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E-Autos in Leipzig: Strom könnte bald direkt aus Bordsteinkanten kommen

In Köln werden E-Autos seit Kurzem mit Strom aus flachen Ladestationen versorgt, die sich im Gehsteig befinden. Ein System, das auch nach Leipzig kommen soll. Was würde es bringen?

Lesedauer: 3 Minuten

Roland Herold

Leipzig. Ladebordsteine statt Ladesäulen für E-Autos – die Leipziger Stadtwerke wollen einem bundesweit aufmerksam verfolgten Versuch der Kölner Stadtverwaltung folgen. In der Domstadt sind seit April erste Ladebordsteine im Einsatz und unterscheiden sich optisch kaum von herkömmlichen Bordsteinen. In der Praxis funktioniert das Ganze so: Neben dem Ladepunkt parken, die EC-Karte am Bordstein scannen und dann das Auto per Ladekabel mit der Steckdose im Boden verbinden – fertig.

Entwickelt wurden die einen Meter langen und 80 Kilogramm schweren Konstrukte vom Düsseldorfer Technologie- und Rüstungskonzern Rheinmetall. Dafür gab es sogar den Red Dot Design Award. Und viel Lob. Der Ladebordstein sei wartungsarm, sicher vor Vandalismus, wintertauglich und verschandele Gehwege nicht mit sperrigen Säulen, urteilten Tester. Insbesondere dort, wo Platzmangel herrscht, Denkmalschutzaspekte oder Sichtachsen beachtet werden müssen, könnten die Bordsteine zur echten Alternative werden.

Immer mehr E-Autos in Leipzig

In Leipzig hat die Zahl der Elektrofahrzeuge im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2023 um knapp ein Fünftel auf 6600 zugelegt. Deshalb beschäftigen sich auch die Stadtwerke mit dem Thema, bestätigt Sprecher Peter Krutsch. Man habe Kontakt mit dem Hersteller aufgenommen. „Rein baulich und technisch bestehen aus unserer Betreibersicht aktuell keine Einschränkungen für einen Einsatz in Leipzig“, so Krutsch.

Für ihn überwiegen die Vorteile. „Manche öffentlichen Standorte scheitern in ihrer Genehmigung beispielsweise an zu großen Einschränkungen der Gehwegbreite durch die Ladestation“, erläutert er. Andere seien nicht realisierbar, da sich die Ladestationen aus stadtgestalterischer Sicht nicht ins Umfeld fügen. All das entfalle beim Ladebordstein.

Rein baulich und technisch bestehen aus unserer Betreibersicht aktuell keine Einschränkungen für einen Einsatz in Leipzig. – Peter Krutsch, Sprecher Leipziger Stadtwerke

Dazu komme der finanzielle Aspekt: Ein Ladebordstein erfordere eine vierstellige Summe im unteren Bereich. „Im Vergleich kostet eine reguläre öffentliche Normalladestation mit zwei Ladepunkten mehr, nämlich eine mittlere vierstellige Summe.“ Man könne überdies davon ausgehen, dass die Kosten des Ladebordsteins mit zunehmendem Absatz sogar noch etwas sänken. Auch die Installationskosten seien geringer, da der Tiefbau für das Fundament einer Ladestation entfalle.

Einbauaufwand soll weiter gesenkt werden

Der Einbau eines Ladebordsteins unterscheide sich kaum vom Tausch eines herkömmlichen Bordsteins, sagt ein Rheinmetall-Sprecher auf LVZ-Anfrage. „Unterschied bei uns ist, dass ein Leerrohr ins Erdreich geführt werden muss, zum Schutz der elektrischen Zuleitung sowie zur Abführung von Wasser, etwa im Falle einer Überschwemmung der Straße.“ Der Bordsteintausch dauere weniger als eine Stunde, zuzüglich Wiederherstellung des Gehwegs. Mehr noch: „Aktuell arbeiten wir parallel an einem neuartigen Kabelschutzelement, mit dessen Hilfe die elektrische Zuleitung nicht mehr etwa 60 Zentimeter tief verlegt werden muss, sondern direkt unterhalb der Gehwegplatten verlegt werden kann“. Dies spare noch mehr Zeit und Kosten und beeinträchtige Anwohner weniger.

Für den Ladebordstein werden ein Netzübergabepunkt und -zähler benötigt, die nicht im Ladebordstein selbst verbaut werden können. Bereits vorhandene Übergabepunkte, sogenannte Zähleranschlusssäulen, könnten aber genutzt werden. Wo dies nicht möglich ist, müsse eine neue Säule errichtet werden. „Diese kann im Straßenzug allerdings flexibel platziert werden und fällt in der Regel nicht auf“, sagt Rheinmetall.

Auch Halle denkt an einen Einsatz

Mittlerweile sind in Nordrhein-Westfalen in Köln, Düsseldorf, Neuss und Nörvenich Ladebordsteine in Betrieb. Weitere Städte bundesweit befinden sich in Planungs- und Genehmigungsprozessen. So wird auch in Leipzigs Nachbarstadt Halle ein Einsatz von Ladebordsteinen diskutiert. Dennoch gibt es auch Nachteile. In der Testphase kritisierten Nutzer – nicht unerwartet – eine fehlende Sichtbarkeit trotz Hinweisschild. Hier sollen künftig Markierungen und die Einbindung in Navigations- und Lade-Apps für Besserung sorgen.

„Der Ladebordstein ist einsatzbereit für die Serie und eine echte Alternative zu klassischen Ladesäulen“, lobt Florian Wagner, der Sprecher des ADAC Sachsen. „Für Kommunen bietet er eine kosteneffiziente, skalierbare und stadtverträgliche Lösung, um die Ladeinfrastruktur auszubauen – gerade in Wohngebieten ohne private Stellplätze.“

Wie aber geht es jetzt in Leipzig weiter? „Wenn wir mit unserem Partner die Pilotphase durchgeplant haben, schauen wir nach einem ersten konkreten Standort“, sagt Stadtwerke-Sprecher Krutsch. Dann könnten Integrationstests ins vorhandene E-Mobilitäts-System erfolgen. „Ist der Standort unsererseits gewählt, werden wir im Rahmen der Standortgenehmigung auf das Tiefbauamt zugehen.“ Einzig gewöhnungsbedürftig ist die Bedienhöhe der Ladebordsteine. Wer einen solchen Ladepunkt nutzt, der muss sich bücken.

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