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Das Ende der Großenhainer Leppchen-Oper

Die Stema hat das Gebäude gekauft und lässt es abreißen. Wo einst Kino lief, sollen Anhänger gelagert werden.

Lesedauer: 2 Minuten

Bothurs Bagger frisst sich unerbittlich ins Mauerwerk des einstigen Kulturgebäudes. Im Innern ist das Haus H der ehemaligen Spezialschule für Landtechnik in Großenhain-Großraschütz schon entkernt. Leitungen sind im Obergeschoss heruntergerissen, styropor-gefüllte Säcke stehen herum, die Wandverkleidung ist abgetrennt. 

Auch der große Kinoraum mit Balkon, Lektionssaal genannt, bietet einen tristen Anblick. Das Holzgestühl, das 400 Leuten einst Platz bot, wurde entsorgt. Die Großenhainer Filmfreunde, denen es angeboten wurde, konnten nichts damit anfangen. Tilo Krille, der Liegenschaftsverwalter des BTZ der Handwerkskammer, hat allerdings den Belegungsplan in einem Bilderrahmen gerettet. „Mitte Januar wird hier alles verschwunden sein“, bedauert Krille.

Die BTZ der Handwerkskammer hat das Gebäude mit Grundstück der Stema verkauft. Bekanntlich wird das BTZ 2020 ausziehen, und die Stema braucht Lagerfläche für ihre Anhänger. So bekam die Abrissfirma den Auftrag.

Die Leppchen-Oper erhielt ihren Spitznamen von Rudolf Leppchen, dem Direktor der einstigen Spezialschule für Landtechnik. „Die unterstand direkt dem Landwirtschaftsminister und konnte sich deshalb so ein tolles Gebäude leisten“, weiß Hendrik Rothe, heute technischer Leiter der Stema. 

Es muss Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre entstanden sein. Im Lektionssaal wurden nicht nur die Traktoristen aus der ganzen DDR zu neuer Technik geschult. „Hier konnten wir als Kinder zwei Mal die Woche nachmittags Kinofilme sehen – und abends die Erwachsenen“, blickt Andreas Fischer aus Großraschütz auf seine Kindheit in den 60ern zurück. Ab 18 Besuchern sei gespielt worden. 

Auch Jugendweihefeiern wurden hier abgehalten. Laut Hendrik Rothe war hier auch eine Arztstation, in der zuerst Dr. Wobst und dann Mediziner Dietze praktizierten. Als nach der Wende Schluss war mit der Spezialschule und der inzwischen verstorbene Handwerkskammerpräsident Wolfgang Wilhelm das BTZ nach Großenhain holte, wurde im Oberschoss von Haus H Schulungsräume modernisiert.

Dass z. B. die Heizungstechnik aus der BRD ist, sieht man noch. Auch das Dach wurde wohl neu gedämmt. Doch nur, wer es noch weiß, erkennt die Bar, die Garderobe und die Toilettenanlage wieder. Wilhelms 50. Geburtstag 1995 soll die letzte Feier in der Leppchen-Oper gewesen sein. Seitdem steht das Gebäude leer. Zuletzt diente es der Stema noch als Lagerfläche.

Vorbei die Zeiten, als Rolf Herricht und Marita Böhme samt Filmcrew 1972 in der Spezialschule übernachteten – zur Bezirkspremiere von „Der Mann, der nach der Oma kam“. Fast vergessen das tolle Programm zum 30-jährigen Bestehen der Spezialschule im Oktober 1979. Damals traten Dean Read, Dagmar Frederik und Peter Wieland in der Leppchen-Oper auf, im Auftrag der Konzert- und Gastspieldirektion. Nur alte Fotos künden noch davon.

Die Stadt hat ihre Zustimmung zum Abriss des solide gebautes Haues erteilt. Vielleicht geht sein Ursprung sogar auf die frühere Wachstuchfabrik Kaempfe zurück. Die bestand bis zum Zweiten Weltkrieg.

 

Von Kerstin Krüger

Foto: © Kristin Richter

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