen: eine echte Win-win-Situation für beide Partner.“
Derzeit sind jedoch noch einige Fragen ungeklärt. Etwa, was die genaue Bauweise der neuen Frachtanlage in Schkeuditz angeht. Das hat einen Grund: Der Investor möchte diese speziell nach Kundenwunsch errichten. Soll heißen: Erst werden ein oder mehrere Mieter gesucht, danach wird die Anlage entwickelt. Denn die Wünsche können in der Logistik unterschiedlich sein: Braucht der neue Kunde beispielsweise Kräne für den Frachtumschlag? Oder spezielle Kühlanlagen? Auch die Investitionssumme wird von Wünschen wie diesen abhängen.
Jobs im dreistelligen Bereich denkbar
Zur Anzahl der Arbeitsplätze ist aus diesem Grund ebenfalls keine konkrete Aussage möglich, man kann aber davon ausgehen, dass die Zahl der Jobs im dreistelligen Bereich liegen wird.
Für den Flughafen ist der Deal ein Erfolg, dem allerdings ein herber Rückschlag vorausgegangen war. Mit dem Amazon-Air-Rückzug Ende 2023 und der Schließung des Luftfrachtzentrums waren 400 Arbeitsplätze am Airport verloren gegangen. Der Grund: Für den US-Konzern war der Standort entbehrlich geworden. Während der Corona-Pandemie hatte Amazon eine höhere Standortdichte in Europa aufgebaut. Nach Informationen aus Konzernkreisen hatte der Konzern zwar noch versucht, einen direkten Nachfolger für das Gelände zu finden – die Suche blieb jedoch erfolglos.
Amazon-Air-Abriss in Leipzig/Halle läuft
„Der komplette Rückbau der Amazon-Anlage soll im Juli abgeschlossen sein“, heißt es nun vom Flughafen-Management. Der Bau der neuen Frachtanlage könnte demnach im kommenden Jahr starten.
Seit einiger Zeit lässt sich beobachten, dass das Flughafen-Management bemüht ist, sich bei der Luftfracht breiter aufzustellen, oder auch: Das Geschäft zu diversifizieren. DHL ist und bleibt zwar der größte und wichtigste Kunde am Cargo-Airport. Seit diesem Jahr kooperiert Leipzig/Halle für China-Flüge aber auch mit dem chinesischen Unternehmen Shakoe. Damit will der Airport vom China-Boom im Online-Handel profitieren. Derzeit gibt es zwei Flüge in der Woche, das Unternehmen verfolgt das Ziel, auf eine tägliche Verbindung aufzustocken.
Der Flughafen Leipzig/Halle ist mit einem Frachtumschlag von 1,4 Millionen Tonnen im Jahr 2024 Deutschlands zweitgrößter Frachtflughafen – hinter Frankfurt am Main. Projektentwickler Realterm lobt den Airport denn auch als einen der „frachtfreundlichsten Flughäfen Europas“. Der Standort biete ein gutes Angebot an Fachkräften, die Möglichkeit eines 24/7-Frachtverkehrs – und eine ideale Anbindung an weitere Verkehrsträger.