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Stirbt der Beruf des Steinmetzes aus?

100 Azubis gibt es an der Steinmetzschule Demitz-Thumitz. Doch immer weniger von ihnen sind Oberlausitzer.

Lesedauer: 3 Minuten

Vorsichtig streicht Josef Schütze über die Oberfläche eines quadratischen Steines. Flecken in Schwarz und Weiß sind darauf zu sehen, die Oberfläche ist leicht rau. "Geflämmte Fläche", steht darunter. Fragend blickt der Auszubildende zu Uwe Steglich, der die Sächsische Steinmetzschule in Demitz-Thumitz leitet. Dieser erklärt: "Wenn der Stein erhitzt wird, dehnt sich das Quarz aus und platzt aus dem Rest des Gesteins heraus. Das gibt diese raue Oberfläche – und nennt sich geflämmt."

Josef Schütze ist einer von etwa 100 Auszubildenden an der Steinmetzschule, die zum BSZ für Wirtschaft und Technik in Bautzen gehört. Gemeinsam mit Max Hempel, der ebenfalls im ersten Lehrjahr der Ausbildung steckt, und mit dem Schulleiter Uwe Steglich steht er in einem kleinen Raum mit flacher Decke : der Museumsraum. Relikte vieler Jahre Steinmetzausbildung sind hier ausgestellt, Tradition zum Anfassen. Alte Werkzeuge liegen dort, Schriften lagern unter Glas und Granit ist da in jeglichen Farben und Formen.

Seit 1908 gibt es die Schule in der Region, die für das hohe Steinvorkommen bekannt ist – "die einzige Steinmetzschule im Osten Deutschlands", erklärt Steglich. Aus ganz Sachsen, Thüringen und Brandenburg kommen angehende Steinmetze hier her und lernen, wie sie Fassaden, Treppen oder eben Grabsteine gestalten können.

Es lässt sich kaum leugnen, dass diese Schule eine Besonderheit ist – und doch: Immer weniger Steinmetze und Steinbildhauer gibt es im Landkreis Bautzen. Während es im Jahr 2010 noch 44 Betriebe im Bautzener Landkreis gab, gab es im Herbst 2018 schon nur noch 35. "Viele Betriebe sind überaltert und lösen sich auf, weil sie keinen Nachfolger finden", erklärt Björn Härting, Obermeister der Steinmetzinnung Ostsachsen . "Gerade im Oberland gibt es immer weniger Betriebe." Das hat verschiedene Gründe. Zum einen wird in der Oberlausitz immer weniger Werkstein hergestellt. Zum anderen "hat sich auch die Bestattungskultur geändert. Es gibt heutzutage mehr Gemeinschaftsgräber, weniger Steine werden gebraucht", sagt Härting. Auch das Handwerk an sich schwinde: Oftmals nehmen Maschinen den Handwerkern große Teile der Arbeit ab. "Ich sehe die Gefahr, dass traditionelle Handwerkstechniken verschwinden", sagt Härting. In den vergangenen Jahren habe es in der Innung keine neuen Bewerbungen gegeben, während es davor so viele gab, dass Absagen erteilt werden mussten. Viel Nachwuchs erlernt all sein theoretisches Wissen im Kreis Bautzen, doch im Landkreis selber fehlt der Nachwuchs. Geht der Beruf mit Tradition verloren?

Keiner der Auszubildenden an der Steinmetzschule komme derzeit aus dem Kreis Bautzen, sagt Steglich. Aber es gibt sie, die jungen Menschen, die noch immer ein Faible für das kalte und alte Material haben. Schon als Kind sammelte Josef Schütze, der seine Ausbildung bei Dünnbier in Großschönau bei Zittau absolviert, beim Spazierengehen Steine. "Ich hatte immer die Taschen voll", sagt der 16-Jährige und grinst. Zwei ganz besondere Funde hatte er dabei im Frühjahr des vergangenen Jahres: Auf einem Feld fand er zwei Drusen, ovale Steine, in denen Mineralien eingeschlossen sind. In seinem Fall: weiß glitzernd.

Auch Max Hempel aus Neusalza-Spremberg wusste schon früh, welchen Beruf er ergreifen möchte. Schon im Kindergarten war ihm das klar. Dem Mann, der sich selbst als geschichtsinteressiert bezeichnet, ist wichtig, dass das Handwerk erhalten bleibt. Viele Steinmetzbetriebe sind Familienbetriebe – und auch er hat so in den Beruf gefunden. Sein Vater und sein Großvater waren Steinmetze, später möchte der 17-Jährige zu seinem Vater in den Familienbetrieb Pedag. "Das Handwerk hat für mich eine große Bedeutung", sagt er. "Vor allem alte Fotos faszinieren mich." Er erinnert sich an eines, auf dem ein Mann in einem Steinbruch sitzt und mit Fäustel und Spitzeisen einen Stein bearbeitet.

Auch er lernt gerade, mit diesen Werkzeugen umzugehen und arbeitet an Bossensteinen. "Das sind Steine mit gesägten Flächen. Ich schlage die Kante weg, sodass es natürlich aussieht", erklärt er. Viel Muskelkater hat ihm das in den ersten Wochen eingebracht. "Aber so langsam", sagt er, "habe ich die Technik raus." Es ist eine Aufgabe, die noch nicht von Maschinen erledigt wird.

 

 

Von Theresa Hellwig

Foto: Steffen Unger

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