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Eine Nacht im Flugzeug-Simulator

Bei Erik Herbert in Sebnitz können Besucher in einer umgebauten Antonov AN 2 übernachten.

Lesedauer: 4 Minuten

Eine Familie steht vor einem Flugzeug
Aus dem eigenen Garten direkt in den Flieger: Für Erik Herbert und seine Familie ist das Alltag. Die Antonov im Garten ist längst eine Attraktion. Foto: PR

Von Olivia Daume

Sebnitz. Ein kräftiger Windstoß ergreift den linken Flügel des größten einmotorigen Doppeldeckers der Welt. Das Flugzeug begibt sich in Schräglage. Nur noch wenige Meter Luftlinie bis zu dem Flugzeugträger auf offener See. Mit einer sachten Bewegung am Lenkrad wird der Blechvogel wieder auf Kurs gebracht. Fertig zur Landung?
Erik Herbert ist Privatpilot und hat sich vor drei Jahren seinen Traum von einer eigenen Maschine erfüllt, stillgelegt und flugunfähig. „Ursprünglich wollten wir zwei Tiny-Häuser in unserem Garten vermieten. Durch meine Begeisterung für Flugzeuge kam mir dann aber die Idee mit der Antonov AN 2, die ist auch relativ klein. Vielleicht kann man das irgendwie kombinieren“, sagt Herbert.
Ein Jahr dauerte der Ausbau des Doppeldeckers zu einer Ferienwohnung in Sebnitz mit Blick auf die Schrammsteine in der Sächsischen Schweiz. An den Start der Vermietung kann sich der Pilot noch gut erinnern, denn es war die Zeit des Unwetters im Ahrltal. „Die ersten Gäste waren damals vier junge Männer aus München, selbst Privatpiloten, die der Dauerregen überhaupt nicht gestört hat. Die sind hier nackig aus der Sauna und übers Grundstück gelaufen und alle haben sich gefreut. Es war herrlich.“

Private Sauna für die Gäste
In der Unterkunft auf Rädern, nur 400 Meter vom Nationalpark entfernt, ist Platz für bis zu vier Personen. Das Flugzeug ist mit einer Klimaanlage, WLAN und Küche samt Kochfeld, Kühlschrank und Kaffeemaschine ausgestattet. Wem die Board-Toilette nicht reicht, kann auf die Toilette im Duschhaus direkt unter dem Flügel. Dort steht den Gästen auch eine private Sauna zur Verfügung, zur Entspannung nach den ganzen Flugstunden. Denn Herbert konnte das Cockpit zu einem funktionsfähigen Flugzeug-Simulator umbauen. Fünf Missionen können im restaurierten Flugzeug-Cockpit absolviert werden. Dabei lassen sich alle Klappen und Oberflächen bewegen und sogar der Flugzeugmotor kann gestartet werden. Aufgrund von Umweltschutz und Lärmminimierung handelt es sich allerdings um ein E-Motor-Getriebe. „Wenn du alles schaffen willst, sitzt du rund drei bis vier Stunden im Cockpit“, so Herbert. „Letztes Wochenende hatten wir ein Paar hier. Der Mann saß die ganze Zeit im Simulator und seine Frau ist wandern gegangen. So geht’s auch.“ Wer die Missionen gemeistert hat, erhält am Ende noch das Zertifikat „Antonov-Pilot“ und kann zufrieden ins Bett fallen.
Wer lange schlafen will, ist hier allerdings an der falschen Adresse. Denn durch die dünnen Alu-Wände ist am Morgen der Hahn vom Öko-Bauernhof nebenan zu hören. In der Hauptsaison kann in der Landgaststätte nebenan gefrühstückt werden. Zum Abendessen lädt der zur Ferienwohnung gehörende Grillplatz ein, mit Blick auf die Schrammsteine.
Die Unterkunft wird meist am Wochenende gebucht, zu 90 Prozent für eine Nacht, heißt es von Herbert. „Anfangs kamen noch viele ältere Leute, die das Flugzeug noch kannten aus den DDR-Zeiten. Flugbegleiterinnen hatten wir auch schon einige.“ Eine Nacht kostet ab 300 Euro. Er selbst verbringt aber kaum noch Zeit in seiner Antonov. Doch für außergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeiten ist sich Herbert nicht zu schade. Sein Traum wäre eine Nacht im Weltall. „Ich glaube, eine Fahrt ins Weltall würde vielen Menschen dabei helfen, mal wieder auf den Boden zu kommen“, so Herbert.

Ab 1. Juli: der weltweit erste U-Boot-Simulator
Wem der Flugzeug-Simulator nicht reicht, für den hat der Pilot eine weitere Attraktion: eine Schnitzeljagd mit zwei Film-Buggys. Wie Rallyefahrer navigieren die Besucher mit einem Roadbook durch die Region und müssen dabei sieben Rätsel lösen, um den Tresor zu knacken. Innerhalb von rund drei Stunden fahren die Gäste über die Serpentinenstraßen der alten Rennstrecke Deutschlandring, durch das romantische Kirnitzschtal und typische Städte und Dörfer des Elbsandsteingebirges. „Touristen buchen die Buggys, wenn sie zu faul sind zum Wandern oder mal was anderes machen wollen, abseits der Wanderwege“, so Herbert. Dabei haben sie die Wahl zwischen dem Bud Spencer Dune Buggy aus „Zwei wie Pech und Schwefel“ für drei Personen und dem Off-road Buggy aus Fast and Furious 8, einem von weltweit sieben, sagt er. „Meine Tochter Klara will immer mit dem schwarzen Buggy fahren.“ Die Attraktion läuft bereits seit fünf Jahren. Nach Attraktionen aus der Luft und auf dem Land brauchte es nach Herbert nur noch eines: Wasser. Die Idee des weltweit ersten U-Boot-Simulators ist geboren, damit wirbt Herbert auf seiner Webseite. „Ich wollte zuerst eine U-Boot-Ferienwohnung in einem Teich in drei Meter Tiefe. Das wurde mir aber nicht genehmigt.“ Nach eineinhalb Jahren Arbeit sollen ab dem 1. Juli erste Testfahrten in den Tiefen der Meere stattfinden.

So landete der Doppeldecker in Sebnitz
Das Cockpit des U-Bootes ist für zwei Personen ausgelegt. Von der Decke hängen Kabel, überall leuchten blaue Knöpfe in dem ansonsten dunklen Raum. Drei Fenster geben den Blick auf die umliegende Unterwasserwelt frei. Während das U-Boot durch das Wasser gleitet, rauscht und gluckst es, unterbrochen von lang gezogenen Signaltönen. Die Tiefsee-Station ist ausgefallen, die Ursache unklar.
Das Abenteuer in dem beweglichen Cockpit dauert rund 45 bis 60 Minuten. „Damit hat die Sächsische Schweiz jetzt auch etwas für den Winter. Außer der Therme in Bad Schandau, aber bei uns kann man anders abtauchen.“ Auch der U-Boot-Simulator wurde von Herbert selbst programmiert und kann im Gegensatz zum Flugzeug-Simulator sogar ganzjährig betrieben werden. Seine Programmierkünste verdankt er seiner Selbstständigkeit in der Digitalisierung. „Das Handwerkliche habe ich erst mit dem Grundstück gelernt“, so Herbert. „Jeder Knopf, jeder Schalter ist 3-D-gedruckt und selbst verkabelt worden.“
Bleibt nur noch eine Frage: Wie ist das zwölf Meter lange Flugzeug zwischen den Wohnhäusern mitten in Sebnitz gelandet? Ursprünglich kommt der Doppeldecker aus Polen. Im Januar 2021 wurde der Doppeldecker ohne Flügel per Schwerlasttransport aus Polen in die Sächsische Schweiz transportiert. Dort musste ein Kran das Flugzeug über zwei Häuser in Erik Herberts Vorgarten hieven. Zum Tag der Sachsen, welchen die Seidenblumenstadt Sebnitz vom 5. bis 7. September 2025 ausrichten wird, sollen Erik Herberts Attraktionen alle glänzen.

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