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Chef der Weißen Flotte: Wie verkraften Sie den Einsturz der Carolabrücke, Herr Bloch?

Stefan Bloch ist Geschäftsführer der Weißen Flotte in Sachsen. Im Interview berichtet er, wie es der Dresdner Dampfschifffahrt nach dem Einsturz der Carolabrücke geht – und welche Forderungen er jetzt hat.

Lesedauer: 4 Minuten

Man sieht Weiße-Flotte-Geschäftsführer Stefan Bloch
Weiße-Flotte-Geschäftsführer Stefan Bloch war zufrieden mit dem Jahr 2024 - bis die Carolabrücke einstürzte. Quelle: Matthias Rietschel

Theresa Hellwig

Dresden. Seit 2020 steht Stefan Bloch an der Spitze der Weißen Flotte in Sachsen. Seitdem hat er viele schwierige Zeiten erlebt: den Aufstieg nach der Insolvenz, Corona, Hochwasser, Niedrigwasser. In diesem Jahr dann fiel ein Teil der Carolabrücke in die Elbe – und versperrt seinen Schiffen den Weg. Seitdem, so sagt er, versteht er sich als „Krisenmanager“. Wie geht es dem Unternehmen jetzt?

Hochwasser zu Beginn des Jahres, dann Niedrigwasser, dann der Carolabrückeneinsturz und nochmal Hochwasser: Was war das für ein verrücktes Jahr, Herr Bloch?

Es war eigentlich ein gutes und erfolgreiches Jahr. Bis zu dem Moment des Einsturzes, zumindest. Das Hoch- und auch das Niedrigwasser haben uns wenig beeinträchtigt, da konnten wir durchgängig fahren – nur manchmal nicht mit voller Auslastung. Aber jetzt sind wir ganz schön am Rudern. Wir müssen hier alles neu managen, neu aufsetzen.

Wieso ist der Brückeneinsturz so ein großes Problem?

Die Anleger eins, zwei, drei, vier und fünf sind zentrale Anleger am Terrassenufer. Dort können wir noch ablegen. Die Anleger sechs und sieben mussten wir abbauen. Wir fahren jetzt regelmäßig auch von den Anlegern 18 bis 20 neben der Albertbrücke. Dafür mussten wir ein Bus-Shuttle einrichten, das uns viel Geld kostet. Konkret geht es um 750 Euro am Tag. Mit den Bussen bringen wir die Gäste zu diesen Anlegern.

Die großen Schiffe liegen auf der falschen Seite der Brücke

Ist Ihre Schwierigkeit, dass Sie nicht unter der Carolabrücke hindurchfahren können und der Streckenabschnitt für Ihre Touren wichtig ist – oder ist das Problem, dass Ihre Schiffe auf der falschen Seite der eingestürzten Brücke liegen?

Tatsächlich beides. Die großen Schiffe, nämlich Dresden, Cosel, August der Starke und Leipzig, liegen auf der falschen Seite. Dort können wir nicht die Strecke fahren, auf der wir die meisten Gäste haben. Wir haben zwar einige Schiffe vom Oberland heruntergeholt. Mit denen fahren wir jetzt die Stadt- und die Schlösserfahrten. Auf der richtigen Seite, oberhalb der Brücke, haben wir nun aber nur die kleineren Dampfer, zum Beispiel Pirna und Wehlen. In Richtung Meißen ist eben außer der Weinstraße nicht so viel zu sehen.

Könnten Sie die Schiffe über Land umheben?

Das ist nicht finanzierbar, das ist unmöglich.

Konnten Sie den Einsturz für sich nutzen und Brücken-Touren anbieten?

Mehr Touristen kommen deshalb leider nicht. Deshalb haben wir das erst einmal nicht vor. Es wäre aber denkbar, das zu machen, wenn eine neue Brücke gebaut wird. Das könnte ein positiver Anziehungspunkt sein.

Erst Hochwasser, dann Niedrigwasser, dann noch einmal Hochwasser: Auch ohne Carolabrücke gab es in diesem Jahr für die Weiße Flotte Herausforderungen zu meistern.
Quelle: Robert Michael/dpa

In Zahlen ausgedrückt: Was bedeutet die Situation finanziell für die Weiße Flotte?

Die Zahlen kennen wir so genau seit Montag. 40 Prozent weniger Touristen kamen zu uns, seit dem Einsturz. Wir machen zehn Prozent weniger Abfahrten als vorher. Bis dato haben wir 1,6 Millionen Euro Umsatzverlust gemacht. Dazu kommen, wie gesagt, unter anderem die Zusatzausgaben durch den Bus-Shuttle. Der fährt etwa alle 20 Minuten, damit alle Menschen rechtzeitig bei ihren Schiffen sind. Weil die Ampeln aber immer noch nicht richtig geschaltet sind, braucht er länger, als er müsste. Pro Monat bedeutet allein dieser Bus jedenfalls Mehrausgaben von 22.500 Euro.

Es stand ja schon einmal sehr schlecht um die Weiße Flotte, Stichwort: Insolvenz. Droht das erneut?

Dieses Jahr verkraften wir. Jedoch stellt sich für uns die Frage nach Schadensersatzansprüchen gegenüber der Stadt Dresden, und zwar ganz klar und deutlich. Wir werden wegen der Einbußen nicht umfallen. Wenn wir aber nächstes Jahr auch nicht normal in die Saison starten können, dann müssen wir schauen, was das für Auswirkungen hat. Wir haben ja auch Verpflichtungen gegenüber fast 200 Mitarbeitern.

Wollen Sie rechtliche Schritte gehen?

Bislang ist das nicht geplant.

Der Weißen Flotte würde ein Loch zum Durchfahren genügen

Mussten Sie für Ihre Mitarbeiter Kurzarbeit anmelden?

Die Stadt hat uns das angeboten. Aber wir haben das nicht in Anspruch genommen, weil es uns hier natürlich nicht an Arbeit gemangelt hat. Wir mussten ja einen Bus-Shuttle organisieren, Fahrten und Werftpläne ändern. Da haben wir alle Kräfte gebraucht.

Sie haben vor Kurzem die Stadt kritisiert, weil sich mit Ihnen niemand in Verbindung gesetzt hat. Hat es inzwischen Gespräche gegeben?

Mittlerweile gab es Gespräche und wir sind auf einem besseren Weg.

Was also hoffen Sie jetzt?

Wir hoffen, dass die eingestürzte Brücke nun bald mal wegkommt. Wenigstens ein Loch, damit wir durchfahren könnten, wäre gut. Bei der Sanierung des Blauen Wunders ging dies ja auch. Das ist auch deshalb wichtig, weil unsere Schiffe in die Werft müssen. Dafür müssen sie auf die andere Seite kommen. Dabei darf auch nicht vergessen werden: Die Elbe ist offiziell Bundeswasserstraße. Die Sperrung durch die Brücke, die trifft nicht nur uns. Das betrifft auch beispielsweise die Wasserschutzpolizei und die schwarze Schifffahrt, also die Güterschifffahrt.

Was soll in der Werft gemacht werden?

Unsere Schiffe brauchen alle zwei Jahre eine neue Zulassung. Sechs Schiffe sind nun dran. Wenn die Zulassung ausläuft, dürfen die Schiffe nicht mehr fahren. Dann können wir nur auf eine Sondergenehmigung hoffen.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“

Außerdem wollen wir das Motorschiff, August der Starke, rüberbringen, das soll komplett modernisiert werden. Und zwar innen und außen, wie die Cosel in diesem Jahr von Januar bis Ende April. Damit das Schiff August im Mai wieder startklar ist, müssen wir es eigentlich Mitte Dezember, spätestens aber am 2. Januar in die Werft geben. Das war zwar von vornherein nicht früher geplant, aber für alle anderen Schiffe mussten wir die Werftpläne bereits nach hinten schieben. Die hätten bereits im Oktober in die Werft gehen sollen.

Stattdessen haben wir nun den Dampfer Krippen vorgezogen. Das Schiff war zwar noch nicht geplant, stand aber auf der richtigen Seite.

Mittlerweile liegt bereits das zweite Stück Brücke im Wasser. Wie blicken Sie in die Zukunft?

Wir hoffen, dass sich alle Beteiligten sehr bemühen, dass wir mit den Räumungsarbeiten zügig vorankommen. Ich sehe es durchaus als realistisch an, dass das bis zum Jahresende passiert. Wir haben deshalb auch das Jahr 2025 geplant, als wäre es ein normales Jahr.

Das große Fragezeichen für uns ist danach dann: Was passiert mit den anderen beiden Brückenzügen? Da hat sich die Stadt noch nicht klar geäußert.

Die Hoffnung stirbt jedenfalls zuletzt. Wir steuern gerade auf das Weihnachtsgeschäft zu – mit Lichterfahrten und Christmas Garden. Das wollen wir auch in diesem Jahr anbieten, trotz der Umstände.

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