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Warum ein Unternehmer aus Dresden von der Baubranche zur Pflege wechselt

Rainer Maas kam nach der Wende nach Dresden – zur Goldgräberzeit, wie er sagt. Jahrelang baute er Häuser, nun betreibt er einen Pflegedienst. Denn Bauträger bekämen ihre Wohnungen nicht mehr los: „Die sterben wie die Fliegen.“

Lesedauer: 4 Minuten

Theresa Hellwig

Dresden. Rainer Maas trägt ein grün-glänzendes, gemustertes Hemd. Er lehnt sich im Stuhl zurück. „Ich kann von überall aus arbeiten“, sagt der Unternehmer. „Das ist praktisch: Ich brauche nur meinen Kopf und meinen Laptop.“ Der 65-Jährige wohnt deshalb abwechselnd in Dresden und Wien, ab und zu arbeitet er auch von ganz anderen Orten aus. Jahrelang war er in Dresden als Investor, als Bauunternehmer bekannt. Er errichtete zum Beispiel die Pegasus-Wohnanlage in Striesen. Heute kennen die Dresdner den Namen eher in anderem Zusammenhang: „Pegasus“ ist jetzt auch der Name eines Pflegedienstes.

Es ist der Pflegedienst von Rainer Maas. Seinen Standort hat er in der gleichnamigen Siedlung. Von der Baubranche in die Pflege: Wie kommt es zu diesem Wechsel?

Pflegedienst-Entschluss gemeinsam mit seinem Sohn

„Die Idee, einen Pflegedienst zu betreiben, kam mir vor anderthalb Jahren“, sagt Rainer Maas. „Damals wurde mir ein Pflegedienst in der Neustadt angeboten. Ich habe mich tief in das Thema eingearbeitet – aber am Ende wurde nichts aus dem Deal.“ Er habe sich mit seinem Sohn beraten. Dann entschieden die beiden: „Das können wir selbst.“

Zum 1. Oktober 2024 stellte Rainer Maas eine Pflegedienstleitung ein, kaufte Einrichtung und Fahrzeuge, fand nach und nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mittlerweile sind es 13 an der Zahl. „Wir wachsen schnell“, sagt er. Personalmangel? Fehlanzeige: „Wir stellen jeden Monat ein bis zwei Neue ein und haben keine Probleme, die Stellen zu besetzen.“

Viele in der Pflege wollen wechseln – Maas profitiert davon

Er erlebe die Lage eher so, dass es in der Branche viele Wechsler gebe. „Alle haben mich gewarnt, es gebe doch so einen großen Pflegepersonalmangel“, sagt er. Wieso das bei ihm so gut klappt? Er zuckt mit den Schultern. „Viele wollen dort, wo sie sind, weg.“ Bei ihm gebe es ein paar zusätzliche Bonuszahlungen, sagt er. „Wir halten uns ansonsten an die tariflichen Vorgaben und mir ist ein gutes Arbeitsklima wichtig.“

Nicht nur auf Personalebene wächst sein Unternehmen, sondern auch auf Patientenebene. „Wir bekommen etwa jeden Tag einen neuen Patienten dazu“, sagt Rainer Maas. Etwa 80 Personen betreue sein ambulanter Pflegedienst derzeit. „Ambulante Pflegedienste werden von der Politik gut unterstützt. Anders als Pflegeheime.“

Mir sagen immer alle, dass ja auch im ländlichen Raum Bedarf ist – aber ich möchte, dass es überschaubar bleibt. Deshalb konzentriere ich mich auf die Stadt Dresden. – Rainer Maas, hat einen Pflegedienst eröffnet

Der Pegasus-Pflegedienst: Er läuft. So gut, dass es im Kopf von Rainer Maas schon wieder arbeitet. Er will einen neuen Standort in der Johannstadt errichten: Eröffnet werden soll er voraussichtlich im Januar. Und auch die nächsten Standorte hat er schon im Blick: Löbtau, Bühlau, Leipziger Vorstadt, vielleicht das Schweizer Viertel. „Mir sagen immer alle, dass ja auch im ländlichen Raum Bedarf ist – aber ich möchte, dass es überschaubar bleibt. Deshalb konzentriere ich mich auf die Stadt Dresden.“

Was hingegen nicht mehr lief, war die Baubranche. Und deshalb kehrte Rainer Maas ihr den Rücken zu.

Er macht keine Neubauten mehr

Seit 1988 war er in der Branche tätig. „Ich habe eigentlich alles gemacht, was es da so gibt“, sagt er und zählt auf: „Immobilienhandel, Aufteilerobjekte, geschlossene Immobilienfonds, Sanierungen, Neubauten, Hausverwaltungen, Baufinanzierung.“ Jetzt mache er keine Neubauten mehr. Die Hausverwaltung betreibe er weiter. „Die Baupreise sind mittlerweile einfach zu hoch“, erklärt er. „Bauträgerei lohnt sich nicht mehr“, findet er.

Noch immer habe er einen großen Eigenbestand: Etwa 60.000 Quadratmeter überwiegend Wohnfläche, verteilt auf etwa 50 Immobilien, zählen in den Bestand seiner Aaron-Firmengruppe. Diese vermiete, saniere – und eben verwalte die Gruppe. Mittlerweile, sagt er, habe sein Sohn davon allerdings einen Großteil übernommen. „Alexander ist Bauingenieur, hat in Dresden studiert und liebt seine Heimat über alles“, sagt Rainer Maas. „Er ist mein Sonnenschein.“

Viele Bauträger haben Probleme. Die werden gerade alle ihre Eigentumswohnungen nicht mehr los und sterben wie die Fliegen. – Rainer Maas

Mit dem „Thema Neubauten“ habe er aber 2017, mit der Pegasus-Wohnanlage, abgeschlossen. „Viele Bauträger haben Probleme“, sagt er. „Die werden gerade alle ihre Eigentumswohnungen nicht mehr los und sterben wie die Fliegen.“ Die Quadratmeterpreise, die neue Eigentumswohnungen heute kosten, könnten die Menschen sich eben einfach nicht mehr leisten. „Früher waren Wohnungen verkauft, bevor die gebaut waren – heute stehen sie oft lange leer.“

Zum richtigen Zeitpunkt habe er sich von der Branche weitestgehend verabschiedet. Nicht das einzige Mal im Leben, dass Rainer Maas ein Gespür, ein Händchen für den richtigen Moment hatte.

Einst arbeitete der Hesse als Arzt

So kam der Hesse, der Medizin und Jura studiert hat, nach der Wende nach Dresden. Vorher hatte er als Allgemein- und Sportarzt gearbeitet; „die Praxis lief brutal gut“, erinnert er sich. „Ich habe ab dem Ende der 1980er-Jahre parallel als Arzt und im Immobilienbereich gearbeitet“, sagt er. „Wegen des enormen Arbeitsanfalls musste ich mich für einen Weg entscheiden – und ich habe den Immobilienbereich gewählt.“ Das habe er nie bereut. 1995 verkaufte er die Arztpraxis.

Die Zeit, in der er dann nach Dresden kam, nennt er „Goldgräberzeit“. „Ich bin dann hier hängen geblieben, das ist eine tolle Stadt.“ Neben Dresden baute er in Polen, in der Ukraine, in Südafrika. „Stimmt, dafür muss man risikofreudig sein und sich tief einarbeiten“, sagt er, nach seinem Erfolgskonzept gefragt. „Aber es ist auch ein paarmal etwas schiefgegangen.“

Er denkt nichts ans Aufhören

So habe er mal ein Flugzeug besessen und vermietet – doch dann kam 2008 die Bankenpleite und die Preise verfielen. Und in Erfurt habe er einmal ein Haus erworben, das von Hausschwamm befallen war. Da habe er sich schlecht beraten lassen.

65 Jahre ist er jetzt alt – Zeit für Ruhestand? Er schüttelt den Kopf: „Mir macht das zu viel Spaß“, sagt er. Solange er genug Zeit hat, um täglich Sport zu machen, Schach und Klavier zu spielen sowie gut mit Freunden zu essen, sei er glücklich. Und dann ist da noch seine eigene Eventagentur, mit der er klassische Konzerte organisiert. So lange all das läuft, denkt er nicht ans Aufhören.

SZ

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