Dresden. Mehrere sächsische Städte und Gemeinden fordern, die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten zu reduzieren oder gar zu streichen. Nach SZ-Informationen wird dies derzeit in einem Gesetzesvorschlag innerhalb des Innenministeriums diskutiert.
Derzeit arbeiten in Sachsen 41 hauptamtliche kommunale Gleichstellungsbeauftragte in Orten mit mehr als 17.000 Einwohnern. Sie sind Ansprechpartner für die zunehmende häusliche Gewalt, stärken Frauen, über Fortbildungen in Führungspositionen zu gelangen. Ein Beispiel: 49 Frauen arbeiten in Sachsen als Bürgermeisterinnen – dagegen gibt es 418 Bürgermeister. Daran wollen Gleichstellungsbeauftragte etwas ändern. Im Rahmen dessen wurde etwa das Frauen.Wahl.Lokal Oberlausitz gegründet, dass sie ermutigt, politisch aktiv zu werden.
Gleichstellungsbeauftragte helfen bei häuslicher Gewalt
Ziel der Gleichstellungsbeauftragten ist es auch, Frauen in der Region zu halten, etwa mit dem Programm F-wie Kraft in der Lausitz, denn dort gibt es immer weniger Frauen als Männer.
Doch den Kommunen ist das zu viel Bürokratie. Sie fordern im Rahmen eines „Kommunalen Freiheitsgesetzes“ mehr Selbstbestimmung. Dazu gehöre auch, dass die Kommune wieder ohne gesetzliche Vorgaben selbst entscheiden könne, ob sie für bestimmte Aufgaben Beauftragte bestellt, erklärt Geschäftsführer Mischa Woitscheck vom Sächsischen Städte- und Gemeindetag. Demzufolge habe das Innenministerium erste Überlegungen zusammengetragen, wie Kommunen mehr Freiheiten erhalten. Eines davon: das Beauftragtenwesen reduzieren.
Ziel des Kommunalen Freiheitsgesetzes: Nicht mehr alles aus Dresden regeln
Das CDU-geführte Innenministerium selbst hält sich auf Anfrage von SZ und LVZ bedeckt. Ziel des Kommunalen Freiheitsgesetzes sei es, Regelungen zu finden, die „nicht mehr zentral aus Dresden für alle festgelegt werden müssen“, sondern vor Ort eigenständig entschieden werden, sagt ein Ministeriums-Sprecher.
In der Minderheitskoalition stößt der Vorschlag auf Kritik. Das SPD-geführte Sozialministerium spricht sich klar gegen eine Schwächung oder Abschaffung aus. „Kommunale Gleichstellungsbeauftragte spielen eine Schlüsselrolle: Sie stärken engagierte Frauen und fördern deren Beteiligung“, sagt die sächsische Sozialministerin Petra Köpping (SPD).
Auch die Bündnisgrünen kritisieren den Vorstoß. „Das Innenministerium sollte diese abwegige Idee schleunigst verwerfen“, so Katja Meier als ehemalige Gleichstellungsministerin (Grüne). Sie hatte die Einführung des Gleichstellungsgesetzes 2024 im öffentlichen Dienst vehement vorangetrieben.
Gleichstellungsbeauftragte kosten Dresden 1,5 Millionen Euro
Seit 1993 legt die Sächsische Gemeindeordnung fest, dass eine Kommune Gleichstellungsbeauftragte bestellen muss. Zu verwechseln sind sie nicht mit den internen Gleichstellungsbeauftragten, die in der Verwaltung eingesetzt werden. Kommunale Gleichstellungsbeauftragte sollen vielmehr die Chancengerechtigkeit in der Region stärken.
In Dresden arbeitet eine Gleichstellungsbeauftragte mit vier zuständigen Mitarbeitern. Das macht Personalkosten von rund 325.000 Euro pro Jahr. Darüber hinaus stehen ihnen 1,2 Millionen Euro zu. Damit haben sie etwa den Girls/Boys Day organisiert, Studien zu sexualisierter Gewalt durchgeführt, Veranstaltungen zum Thema LGBTQ organisiert.
Der Städtetag räumt ein, dass mit dem Freiheitsgesetz die kommunale Selbstverwaltung gestärkt werden könne. Innenminister Armin Schuster (CDU) hatte bereits vergangenes Jahr verkündet: „Vor Ort weiß man meist am besten, was es vor Ort braucht.“ Viel zu viele Regelungen würden die Kommunen einengen und überlasten. Daniela Kolbe, stellvertretende Vorsitzende des DGB Sachsen, bezeichnet den Vorschlag als „plump“: Die Entlastung der Kommunen sei notwendig, aber man solle bestehende Standards nicht abbauen.
SZ