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Dresdner Forscher entwickeln Knochenersatz aus der Textilmaschine

Neue Biomaterialien auf der Basis von Fasern ahmen die menschlichen Gewebe besser nach und werden jetzt gemeinsam mit der Industrie für die klinische Anwendung vorbereitet.

Lesedauer: 2 Minuten

Man sieht einen laufenden Mann mit schmerzhaftem Hüftgelenk
Quelle: peterschreiber.media

Stephan Schön

Ein neuartiger Ersatz für Knochen und Gewebe kommt aus der Textilmaschine. Forscher der TU Dresden, vom Fraunhofer-Institut IKTS und der sächsischen Firma Innotere Biomaterial GmbH arbeiten gemeinsam an einem weltweit neuen Medizinprodukt. Darüber berichtet jetzt Chokri Cherif, Professor der Textiltechnologie und Direktor des TU-Textilinstituts ITM.

Der neue Knochenersatz soll stabil wie bisherige Implantate sein, jedoch auch so flexibel, wie es Knochen sind. Zudem porös und durchlässig für nachwachsende Zellen und deren Versorgung. Patienten, mit derartigen Implantaten könnten diese deutlich zeitiger als mit herkömmlichen Implantaten belasten. Sie würden sich zudem erheblich besser mit dem Körper verbinden. Dieses Projekt läuft noch gut zwei Jahre und beginnt jetzt mit der entscheidenden Materialerprobung. Dazu gehört auch die Bioverträglichkeit. Daten dazu und zum Zellwachstum ermittelt ab Januar das Leipziger Fraunhofer-Institut IZI.

Zellbeobachtung von der Knochenstruktur mit dem Fluoreszenzmikroskop im Dresdner Fraunhofer-Institut IKTS.
Quelle: IKTS

Am Dresdner Fraunhofer-IKTS läuft indes die Technologie für eine praxistaugliche keramische Beschichtung und Verpackung der einzelnen Fasern, berichtet Bio-Nanotechnologe Jörg Opitz. Am Ende entsteht mit den Fasern aus der Textilmaschine, mit Mikrotröpfchen Klebstoff aus dem 3-D-Drucker und Keramikpasten eine Struktur, ganz ähnlich dem Knochen.

Die Firma Innotere aus Radebeul übernimmt den industriellen Teil, den Transfer in die Fertigung. „Wir gehen davon aus, dass drei Jahre nach Projektabschluss diese neuen Produkte in den Kliniken zur Verfügung stehen“, sagt TU-Professor Cherif. Das wäre dann 2030. Möglich wird dies nur, weil die einzelnen verwendeten Biomaterialien bereits im menschlichen Körper medizinisch zur Anwendung kommen. Andernfalls wären die Zulassungen deutlich umfangreicher. Die Innotere GmbH arbeitet bereits bei ihren bisherigen Produkten mit diesen Grundstoffen.

Das Forschungsprojekt Sponge-Bone, also Schwamm-Knochen, ist der Natur abgeschaut, berichtet Projektleiter Lukas Benecke von der TU. Der Glasschwamm ist dafür Vorbild und alles andere als weich. Es ist ein Tiefseelebewesen mit einem extrem stabilen und dennoch flexiblen, netzartigem Gerüst. Diese natürlichen Strukturen sollen nun Grundlage für die aus textilen Fasern aufgebauten Knochenimplantate sein, sagt Benecke.

Unter dem Elektronenmikroskop offenbart der Glasschwamm, ein Tiefseelebewesen, seine Struktur. Diese ist extrem stabil und dennoch flexibel. Genau das wollen die Wissenschaftler in Dresden nachbauen – für Knochenersatz.
Quelle: ITM/TUD

Seit sechs Jahre wird bereits von den Textiltechnikern gemeinsam mit Uni-Medizinern zu den Grundlagen geforscht. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Fraunhofer-Gesellschaft finanzieren nun den Transfer in die Wirtschaft mit einer Million Euro. Die Innotere GmbH ergänzt dies mit eigener Forschung.

„Die Textilforschung der TU Dresden setzt stark auf technische Anwendungen und vor allem auch medizinische“, sagt Institutsdirektor Chokri Cherif. Die grundlegenden menschlichen Gewebetypen bestehen stets aus biologischen Fasern. „Und das genau entwickeln wir hier mit Textil.“ Implantate, die in ihren mechanischen Eigenschaften dem normalen Zellgewebe ähnlicher sind als bisherige. Bereits vor den Knochen wurden schon Herzklappen und Blutgefäße fürs Herz aus Textil entwickelt. Eine Forschung, die gemeinsam mit dem Herzzentrum Dresden stattfand.

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