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So wird das Handy zur Geldbörse

Sparkasse und Volksbank starten neue Angebote. Noch sind viele Verbraucher skeptisch. Wie sich das ändern könnte.

Lesedauer: 3 Minuten

Sächsische Schweiz. Totgesagte leben länger – und haben manchmal sogar noch gute Karriereaussichten. Die Idee, das Smartphone zur Gelbörse zu machen, scheiterte schon einige Male. Start-ups bissen sich daran die Zähne aus, aber auch Mobilfunkanbieter begruben ihre Angebote einer nach dem anderen. Nun hauchen die Hightech-Riesen Google und Apple diesem Geschäft neues Leben ein. Banken und andere Geldinstitute wollen den Anschluss nicht verpassen und gehen gleichzeitig mit eigenen Entwicklungen an den Start. Zum Beispiel die Volksbank Pirna, die vor wenigen Tagen die Einführung ihrer Bezahl-App bekannt gab. Die SZ gibt einen Überblick, was möglich ist und ob es sich lohnt.

Wie funktioniert das kontaktlose Bezahlen mit dem Handy? 

Über eine spezielle Schnittstelle können moderne Handys mit Kassen und Terminals Daten austauschen, sofern sie nah genug an das Terminal gehalten werden. Zum Zahlungsmittel wird das Telefon erst dadurch, dass die Informationen zu Kredit- und Giro-Karten (früher EC-Karte) von einer App hinterlegt werden. Damit übernimmt das Telefon die Funktion ebendieser Geldkarten. Fällige Beträge werden einfach vom jeweiligen Konto abgebucht. Bis 25 Euro reicht das Dranhalten, darüber muss der Kunde die Zahlung freigeben.

Aber: Das alles funktioniert nur, wenn die App auf die NFC-Schnittstelle des Handys zugreifen darf. Bei Android-Smartphones – und auch Smartwatches – ist das der Fall, bei den Geräten von Apple (noch) nicht.

Welche Vorteile hat man als Verbraucher? 

Wenn man das Handy sowieso immer dabei hat, muss man Bargeld oder das Portemonnaie mit Giro- oder Kreditkarte nicht mitschleppen. Wie schon bei den Geldkarten mit NFC-Symbol (vier angedeutete Schwingen) geht das Bezahlen von kleineren Beträgen recht unkompliziert.

Wer kann das Angebot überhaupt nutzen? 

Erst mal nur die Kunden von bestimmten Banken. So hat Google Pay in Deutschland folgende Partner: Commerzbank, Comdirect, BW-Bank, N26 und Boon. In allen Fällen können nur Visa- oder Mastercards hinterlegt werden. Das schränkt wiederum den Kreis der Akzeptanzstellen ein. Auch Kunden der Deutschen Bank können ihre Smartphones fürs kontaktlose Bezahlen nutzen – dafür hat das Geldinstitut bereits 2017 als erste Bank in Deutschland, wie Sprecher Christian Hotz sagt, eine eigene App herausgebracht. Mit so einer App ist nun auch die Volksbank Pirna gestartet, die Volksbank Dresden-Bautzen will bis Jahresende nachziehen. Besonderer Vorteil für die Kunden in Pirna: Hier kann auch die Giro-Karte hinterlegt werden. Noch ist die Nutzung kostenlos, angedacht ist aber, in Zukunft für das Hinterlegen einer Karte einmalig einen Fixbetrag zu verlangen.

Die Ostsächsische Sparkasse Dresden wird ihre Bezahl-App ab November anbieten, wie Sprecher Andreas Rieger sagt. Zunächst können Girokarte („Sparkassencard“) und Mastercard hinterlegt werden. Kostenlos, wie Rieger weiter sagt.

Zuvor hatte die Sparkasse bereits die Bezahl-App Blue Code – eine Entwicklung aus Österreich – eingeführt. Hier wird für jede Zahlung ein eigener Barcode generiert, um die Transaktion abzuwickeln. Bislang wird Blue Code in Konsummärkten, im Pirnaer Geibeltbad und in der Kantine des Freitaler Technologiezentrums akzeptiert. Der Kreis soll noch wachsen.

Wie sieht es mit Akzeptanzstellen für das Bezahlen mit dem Handy aus? 

Grundsätzlich kann man an Kassen-Terminals für EC- und Kreditkarten das Smartphone einsetzen – sofern sie bereits umgerüstet sind. Das erkennt man am Funksymbol. Deutschlandweit beherrschen bereits 500 000 Terminals NFC, 300 000 müssen noch dafür fit gemacht werden.

Was haben die Banken, Händler und andere Anbieter davon? 
Die Bereitstellung von Scheinen und Münzen kostet. Geld muss gedruckt, ausgetauscht, transportiert; Automaten müssen bestückt und gewartet werden. Da können die Unternehmen viel sparen. Bei den Händlern sieht das ähnlich aus. Aber bargeldlos ist für sie nicht automatisch billiger – schließlich bezahlen sie Provisionen an die Kartenanbieter.

Für die Internetgiganten lohnt sich das Angebot schon: Sie bekommen Zugriff auf Zahlungsdaten, die sie statistisch auswerten können. Der gläserne Kunde wird noch ein Stück transparenter. Bislang wusste Google, wonach die Leute im Internet suchen. Jetzt weiß es auch, was wie oft und zu welchem Preis gekauft wird. Google hat zumindest mitgeteilt, die Daten nicht für das Anzeigengeschäft zu verwenden.

Wird sich das Angebot überhaupt durchsetzen? 

Deutsche lieben ihr Bargeld. Fast jede zweite Zahlung wird mit Scheinen und Münzen erledigt. Allerdings betrug der Anteil der Barzahlungen noch vor zehn Jahren knapp 60 Prozent, jetzt eben weniger als 50 Prozent. Das geht aus einer Umfrage der F.A.Z. hervor. Bei einer SZ-Umfrage haben 48 Prozent der Teilnehmer gesagt, Bezahlen mit dem Handy wird sich durchsetzen. Allerdings sagten 60 Prozent auch, dass sie geringes oder gar kein Vertrauen zu dieser Zahlungsmethode haben.

Ein Teil der Smartphone-Besitzer bleibt zudem bislang außen vor. Erst gegen Ende des Jahres soll Apple mit dem kontaktlosen Bezahlsystem für das iPhone an den Start gehen. Viel hängt davon ab, welche Banken und Sparkassen bei Google und Apple mitmachen bzw. eigene Apps etablieren. Die Deutsche Bank und die Hypovereinsbank kündigen an, dass sie noch in diesem Jahr Apple Pay einführen werden. Auch bei Volksbank und Sparkasse heißt es, es gebe Verhandlungen dazu.

Entscheidend wird sein, wo überall das Telefon für Zahlungen eingesetzt werden kann. Erst wenn das auch für ganz alltägliche Dinge wie zwei Brötchen oder einen Fahrschein geht, wird das ein Angebot, das sich durchsetzen wird.

 

Von Domokos Szabó

Bildquelle: Robert Michael, Heidemarie Koerner

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