Die weitere Förderung für die Chipindustrie wird zur Herausforderung für die neue Bundesregierung. Denn die Halbleiterhersteller haben laut Medienberichten Anträge für das Dreifache der Summe gestellt, die das Bundeswirtschafts- und Klimaministerium unter Robert Habeck ausreichen will – für sechs statt für zwei Milliarden Euro. Das Gesamtinvestitionsvolumen soll einschließlich der Beiträge der Unternehmen bei 13 Milliarden Euro liegen.
Während die Beamten wohl mit etwa einem Dutzend Anträgen gerechnet hatten, seien fast dreimal so viele Anträge eingegangen. „Das BMWK hat Mitte November 2024 eine Bekanntmachung für die Förderung von innovativen Investitionsprojekten im Rahmen des European Chips Act (ECA) veröffentlicht. Es wurden insgesamt 34 Projektvorschläge eingereicht“, bestätigte eine Ministeriumssprecherin am Montag auf Nachfrage von sächsische.de. Man strebe an, das Antragsverfahren demnächst fortzusetzen. Die Unternehmen würden dann darüber informiert. „Vorbehaltlich des weiteren Förderprozesses könnten voraussichtlich rund 25 Projekte gefördert werden“, so die Sprecherin.
Die Antragsteller in der sächsischen Chipindustrie hatte im April mit einer Entscheidung gerechnet, jetzt wurde ihnen offenbar Mai avisiert.
Ein Drittel der Anträge für Projekte in Ostdeutschland
Laut der US-Nachrichtenagentur Bloomberg wollen ein Drittel der Firmen, die Fördermittel beantragten, in Ostdeutschland investieren. Ein Sprecher von Globalfoundries bestätigte Bloomberg, einen Antrag für den Ausbau des Dresdner Standorts eingereicht zu haben. Auch Infineon soll nach unbestätigten Angaben einen Antrag gestellt haben.
Ursprünglich wurde das Zwei-Milliarden-Programm aufgelegt, um den US-Chiphersteller zu besänftigen, der sich durch die hohen Subventionen für seinen Konkurrenten TSMC stark benachteiligt fühlt. Beide Konzerne sind Auftragsfertiger von Chips für anderen Unternehmen. Mit fünf Milliarden Euro staatlichen Zuschüssen wurde der Weltmarktführer aus Taiwan nach Dresden gelockt, um quasi auf der anderen Straßenseite von Globalfoundries eine erste Chipfabrik in Europa mit geplanten 2.000 Arbeitsplätzen zu bauen und das auch noch zusammen mit den Kunden Infineon, Bosch und NXP .
Globalfoundries und Co. müssen um weitere Förderung bangen
„TSMC ist mehr als zehnmal so groß wie wir, will jetzt in unserer Nachbarschaft Halbleiter produzieren, die unmittelbar mit unseren Produkten konkurrieren“, hatte 2023 ein Globalfoundries-Manager im Nachrichtenmagazin Spiegel geklagt. Die Amerikaner hatten überlegt, sich in Brüssel gerichtlich gegen die Subventionen für TSMC zu wehren, dies dann aber wohl unterlassen, als ihnen eine Förderung für den weiteren Ausbau in Dresden in Aussicht gestellt wurde.
Globalfoundries und andere Antragsteller aus Sachsen müssen auch aus einem anderen Grund um die weitere Förderung bangen. Denn der Knackpunkt ist die Finanzierung der Subventionen. Anders als bei den Milliarden-Zuschüssen für die Chipfabriken von ESMC, dem Gemeinschaftsunternehmen von TSMC in Dresden, und Infineon, die der Bund über die europäischen Chip-Gesetze allein stemmt, wird nun offenbar wieder die übliche Kofinanzierung durch die Bundesländer in Höhe von 30 Prozent verlangt, wo investiert wird. Das kann sich der klamme Freistaat nicht mehr leisten.
Sachsen und Bund verhandeln über Finanzierung
Im März soll es laut Bloomberg Verhandlungen zwischen der Bundesregierung, Sachsen und anderen Bundesländern über eine neue Struktur der Kofinanzierung gegeben haben. Im sächsischen Wirtschaftsministerium wird das nicht bestätigt.
Auf Anfrage heißt es: „Generell können wir sagen, dass die strategische Relevanz einer eigenen europäischen Chipindustrie weit über die regionalökonomischen Effekte für das Cluster in Sachsen hinausgeht.“ Die Zukunftsfähigkeit der europäischen Halbleiterindustrie dürfe daher nicht von den sehr knappen Ressourcen des Freistaates Sachsen abhängen, betont der Ministeriumssprecher.
Sachsen habe bereits gezeigt, dass er bedeutende Investitionsvorhaben der Chipindustrie (ESMC, Infineon) schnell und professionell abwickeln und zum Erfolg führen kann, heißt es weiter. Außerdem engagiere sich der Freistaat in neunstelliger Höhe für den Ausbau der Infrastruktur in den Bereichen Wasser, Energie, Verkehr und Ausbildung.
Beim Branchennetzwerk Silicon Saxony ist man besorgt, dass die Chipindustrie nicht rechtzeitig die nötige Unterstützung erhalten wird. Da die Koalitionsverhandlungen über eine neue Bundesregierung noch andauern, „stellt sich die Frage, ob wir Investitionen verlieren werden, weil der Prozess zu langsam ist und die Unternehmen woanders hingehen“, betont Silicon Saxony-Clustermanager Frank Bösenberg.
SZ