Es ist ein kurzer Zweizeiler im neuen Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Sachsen: „Für ein strategisches Größenwachstum und die Umsetzung von Innovationssprüngen prüfen wir die Errichtung einer Zukunftsstiftung“. Doch Bodo Rodestock, Vorstand für Finanzen, Personal und IT der VNG AG, Eric Weber, Gründer des Spin Lab in Leipzig und Christophe Hug, Gründer und Geschäftsführer der Tilia GmbH in Leipzig, sind zufrieden, dass sie ihre Idee im Koalitionsvertrag verankern konnten. „Wir konnten nicht nur mehr als 100 Unternehmer begeistern, die inzwischen hinter der Idee einer Gründung stehen, sondern auch in die Politik vordringen“, sagt Rodestock.
Worum geht es? Sachsen muss langfristig wirtschaftlich erfolgreicher agieren, um die Herausforderungen der Zukunft wie Digitalisierung, Dekarbonisierung und Alterung der Gesellschaft meistern zu können. Industrieansiedlungen, Wirtschaftsförderung und Schaffen von Arbeitsplätzen würden von den Menschen im Freistaat zwar als Chancen gesehen. Doch würden die Landesregierung, Banken und Unternehmen selbst von zu viel Bürokratie bei der Vergabe von Fördermitteln und komplizierten politischen Regelungen ausgebremst werden.
Landesstiftung als zusätzliches Finanzierungsinstrument für Investitionen
Daher haben sich die drei Manager aus Leipzig vor zwei, drei Monaten zusammengefunden, um die Idee einer „Sächsischen Zukunftsstiftung“ ins Leben zu rufen. Sie könnte auf Basis eines wirtschafts- und industriepolitischen Konzepts viel schneller entscheiden und unabhängig von kurzfristigen Haushaltszwängen investieren. „Es gibt sehr viele innovative Projekte. Aber wir bekommen sie in Deutschland und Europa nicht schnell umgesetzt wie in China oder den USA“, so Eric Weber. Eine Landesstiftung könnte da als ein zusätzliches Finanzierungsinstrument ähnlich wie in anderen Bundesländern helfen, weil sie „sehr agil und flexibel“ agieren könnte.

Quelle: Anika Dollmeyer
Die „Sächsische Zukunftsstiftung“ soll langfristig in nachhaltige Zukunftsprojekte im Bereich Wirtschaft, Forschung, Technologie und wirtschaftsnahe Gesellschaftsthemen investieren, um die Wettbewerbsfähigkeit Sachsens zu stärken. Aber die inhaltlichen Schwerpunkte sollen nicht zu eng abgesteckt werden. „Unsere Idee ist, dass genau die Flexibilität dieser Stiftung eine Stärke sein kann“, sagt Christophe Hug. Im Kern gehe es darum, mehr Unternehmertum zu wagen. Es brauche eine Aufbruchsstimmung. „Das schafft Wertschöpfung, das schafft Arbeitsplätze in der Region und ist ein Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt“, fasst Rodestock die Vision zusammen. Eine Zukunftsstiftung kann auch ein Weg sein, den Zukunftsängsten vieler Menschen zu begegnen.
Startpunkt wichtiger als Startkapital
Eine Summe für das Startkapital nennen die drei nicht. Aber klar ist, die Kapitalausstattung müsste anfangs aus Landesmittel erfolgen. Woher das Geld angesichts leerer Haushaltskassen kommen soll, auch dafür gibt es Ideen. Mögliche Quellen für dieses Sondervermögen könnten der Generationenfonds, Strukturmittel für den Kohleausstieg oder Sondereinnahmen aus Privatisierungen und den Bitcoin-Verkaufserlösen sein. Wichtig sei nicht für den Beginn ein hohes Stiftungsvermögen, sondern das dieses Instrument überhaupt etabliert wird. Denn nur wenn es die Stiftung gibt, könnte das Stiftungsvermögen in der Zukunft durch private Zustiftungen aus Unternehmerkreisen vergrößert werden. „Gerade bei einem angespannten Landeshaushalt ist es der richtige Moment, jetzt dieses Instrument zu schaffen, dass uns in der Zukunft helfen kann“, sagt Eric Weber.
Thüringen, die mit der „STIFT“ schon seit den 1990er Jahren eine Landesstiftung haben, hätten mit kleinen Beträgen begonnen, heißt es. „Das Ziel muss sein, eine langfristig substanzielle Stiftung zu generieren, die einen Kapitalstock hat, der einen Handlungsspielraum für Investitionen ermöglicht“, ergänzt Rodestock. Die Finanzierungsspielräume der Stiftung ergeben sich durch die renditeorientierte Kapitalanlage in Sachsen. Ein Teil der Erträge soll zum Inflationsschutz den Kapitalstock vergrößern, während der verbleibende Teil für Zukunftsprojekte eingesetzt werden kann. Die Initiatoren der Stiftung streben keine wirtschaftlichen Überschüsse an, sondern wollen zu einem widerstandsfähigen, zukunftssicheren Freistaat beitragen.

Quelle: PR/Tilia
Auch für den Aufbau der Stiftung gibt es schon klare Vorstellungen: Ein Vorstand mit Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft soll die Leitung der Stiftung leiten übernehmen. Das Kuratorium mit Vertretern und Vertreterinnen aus der Landesregierung, Wirtschaft und Wissenschaft unterstützt und überwacht die Verwendung der Mittel und strategische Ausrichtung. Die Geschäftsstelle organisiert die administrativen Abläufe, betreut Förderprojekte und sorgt für Öffentlichkeitsarbeit. Regelmäßige Evaluierungen stellen den wirtschaftlichen Nutzen und die Innovationskraft sicher. Durch regelmäßige Berichte und externe Prüfungen entstehe Transparenz, betonen die Initiatoren.
Zukunftsagentur und Zukunftsstiftung sollen sich ergänzen
Und wie grenzt sie sich gegenüber der neuen Zukunftsagentur ab, die die neue Landesregierung errichten will? Nach dem Zweizeiler zur Zukunftsstiftung steht im Koalitionsvertrag unmittelbar im Anschluss ein sehr konkreter Absatz zu einer Zukunftsagentur. Dahinter verbirgt sich die Absicht, die Aktivitäten der Wirtschaftsförderung GmbH, der Gründerplattform Futuresax und der Sächsischen Energieagentur in einer Dachgesellschaft zu bündeln.
Eric Weber wertet es als ein positives Signal, „das man sehr an diesem Wort Zukunft hängt und sich an der Zukunft orientiert.“ Der Spin Lab-Chef sieht da keinerlei Abgrenzungsprobleme, Zukunftsstiftung und Zukunftsagentur könnten voneinander profitieren. Im Unterschied zur Zukunftsagentur wäre die Zukunftsstiftung ein völlig neues Instrument, das als Stiftung sich selbst gehört und von Zivilgesellschaft und Politik gemeinsam getragen wird.
Auch würde die Zukunftsstiftung nicht im Wettbewerb zu anderen Förderinstitutionen des Freistaates stehen wie der Sächsischen Aufbaubank oder der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft. Vielmehr könnten sich alle Institutionen sinnvoll ergänzen, da eine Stiftung schneller agieren kann, so Bodo Rodestock. Projekte könnten gemeinsam umgesetzt und finanziert werden, für die keine passenden Förderprogramme bestehen.
Der Zweizeiler im Koalitionsvertrag ist der Auftakt zum Dialog mit der Politik, den die Initiatoren und ihre Unterstützer nun intensivieren wollen. Auch die drei sächsischen Industrie- und Handelskammern (IHK) gehören zum Unterstützerkreis. Andreas Sperl, Präsident der IHK Dresden, reicht der Zweizeiler offenbar nicht aus. Er betonte am Montag bei einem Medienfrühstück, dass die Schwerpunktforderung der Kammern nach einem neuen strategischen Investitions-Instrument nicht erfüllt sei. „Eine Zukunftsstiftung mit einem klaren Fokus auf die Wirtschaft eignet sich besser als der geplante Sachsenfonds, Wachstumsimpulse zu setzen, losgelöst von parteipolitischen Präferenzen“, so Sperl.
„Neue Wege“ gehen, dass will die Politik und die Wirtschaft. „Viele Unternehmen unterstützen diese Idee und deshalb sind wir bereit weiterzugehen und stehen für Gespräche bereit“, schickt Christophe Hug eine Einladung in Richtung Landesregierung.
SZ