Cathrin Reichelt
Striegistal. Baut Amazon im Gewerbegebiet in Berbersdorf ein Logistikzentrum oder doch nicht? Die Baugenehmigung wurde Mitte Mai 2022 erteilt. Das bestätigte der Versandriese zwei Monate später, mit der Anmerkung, diese Genehmigung werde noch geprüft. Seitdem herrscht Schweigen, und das Areal im mit 121 Hektar Fläche größten Gewerbegebiet Sachsens liegt nach wie vor brach.
Ein knappes Jahr vor der Baugenehmigung in der Gemeinde Striegistal hatte Amazon die Ansiedlung in Berbersdorf noch dementiert. Der Konzern hatte einen anderen, etwa 20 Kilometer entfernten Standort in Mittelsachsen favorisiert, im Industriegebiet Dittersbach.
Im Frankenberger Rathaus wurde für das Vorhaben in dem Ortsteil bereits eine Teilbaugenehmigung erwartet. Auch ein städtebaulicher Vertrag über den Ausbau des Verkehrsknotens von der B 169 und dem Sachsenburger Weg zum Verteilzentrum lag bereits vor. Doch dann hatte sich das Projekt an diesem Standort zerschlagen, und Berbersdorf rückte ins Blickfeld des Onlinehändlers.
Standort spielt weiter eine Rolle
Auf eine erneute Anfrage von Sächsische.de antwortet der leitende Kommunikationsmanager von Amazon Thorsten Schwindhammer: „Amazon investiert weiter in Deutschland und sucht nach neuen Standorten, um unseren Kunden weitere Vorteile bieten zu können, wie zum Beispiel eine größere Auswahl und eine schnelle Lieferung. In unseren Überlegungen spielt dabei auch ein möglicher Logistikstandort in Berberdorf eine Rolle. Mit der Gemeinde Striegistal stehen wir in Kontakt. Allerdings brauchen Logistikprojekte Zeit, und wir können uns zu weiteren Details erst äußern, wenn es ein gewisses Stadium erreicht hat.“ Eine entsprechende schriftliche Anfrage an die Gemeinde Striegistal blieb unbeantwortet.
Auch wenn das Unternehmen nach wie vor keine konkreten Angaben zu einem Logistikzentrum in Berbersdorf macht, hatte ein Sprecher vor zwei Jahren erklärt: „Man kann es ganz gut mit Hof, aber auch mit Gera vergleichen.“ Das Verteilzentrum im bayrischen Hof ging im Mai 2022 in Betrieb. Das Logistikzentrum hat eine große Solaranlage auf dem Dach. Anfangs waren dort rund 1.400 Mitarbeiter beschäftigt. Die meisten von ihnen seien von Beginn an unbefristet eingestellt worden. Angepeilt war letztendlich eine Mitarbeiterzahl von 2.000.
Der Einstiegslohn beträgt laut der Amazon-Internetseite inzwischen 15 Euro. In Gera und in Hof-Gattendorf habe der Versandhändler eine direkte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Und das Unternehmen bezuschusse ein Jobticket für die Mitarbeiter.
Von Gera aus werden die Kunden seit drei Jahren mit Waren beliefert. Die Bauzeit betrug ein Jahr und vier Monate. In diesen Standort hatte Amazon mehr als 130 Millionen Euro investiert. Das Logistikzentrum verfügt über 700 Pkw-Parkplätze für Beschäftigte. Zudem stehen mehr als 190 Lkw-Parkplätze bereit.
Frist der Baugenehmigung läuft ab
In Berbersdorf hat Amazon jetzt noch rund ein halbes Jahr Zeit, mit dem Bau zu beginnen. Denn laut sächsischer Bauordnung erlischt die Baugenehmigung, „wenn innerhalb von drei Jahren nach ihrer Erteilung mit der Ausführung des Bauvorhabens nicht begonnen oder die Bauausführung länger als zwei Jahre unterbrochen worden ist.“ Amazon könnte aber auch die Verlängerung der Genehmigung beantragen. Dies ist bis zu zwei Jahre möglich.
In diesem Jahr habe der Fokus des Versandhändlers laut Thorsten Schwindhammer auf dem Logistikzentrum in Großenkneten nahe Oldenburg gelegen, das 2023 eröffnet und nun weiter hochgefahren wurde. Außerdem seien drei neue große Logistikzentren in Deutschland eröffnet worden. „Im Mai startete der Betrieb des neuen Standortes in Erfurt, im August folgte ein neues Logistikzentrum in Horn-Bad Meinberg nahe Bielefeld und im September in Dummerstorf nahe Rostock“, so der Kommunikationsmanager.
Im neuen Logistikzentrum in Erfurt sind mittlerweile mehr als 1.800 Mitarbeiter tätig. Perspektivisch soll sich diese Zahl noch erhöhen.
Diese Netzwerkerweiterung des Versandhändlers komme den Kunden zugute, die dadurch von noch schnellerer und noch zuverlässigerer Lieferung profitierten. Positiv sei die Ansiedlung aber auch für die Gemeinden, insbesondere durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, Gewerbesteuereinnahmen und das Engagement von Amazon vor Ort.