Schornsteinfeger bringen Glück. Das weiß jedes Kind. Aber sie brauchen auch andersherum selber Glück, denn der Arbeitsplatz hoch droben über den Dächern birgt manchmal ein gewisses Risiko. Der Heilige St. Florian ist deshalb ihr Schutzpatron. Er ist für sie da – ebenso wie für Feuerwehrleute, Töpfer, Böttcher, Seifensieder und Bierbrauer. Frank Freudenberg zählt die Gewerke auf. Bei den Bierbrauern muss er schmunzeln. Es gibt eben viele Formen der Brandbekämpfung, meint er.
Der bevollmächtige Bezirksschornsteinfegermeister aus Kamenz liebt seinen Beruf. Seit 1977 fegte bereits Vater Bodo Freudenberg in Kamenz und Umgebung. Mit zehn Ortschaften hat er damals angefangen.
Seit sechs Jahren führt nun sein Sohn den Betrieb. „Es war für mich frühzeitig klar, dass ich auch Schornsteinfeger werden möchte“, sagt der heute 48-Jährige. Von Müssen war da absolut keine Rede. Frische Luft, super Ausblicke, abwechslungsreiche Aufgaben – langweilig wird es bestimmt nicht. „Zumal sich unsere Arbeit schwerpunktmäßig sehr verändert hat mit den Jahren.“
Hochmoderne Technik und viele Verordnungen
Früher hatte jedes Haus seine Kohleheizung. Da musste man unweigerlich mehrmals im Jahr zum Kehren kommen. Heute nehmen diese Kehrrunden nicht mehr den Hauptteil der Arbeit ein. Gas- und Ölheizungen haben den klassischen Ofen abgelöst. Auch alternative Rohstoffe wie Holz-Pellets sind im Kommen.
Etwa 5.000 Termine hat Freudenberg mit seinem Team abzusichern pro Jahr. Nur 1.500 davon sind reine Kehrtermine. Dafür muss der Schornsteinfeger sich heutzutage mit hochmoderner Technik auseinandersetzen, prüft Abgasanlagen und überhaupt Feuerstätten. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz nimmt ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.
Und der Chef sitzt leider auch immer mehr über Verordnungen, Rechnungen und Schriftkram. „Deswegen sind mir die Außentermine auch wichtig“, meint er. Mit der Kundschaft reden, hier ein Plausch, da ein Käffchen – das alles wird immer noch großgeschrieben in diesem Metier.
Alle Azubis kommen in Lohn und Brot
Auch die beiden Gesellen Daniel Jordan und Enrico Thoms sind viel unterwegs. Unterstützt von Lehrling Tom Winkler. Der 17-Jährige aus Biehla wollte eigentlich etwas mit Vermessung lernen, doch da gab es kaum Ausbildungsbetriebe in der Region. So kam er über Umwege zum Beruf des Schornsteinfegers. Und findet das heute durchaus prima.
„Die Arbeit ist abwechslungsreich. Mal drinnen, aber auch viel draußen“, sagt er. Seine Freunde finden das Ganze exotisch, aber auch ziemlich gut. Der Azubi im zweiten Lehrjahr absolviert die Berufsschule in Eilenburg. Da, wo alle aus Sachsen, Brandeburg und Thüringen zusammenkommen. „Zurzeit sind wir 22 Schornsteinfegerazubis im zweiten Lehrjahr sachsenweit“, erzählt er.
Gebraucht werden die jungen Leute mit Sicherheit. „Wir steuern über die Innungsbetriebe aber schon seit Jahren die Ausbildungszahlen, damit anschließend auch alle wirklich in Lohn und Brot kommen“, so Frank Freudenberg.
Bei ihm ist Tom der erste Azubi seit Langem. Und auch der zweite Geselle, Enrico Thoms, kam erst kürzlich dazu. Der Kehrbezirk in der Kamenzer Kernstadt ist aufwendig, fasziniert aber auch. Die alten Häuser und der stellenweise grandiose Ausblick sind die Mühe wert. „Wir sind Vertrauenspersonen, die Leute lassen uns durch ihr Allerheiligstes – die Wohnung“, weiß Daniel Jordan.
Frauen zupfen gern am Ärmel
Ausgestattet sind die „schwarzen Männer“, wie sie immer noch gern im Volksmund genannt werden, übrigens mit ihrer traditionellen Kehrtracht. Der typische Zylinder gehört dazu. Die darf man tragen, wenn man Geselle ist. Tom muss also noch ein bisschen warten.
Dass sie mit ihren Kugelschlagapparaten auf dem Rücken, die wie Kehrbesen aussehen, meistens herzlich willkommen sind, ist klar. „Vor allem Frauen wollen da ganz gern anfassen am Ärmel“, sagt Enrico Thoms.
Als Schornsteinfeger ist man nun mal so etwas wie ein Glücksbotschafter. Der Aberglaube sitzt bei vielen tief. Und es ist ein schöner Nebeneffekt. Auch wenn man schon mal vom Hund gebissen wird, schlechter gelaunte Mitbürger die Tür öffnen oder man vom Dach fällt. Daniel Jordan ist das schon siebenmal passiert. „Ich weiß, eine Katze hat sieben Leben. Ich höre dann auch mal auf damit“, schmunzelt der 42-Jährige. Das Glück ist mit den Tüchtigen …
Von Ina Förster
Foto: © René Plaul
Von Ina Förster