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Sachsenkeule rettet Winzer

Im Westen Deutschlands werden nach einer guten Lese 2018 die Flaschen knapp. Die Sachsen haben einen Trumpf.

Lesedauer: 2 Minuten

Die Winzer haben im vergangenen Jahr so viel Wein in die Fässer gefüllt, dass jetzt die Weinflaschen knapp werden. Allenthalben höre man von Klagen über Engpässe bei der Belieferung mit Flaschen, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Neben der europaweit großen Erntemenge nennt er als weiteren Grund eine Konzentration bei den Herstellern von Weinflaschen und Kapazitätsprobleme – derzeit sind drei Glasschmelzwannen von großen Glashütten in Süd- und Ostdeutschland in Reparatur.

„Wir können nicht alle Aufträge zeitnah bedienen oder nicht in der gewünschten Form und Farbe“, sagt Sascha Wlodarczyk, Geschäftsführer des Flaschen-Großhandels Wittmer GmbH in Kirrweiler im Kreis Südliche Weinstraße in Rheinland-Pfalz. Sein Unternehmen beliefert Winzer in der Pfalz, in Rheinhessen, im Rheingau, an der Hessischen Bergstraße und in Württemberg. „Seit drei Monaten sind Ein-Liter-Schlegelflaschen in Massongrün nicht ausreichend verfügbar.“ Eine große Knappheit gebe es auch bei Weißglas für Rosé- oder Perlweine.

Es sei nicht die Erntemenge allein, die zu den Engpässen geführt habe, erklärt Wlodarczyk. „Die Nachfrage nach Glas wird größer, viele Getränkekonzerne gehen vom PET-Kunststoff zurück auf Glas.“ Der Bedarf am Markt könne nicht abgedeckt werden.

Der Vertrieb von Wittmer habe sie frühzeitig über den kommenden Engpass informiert, sagt die Winzerin Hanneke Schönhals im rheinhessischen Biebelnheim. „Daher und auch wegen angekündigter Preiserhöhungen für 2019 hatten wir unseren Grundbedarf für die Abfüllung Februar schon im November eingekauft.“ Frühzeitige Vorsorge sei ganz wichtig, sagt der Winzer Martin Tesch in Langenlonsheim an der Nahe. „Wir füllen spät ab, das hilft auch.“

Die passende Belieferung werde auch erschwert von der großen Bandbreite an unterschiedlichen Flaschen, erklärt das Deutsche Weininstitut. Glas sei ein idealer Behälter für Wein, sagt Experte Büscher. „Licht fördert Reifeprozesse im Wein, deswegen sind grün oder dunkel eingefärbte Flaschen besonders gut geeignet.“ Für Spitzenweine sind besondere Formen gefragt, hinzukommen regionale Besonderheiten wie der fränkische Bocksbeutel.

In Sachsen herrscht angesichts solcher Meldungen aus den westdeutschen Weingütern Kopfschütteln vor. „Wir sind baff, bewegen uns aber nicht auf dem deutschlandweiten Flaschenmarkt“, so Privatwinzer Thomas Herrlich vom Meißner Weingut Vincenz Richter. Sein Unternehmen arbeite schon seit mehreren Jahren mit dem regionalen Produzenten Glaswerk Freital zusammen. Es sei nur folgerichtig, dass bei der Sonderform Sachsenkeule auch in der Marktwirtschaft eine weitreichende Planung notwendig ist. Deshalb melde Vincenz Richter rechtzeitig seinen Jahresbedarf an und bekomme zu den Füllterminen die jeweiligen Flaschenmengen geliefert. Die Zusammenarbeit passe. Winzer Thomas Herrlich verweist zudem darauf, dass seine jährlich abzufüllenden Weinmengen nur in einem Bereich von etwa acht bis zehn Prozent schwankten. Die Grundlage dafür sei eine je nach Jahrgang konsequente Ertragsregulierung .

Ähnlich äußert sich der Geschäftsführer von Sachsens größtem Weinhersteller, der Winzergenossenschaft Meißen, Lutz Krüger. Da der Betrieb im Wesentlichen die Sachsenflasche verwende, und diese Produktion längerfristige Zyklen umfasse, gebe es keine Schwierigkeiten. „Die derzeitige Charge wurde für uns schon im Herbst letzten Jahres produziert“, so Krüger auf Nachfrage.

Im Staatsweingut Schloss Wackerbarth in Radebeul hat Pressesprecher Martin Junge Ende vergangener Woche im Weinkeller nachgefragt, ob dort Probleme wie an Rhein und Mosel bekannt seien. Die Antwort: Solche Schwierigkeiten gebe es bei Wackerbarth nicht. Das Unternehmen bestelle seine Flaschen immer rechtzeitig im Voraus. Es komme in diesem Fall auf eine langfristige Planung an.

Zu dem Thema hat auch Alexandra Prinzessin zur Lippe bereits recherchiert. Der Jahrgang 2017 sei durch Hagelschäden in den westdeutschen Anbaugebieten teilweise unterdurchschnittlich gewesen. Dadurch falle die Diskrepanz zum überdurchschnittlich guten 2018er besonders gravierend aus. Das Weingut Schloss Proschwitz habe nur beim Weißglas für den Rosé Lieferschwierigkeiten bemerkt. Dieses Problem habe jedoch schnell gelöst werden können.

 

Von Vanessa Köneke (dpa) und Peter Zschunke (dpa) und Peter Anderson

Foto: © Claudia Hübschmann
 

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