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Döbelner Dachdecker wehrt sich gegen bürokratische Hürden

Teils merkwürdige Vorgaben rauben den Handwerksfirmen viel produktive Zeit. Was das für Auswirkungen hat.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht Sebastian Weimert der Firma Weimert Bedachungen
Mit Sebastian Weimert ist die Nachfolge in der Firma Weimert Bedachungen gelöst und geglückt. © Lutz Weidler

Von Cathrin Reichelt

Döbeln. Manchmal vertraut Sebastian Weimert einfach dem normalen Menschenverstand seiner Mitarbeiter. Und so ist der Geschäftsführer der Döbelner Firma Weimert Bedachungen nicht vorab auf die kleine Baustelle gefahren, auf der eine Arbeit im Wert von 50 Euro ausgeführt werden musste, um seinem Mitarbeiter erklären zu können, wie er sich dort sichern muss.

Die sogenannte Gefährdungsbeurteilung und deren Dokumentation sind aber für jede einzelne Baustelle vorgeschrieben. Sie sind Teil der Bürokratie, die den Handwerksbetrieben unendlich viel Zeit für die produktive Arbeit raubt.

Zwar werde immer von Bürokratieabbau gesprochen, aber eine Entlastung sei nicht zu spüren. Im Gegenteil. Deshalb hatte sich der Dachdeckerbetrieb Ende vergangenen Jahres den Bauernprotesten angeschlossen. Und deshalb hat die Dachdeckerinnung Meißen-Riesa-Großenhain, zu der auch die Firma Weimert gehört, einen Forderungskatalog an die zuständigen Minister und die Regierung gesandt.

Der Katalog enthält 18 Punkte, für deren Umsetzung die Handwerker vor dem Computer sitzen statt, im Fall von Weimert, ein Dach zu decken. Entlastet werden wollen die Dachdecker unter anderen von der Pflicht zur Belehrung über die Mitführungspflicht von Ausweispapieren oder der Dokumentationspflicht über die Belehrung, dass der Mitarbeiter bei Sonne einen Hut tragen soll, in den Schatten gehen und sich mit Lichtschutzfaktor 30 eincremen muss.

Dem veränderten Markt anpassen

Auch gibt es eine Dokumentationspflicht über die Entsorgung von Baustoffen wie Bitumen, Teer, Asbest, Mineralwolle und Styropor. Gleichzeitig ist seit dem Jahr 2016 die Verwendung eines mit einem speziellen Bindemittel hergestellten Styropors verboten, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein.

„Bei der Entsorgung von Resten habe ich die Beweispflicht, dass es sich um ein Produkt ohne dieses Bindemittel handelt. Kann ich das nicht nachweisen, kostet die Entsorgung doppelt so viel wie das Styropor selbst“, erklärt Sebastian Weimert dem Spitzenkandidaten der sächsischen FDP zur Landtagswahl Robert Malorny, der das Unternehmen besucht hat.

Solche Vorgaben würden Handwerksfirmen kaputtmachen oder deren „Wasserkopf“ aufblähen. Früher habe der klassische Handwerksbetrieb aus zehn Mitarbeitern bestanden. Aber diese Größe sterbe aus. Denn für sie sei die Bürokratie zu groß.

Also würden sich viele Handwerksmeister entscheiden, alleine weiterzuarbeiten, statt permanent am Schreibtisch zu sitzen. Andere hätten den Mut und die Kraft, zu wachsen, auch, indem sie sich dem veränderten Markt anpassen.

Zweites Standbein Leichtbauhalle

Gewachsen sind auch die Weimert Bedachungen. Derzeit sind in dem Unternehmen 40 Mitarbeiter beschäftigt. „In Stoßzeiten, wie im vergangenen Sommer, kommen noch zehn bis 15 aus Subunternehmen dazu“, so der Geschäftsführer. Die Firma besteht seit 120 Jahren und in fünfter Generation.

„Die Unternehmensnachfolge ist geklärt und geglückt“, meint Sebastian Weimert und fügt hinzu: „Ich habe auch drei Söhne und hoffe, dass das Unternehmen noch mindestens eine weitere Generation besteht.“

In den vergangenen 30 Jahren habe sich das Firmenprofil gewandelt. Natürlich werden auch noch Dächer gedeckt. Im Moment zwar weniger Einfamilienhäuser, „dann eben einen Stall oder eine Halle mehr“, so Weimert. Hinzugekommen ist der Leichthallenbau. Für den nötigen Tief- und Stahlbau habe Weimert Partner. Den „Rest“ erledige das Unternehmen selbst. „Wir haben uns außerdem auf vorgehängte, belüftete Fassaden spezialisiert.“ Für solche Projekte beteilige sich die Firma an vielen öffentlichen Ausschreibungen.

So aktiv wie der Betrieb dort ist, sei er auch bei der Werbung um Lehrlinge. Derzeit sind es vier, bis zu drei neue werden jedes Jahr eingestellt. Aber die Zeiten, in denen Vater Eckhard Weimert mit Einstellungstests die Geeignetsten aus der Vielzahl der Bewerber ausgesucht hat, sind lange vorbei.

Jetzt versucht Sebastian Weimert, junge Leute auf Ausbildungsmessen für den Beruf des Dachdeckers zu begeistern und bietet auch Praktika sowie Ferienjobs an. Die Firma habe einen eigenen Ausbildungsverantwortlichen und eine eigene Ausbildungsstätte mit Modellen, an denen die Jugendlichen üben können.

Oft habe das Unternehmen sehr gute Azubis. Es habe aber auch schon Jahrgänge gegeben, bei denen alle drei Lehrlinge nach dem ersten halben Jahr festgestellt haben, dass es doch nicht der richtige Job für sie ist.

Führerschein für die Azubis

Doch der Nachwuchs aus den eigenen Reihen ist wichtig. „Denn es gibt auch altersbedingte Abgänge“, so Weimert. Früher hätten sich Dachdecker im Durchschnitt im Alter von 36 Jahren nach einem anderen Job umgesehen. Heute könnten sie die Arbeit dank moderner Technik bis zum Rentenalter ausführen.

Für die theoretische Ausbildung müssen die jungen Leute bis nach Aue-Bad Schlema. Unter anderem, um ihnen diesen Weg zu erleichtern, finanziert die Firma Weimert Bedachungen ihren Lehrlingen den Führerschein. Aber auch dabei gibt es wieder einen bürokratischen Haken. Der Azubi muss dieses Geschenk als sogenannten geldwerten Vorteil versteuern. Das kostet ihn mehrere hundert Euro.

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