Dresden. Ganz schön schwer, das kurze Rohrstück in den Händen von Marcel Fink. Viel Kupfer steckt in so einer Plasmafackel, die Gase auf 3000 Grad erhitzen soll. Der Materialwissenschaftler mit Doktortitel trägt das Anlagenteil trotzdem gerne durch die Produktionshalle und hält es gut fest. Schließlich sei die Plasma-Anlage wie sein drittes Kind, sagt der Dresdner, der zwei echte Kinder hat.
Marcel Fink arbeitet daran, die Mikrochipfabriken mithilfe von Plasmatechnologie umweltfreundlicher zu machen. Was er entwickelt, wird bald in den großen Dresdner Hightechbetrieben zum Einsatz kommen, wahrscheinlich auch in Fabriken in Übersee. Denn Finks Arbeitgeber, das Dresdner Umwelttechnologie-Unternehmen DAS Environmental Expert GmbH (DAS EE), hat 950 Beschäftigte und Niederlassungen in sieben Staaten.
Treibhausgas fällt beim Ätzen in Chipfabrik an
Die Dresdner verstehen sich als Saubermacher einer großen Branche. Sie stellen Anlagen her, die Abgase und Abwasser reinigen. Marcel Fink bringt als Produktmanager Hochtechnologie und Nachhaltigkeit zusammen. Ihm geht es darum, giftige Gase und Treibhausgase unschädlich zu machen.
Einer der Gegner ist das Treibhausgas CF4, tausendfach klimaschädlicher als Kohlendioxid. In Mikrochipfabriken fällt dieses Gas an, wo feine Strukturen auf Siliziumscheiben aufgebracht oder eingeätzt werden.
Reinigungstechnik passt oft nicht in den Reinraum
Fink kennt die Herstellungsschritte in den Halbleiterwerken. Er weiß auch, dass in ihren teuren Reinräumen mit den Produktionsanlagen wenig Platz ist, dass von dort Rohre in die „Subfabs“ eine Etage tiefer führen. Dort müssen die Metallschränke mit der Reinigungstechnik von DAS EE Platz finden.
Weil die CF4-Moleküle sehr stabil sind, würden sie in der Atmosphäre als Treibhausgas Tausende Jahre lang Schaden anrichten. Doch große Hitze kann die schädlichen Verbindungen aufbrechen. In den Chipfabriken übernehmen bisher Brennerwäscher diese Aufgabe: Erdgas heizt die Gase auf, Sprühdüsen sorgen dafür, dass Partikel ausgewaschen werden.

Quelle: Rene Meinig
Doch auch Erdgasverbrennung ist klimaschädlich. Daher will Fink die herkömmlichen Brenner durch Plasmabrenner ersetzen. Die lassen sich mit Strom betreiben statt mit Erdgas, möglichst mit Strom aus erneuerbaren Quellen. „Man braucht nur die Hälfte der Energie“, sagt Produktmanager Fink. Ein Plasma, der vierte Aggregatzustand neben fest, flüssig und gasförmig, besteht aus hochenergetischen Teilchen, die besonders reaktionsfreudig sind.
DAS EE nutzt die Eigenschaften des Plasmas, um sogar sogenannte Ewigkeitschemikalien aufzubrechen. Dazu gehören perfluorierte Chemikalien, da sie in der Natur kaum abgebaut werden.
Umwelttechniker will auch seine Kinder schützen
Fink räumt ein, dass die Plasmatechnologie für ihn ein neues Thema war, als er sich auf die ausgeschriebene Stelle bei DAS EE bewarb. Doch den 40-Jährigen reizte der Gedanke, Umwelttechnologie voranzubringen. Er möchte, dass seine Kinder eine Zukunft in einer Welt haben, die möglichst wenig dem Klimawandel unterliegt.
Seine Doktorarbeit hat Fink über Thermodynamik geschrieben, beim Studium in Jena waren metallische Werkstoffe sein Schwerpunkt. Die führten ihn nach Dresden, zu seiner ersten Stelle in einem Fraunhofer-Institut. Auch in einem Jungunternehmen sammelte der Doktor-Ingenieur Erfahrung, als technischer Leiter eines Projekts mit mobilen thermischen Speichern.
Wer so vielseitig interessiert ist, bastelt auch gerne: Daheim hat er Fernseher und iPhone repariert sowie Fahrräder neu aufgebaut. Mit dem Rad legt Fink auch die Strecke zur Arbeit von Bühlau nach Leubnitz-Neuostra zurück – und abends wieder mit Muskelkraft die Grundstraße hinauf. Allerdings arbeitet er auch manchmal in Homeoffice.
Viele Prozesse sind notwendig, um Chips herzustellen, und damit es sauber passiert. – Dr. Marcel Fink, DAS Environmental Expert GmbH
Fink möchte allerdings nicht den Eindruck erwecken, er alleine bringe bei DAS EE die Plasmatechnologie voran. Zwar sagt die Entwicklungsingenieurin Dr. Liliana Kotte, sie dürfe nur machen, was Dr. Fink freigebe. Doch sie arbeitet daran, die Plasmaquelle schlanker und effektiver zu machen. Im Labor misst sie die Zerstörungsrate beim Einsatz der Hitze.
Dienstreisen zu Kunden nach China
Produktmanager Fink dagegen hält die Verbindung zu den Kunden, um deren Wünsche an die Anlagen umzusetzen. Sie dürfen wie beim Autokauf bestimmte Optionen auswählen. Dieses Jahr ist Fink schon in China gewesen, zuvor in den USA, in Taiwan und Korea – auf Messen oder bei Fabrikanten. Die ersten Plasma-Anlagen von DAS EE laufen seit einigen Monaten bei Kunden zum Test.
Der Wechsel von den gasbetriebenen zu den Plasma-Anlagen dürfte in den Dresdner Chipfabriken schnell vorangehen, sagt die Halbleiterchemikerin Dr. Ute Marek, die bei DAS EE für Qualitätssicherung, Umwelt und Arbeitsbedingungen zuständig ist. Sie sei selbst überrascht gewesen von dem geringeren Energieverbrauch. Sie rate Fabrikplanern, noch stärker aufs Energiesparen zu achten, auch bei Kühlwasser und Druckluft.
DAS EE beschäftigt alleine in seiner Dresdner Zentrale rund 500 Menschen und arbeitet laut Sprecherin Karin Raths „überall, wo Halbleiterei ist“. Allein das Team in Taiwan, wo die Standards mit den deutschen vergleichbar seien, umfasse nach jüngstem Stand rund 350 Mitarbeiter. Firmenchef René Reichardt wurde als Sachsens Unternehmer des Jahres 2023 ausgezeichnet.
SZ