Großschönau. Franz Havlat war 2003 13 Jahre alt, als ihm sein Vater Olaf, Gründer und langjähriger Geschäftsführer des gleichnamigen VW-Autohauses in Großschönau, mit der Idee kam, ob man sich nicht mal gemeinsam ein „Schrauber-Projekt“ vornehmen wolle – in der kleinen heimischen Werkstatt. Ein Skoda Felicia, ein Hobby-Oldtimer. „Da hat Franz dann schon ein bisschen Blut geleckt, und ich konnte sehen, dass er das in sich hat“, freut sich Olaf Havlat noch heute.
Er und seine Frau Uta hatten nach den ersten erfolgreichen Jahren mit dem 1997 gegründeten Autohaus immer den Hintergedanken: „Es wäre doch genial, wenn unsere Kinder das fortführen würden.“ Bei Franz war der Samen mit jenem Oldtimer-Projekt gepflanzt, die drei Jahre ältere Tochter entschied sich bei den später folgenden Küchentisch-Gesprächen zum Berufswunsch auch für eine Lehre im elterlichen Autohaus, als Automobilkauffrau.
Mit viel Mut Gelegenheit beim Schopf gepackt
Dass die Havlats 1997 ihr Autohaus eröffnen konnten, war einerseits dem Zufall und andererseits ganz viel unternehmerischem Mut des Ehepaares zu verdanken. Damals suchte VW plötzlich einen Handelspartner für Großschönau. Olaf Havlat und seine Frau arbeiteten zu dieser Zeit bei einem anderen Autohaus in der Gemeinde, als Servicemeister und Autoverkäuferin. „Mein Traum war immer, mich selbstständig zu machen“, erzählt Olaf Havlat. Und Havlats ergriffen die unverhoffte Chance in einer Zeit, als das Händlernetz der allermeisten Marken praktisch schon aufgeteilt war. Leicht war die Entscheidung nicht, schließlich war das unternehmerische Risiko groß. Havlats bauten das Autohaus an der Stelle des alten Konsums auf, hatten plötzlich einen Riesenkredit und sind noch heute der Bank für das damalige Vertrauen dankbar.
Ihre beiden Kinder waren damals zehn und sieben Jahre alt, bekamen vor allem mit, dass die Eltern von früh bis abends auf Arbeit waren. Nur die Wochenenden und Urlaube gehörten der Familie. Zum Glück halfen zu Hause Oma und deren Schwester. Der Familien-Zusammenhalt war riesig und ist es bis heute. Die positive Seite: Das Autohaus wuchs, wurde eine Erfolgsgeschichte. Olaf Havlat als Geschäftsführer und Serviceleiter, seine Frau Uta als Verkaufsleiterin, Buchhalterin, Marketingchefin. „Viele Bekannte haben uns gefragt, wie wir das als Paar aushalten, jeden Tag so eng zusammenzuarbeiten. Aber für uns hat das immer funktioniert“, sagt Uta Havlat.
Das Autohaus wuchs im Laufe der Zeit. Werkstatt und Ausstellung wurden teils sogar mehrfach erweitert, unter anderem eine Waschanlage und eine neue Halle für die größeren Fahrzeuge gebaut. Heute hat das Autohaus 22 Mitarbeiter und steht auf sicheren Beinen. „Für uns war und ist immer der Kunde das wichtigste, dass er gut bedient wird, dass er zufrieden ist, die Qualität stimmt“, sagt Olaf Havlat.
Jetzt – Olaf und Uta Havlat stehen mit 63 und 60 Jahren wenige Jahre vor dem Ruhestand – zahlt sich aus, dass sie so zeitig begonnen haben, an den Generationswechsel zu denken. Tochter Anna, die heute Müller heißt, ihre eigene Familie hat und zweifache Mutter ist, lernte von der eher kaufmännischen Seite das Unternehmen an vielen Stellen kennen.
Der Sohn wird „Super-Lehrling“
Franz, inzwischen ebenfalls Familienvater mit zwei Söhnen, absolvierte nicht nur die Lehre als Kfz-Mechatroniker im elterlichen Autohaus mit Bravour, sondern setzte noch eins drauf: Er wurde Sachsens und später Deutschlands bester Lehrling auf seinem Gebiet, qualifizierte sich Anfang 2011 dann bei einem Wettbewerb in der Schweiz mit den besten Kfz-Mechatronikern aus sechs Ländern als Zweiter für die „World Skills International“ in London, wo er Deutschland erfolgreich vertrat.
Zeigen zu können, dass er nicht nur wegen seines Vaters hier arbeitet, habe dabei schon eine kleine Rolle gespielt, gibt Franz Havlat gern zu. Seit 2011 hat er auch den Meisterbrief in der Tasche. Der World Skills blieb Franz Havlat noch viele Jahre als Trainer für das deutsche Team verbunden, bis die Übernahme des Autohauses auf ihn zukam.
„Bieten das an, was die Kunden wollen“
„Ich habe bei einigen Kollegen gesehen, die nicht loslassen konnten und dann mit 70 Jahren und älter Probleme hatten mit der Übergabe an ihre Nachfolger. Das wollten wir nicht“, sagt Olaf Havlat. Seit 1. Januar trägt Sohn Franz als Geschäftsführer die alleinige Verantwortung für das Autohaus, auch wenn seine Eltern, genauso wie Schwester Anna Müller nach wie vor mitarbeiten und eine wichtige Rolle spielen.
Für mich ist es viel leichter, etwas schon Laufendes zu übernehmen. – Franz Havlat, Geschäftsführer des gleichnamigen Autohauses
Angst um die Zukunft hat Franz Havlat nicht: „Ich habe Riesenrespekt vor dem damaligen Mut meiner Eltern, so ins Risiko zu gehen und das alles aufzubauen. Für mich ist es viel leichter, etwas schon Laufendes zu übernehmen“, sagt er. Und Autos, davon ist Franz Havlat überzeugt, werden gerade im ländlichen Raum immer gebraucht. Zwar werden die E-Autos in der Oberlausitz gerade nicht so stark nachgefragt, „aber wir bieten einfach die Fahrzeuge an, die die Leute auch haben wollen, auch von der Antriebsform her“, sagt Franz Havlat.
Ob er wie sein Vater auch schon zeitig seine Nachfolge im Blick haben wird, die Söhne in ein paar Jahren mit einem Oldtimer-Projekt „Blut lecken lässt“, wie einst sein Vater ihn selbst? Franz Havlat, gerade erst Mitte 30, lacht bei dieser Frage, sagt aber augenzwinkernd: „Oldtimer-Projekte gibt es immer.“
SZ