Von Thomas Möckel
Es ist noch nicht so lange her, etwa anderthalb Jahre, da war das Werk komplett, beide Bereiche liefen wie geplant. Im Herbst 2022 hatte das Unternehmen „Palosa Paletten Logistik Sachsen GmbH & Co. KG“, spezialisiert darauf, Europaletten aus Holz zu reparieren und neue zu produzieren, eine zweite Maschine in Betrieb genommen. Das Werk, angesiedelt im Pirnaer Industriepark „An der Elbe“ gegenüber von Möbel Graf, konnte mit dieser Technik nun auch neue Paletten herstellen, vollautomatisch, beinahe wie von Geisterhand. An einem Ende wurde ein Stapel Bretter eingelegt, am anderen Ende kam der fertige Warenträger heraus. Im Einschicht-Betrieb schafft die Maschine bis zu 10.000 neue Paletten – pro Woche.
Generell arbeitet Palosa schon seit Herbst 2021 in Pirna, zunächst mit einer Maschine, die gebrauchte Europaletten repariert. Dieses Aggregat war nach Wünschen des Geschäftsführers Thomas Müller eigens konstruiert und gebaut worden, eine solche Maschine gab es damals kein zweites Mal. Auch hier lief alles automatisch, die Anlage warf die reparierte und aufgearbeitete Palette erst hinten aus, wenn die Technik keinen Fehler mehr ortete.
Das Geschäft mit den Europaletten hatte bis dahin einen rasanten Aufschwung genommen, ein stark anziehender Online-Handel und globale Lieferketten entwickelten einen enormen Hunger auf die hölzernen Warenträger. Müller hatte daher schon 2016 beschlossen, sein Unternehmen zu vergrößern – mit einem Portfolio in Pirna, was in dieser Form bundesweit ziemlich einmalig ist. Doch zweieinhalb Jahre nach dem Produktionsstart in Pirna ist das Werk finanziell ins Trudeln geraten, Palosa ist zahlungsunfähig und hat Insolvenz angemeldet. Und die Perspektiven für die Zukunft sind nicht die besten.
Das vorläufige Insolvenzverfahren läuft
Das Insolvenzgericht des Amtsgerichts Dresden hat vor Kurzem ein sogenanntes vorläufiges Insolvenzverfahren über das Vermögen von Palosa angeordnet, Dr. Franz-Ludwig Danko aus Dresden wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Nach Aussage eines Sprechers des vorläufigen Insolvenzverwalters verschaffe sich Danko derzeit einen Überblick über die Lage und prüfe mögliche Optionen, den Betrieb zu sanieren und fortzuführen.
Den Insolvenzantrag hatte das Unternehmen selbst gestellt, ein Insolvenzverfahren wird nur eröffnet, wenn genügend Masse da ist, um zumindest die Verfahrenskosten zu decken. Auch diese Frage werde laut des Sprechers standardmäßig vom vorläufigen Insolvenzverwalter im Zuge seines Gutachtens geprüft. Die Entscheidung, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, entscheidet dann das Insolvenzgericht auf Grundlage dieses Gutachtens. Wann das gegebenenfalls sein wird, steht noch nicht abschließend fest.

Expansion von Kreischa nach Pirna
Dabei sah es anfangs durchaus nach einem Erfolgsmodell aus. Müller war 1999 in den Betrieb seines Vaters eingestiegen, der sich schon in den 1990er Jahren darauf spezialisiert hatte, beschädigte Europaletten zu reparieren, weil der Rohstoff einfach zu wertvoll war, um ihn zu entsorgen. Thomas Müller übernahm 2010 das Geschäft von seinem Vater, seither ist er Firmeninhaber und Geschäftsführer. Damals hatte das Unternehmen seinen Sitz noch in Kreischa.
Doch steigende Auftragszahlen verlangten nach einer Expansion, die sich in Kreischa mangels Platz nicht bewerkstelligen ließ. Auf der Suche nach einem passenden Standort kam der Kontakt zur Stadtentwicklungsgesellschaft Pirna (SEP) zustande. Doch statt eines Grundstückskaufes und eines eigenen Hallenbaus einigte man sich auf ein anderes Modell, das wie folgt aussah: Die SEP baut auf einem 8.500 Quadratmeter großen Areal im Industriepark, dass der SEP weiterhin gehört, eine 2.000 Quadratmeter große Halle nebst Bürotrakt. Kosten: reichlich zwei Millionen Euro.
Palosa mietete diese Halle von der SEP, der Mietvertrag war vorerst für zehn Jahre unterzeichnet worden, Mietbeginn war der 1. November 2021, los ging es zunächst mit einer Anlage. Finanzielle Unterstützung erhielt Palosa darüber hinaus von der „SIB Innovations- und Beteiligungsgesellschaft mbH“, eine hundertprozentige Tochter der Ostsächsischen Sparkasse Dresden. Sie übernimmt als stiller Gesellschafter bei expandierwilligen Firmen den für Kredite und Investitionen nötigen Eigenanteil. Zuletzt beschäftigte Palosa 16 Mitarbeiter.

Enormer Preisdruck im Markt
Doch nun ruht der Betrieb schon seit einiger Zeit, nach Auskunft von Dankos Sprecher sei die Produktion bereits zu dem Zeitpunkt zum Erliegen gekommen, als das Unternehmen den Insolvenzantrag gestellt hat. Die Ursache, dass das Palosa nach so kurzer Zeit in Pirna in finanzielle Schieflage geriet, seien die aktuellen Preise. Laut des Sprechers sei der Preisdruck im Markt für die Palettenaufbereitung momentan enorm hoch. Das sei für kleinere Anbieter ein großes Problem, auch wenn sie – wie Palosa – über eine hochmoderne Fertigung verfügen. Entsprechend seien die Aufträge stark zurückgegangen.
Auf die bestehenden Arbeitsverträge hat das Insolvenzverfahren keine Auswirkungen. Die Arbeitnehmer sind finanziell zunächst für die Monate März, April und Mai 2024 über das Insolvenzausfallgeld abgesichert. Für eine Aussage zur Zukunftsperspektive des Unternehmens sei es aber laut des Sprechers noch zu früh. Jetzt gehe es darum, die Optionen für eine Wiederaufnahme des Betriebes oder eine mögliche Investorenlösung zu prüfen. Wie die Aussichten dafür stehen, werde sich erst in den nächsten Wochen herauskristallisieren. Aber die Situation – soviel könne man sagen – sei sicherlich nicht einfach.