Dresden. Wer die Website von Elektro-Scholze in Bautzen aufruft, wird von einer vermenschlichten, freudestrahlenden Batterie begrüßt, die ihre Muskeln spielen lässt. Der Fachbetrieb für Solarstrom und Elektroinstallation steht stellvertretend für gut 9000 Unternehmen im Beritt der Dresdner Handwerkskammer, die in Sachen Klima unterwegs sind: von Dachsanierung über Installation von Wärmepumpen bis hin zum Einbau energieeffizienter Fenster und Außendämmung.
Sachsens Wirtschaftsministerium und die Dresdner Kammer haben am Mittwoch die Ergebnisse einer Studie präsentiert, die dem Handwerk bescheinigt, Schlüsselbranche bei der Energiewende zu sein. Mit einer Rücklaufquote von gut vier Prozent hielt sich das Interesse an der Befragung in Grenzen – gleichwohl sei sie repräsentativ, so die Kammer. Dabei ging es insbesondere um Aufgaben, die auf das Handwerk zukommen, und darum, welche Kapazitäten es dafür mitbringt. Ferner wurden Bedarfe bei Qualifikation, Fachkräften und Investitionen erfragt.
Bürgerkraftwerke sollen für mehr Akzeptanz sorgen
„Was ich nicht tun muss, mache ich nicht, habe ja genug zu tun“, begründet Frank Scholze die Zurückhaltung seiner Zunft. Seine 22 Beschäftigten, darunter drei Azubis, sind auf die Installation von Solaranlagen und Stromspeichern spezialisiert und erwirtschafteten zuletzt einen Jahresumsatz von 2,3 Millionen Euro. Eine „chaotische Gesetzeslage“ mit teils rückwirkenden Erlassen habe zu großer Verunsicherung und teils Verdopplung der Einkaufspreise geführt, kritisiert der Elektromeister. „Da ist dann das Vertrauen in Handwerk und Politik weg“, sagt der 62-Jährige. Hinzu komme die ausufernde Bürokratie. Im Landkreis Bautzen dauere die Bearbeitung eines Antrags für Solaranlagen bis zu ein Jahr.
Um die Akzeptanz alternativer Energien in Sachsen zu erhöhen, plädiert Scholze für mehr Bürgerkraftwerke. Damit rennt er bei Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) offene Türen ein. „Wir müssen Betroffene zu Beteiligten machen“ – auch finanziell, sagt Panter. Trotz der geringen Beteiligung seien die Umfrageergebnisse hilfreich. Demnach gibt es weitere Hindernisse. Wegen altersbedingter Abgänge halbiert sich demnächst bei Kleinbetrieben die Belegschaft. Dennoch wird dort meist nicht aus- und weitergebildet – trotz hohen Qualifikationsbedarfs. Fast die Hälfte der Betriebe rechnet mit zu geringem Fachkräfteangebot. Gleichwohl wollen drei Viertel ein Leistungsportfolio bei erneuerbarer Energie anbieten.
Sachsen hat ältesten Wohnraum Deutschlands
Panters Fazit: „Das Handwerk ist der offizielle Ausrüster der Energiewende.“ Nur mit ihm könne der Freistaat sein Energie- und Klimaprogramm umsetzen. „In den kommenden 20 Jahren gibt es Zehntausende Sanierungs- und Modernisierungsaufträge“, sagt der Minister. Der Handlungsbedarf sei enorm: Gut die Hälfte aller Wohngebäude sei vor 1949 errichtet worden. Damit habe der Freistaat den ältesten Bestand Deutschlands. 80 Prozent seiner 850.000 Wohngebäude würden noch mit fossilen Energieträgern beheizt, was einen Austausch von jährlich über 30.000 Heizungen bis zur Klimaneutralität 2045 bedeutet.
„Das Handwerk steht bereit, die Energiewende zu stemmen“, sagt Dresdens Kammerpräsident Jörg Dittrich. Noch machen erneuerbare Energien im Schnitt keine zehn Prozent vom Geschäft aus – auch wegen Lieferschwierigkeiten bei Wärmepumpen, Photovoltaik, Elektronikbaugruppen, Wärmespeichern und wegen des Investitionsbedarfs von meist bis zu 25.000 Euro. Dittrich, als Präsident des Dachverbands ZDH zugleich Deutschlands Oberhandwerker, will nun eine „Taskforce“ bilden und für mehr Effizienz die Interessen der 17 Klima-Gewerke bündeln.
SZ