Von Tim Ruben Weimer
Bautzen. Die Deutsche Bahn will bei einer möglichen Elektrifizierung der Bahnstrecke zwischen Dresden und Görlitz auf die bahneigene Stromversorgung setzen und lehnt eine Strom-Einspeisung aus bereits bestehenden Stromnetzen des Versorgers Sachsen-Energie ab. „Die Stromversorgung mittels Bahnstromfernleitung und Trafostationen erwies sich gegenüber einer dezentralen Versorgung mittels Umrichterwerk als vorteilhaft“, heißt es in einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Caren Lay (Die Linke). „Ein Netzanschluss auf Hochspannungsebene bei Sachsen-Netz wir deshalb nicht benötigt.“
Die Bahn will eine Bahnstromleitung zwischen Arnsdorf und Pommritz bauen. „Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht und vor allem aus Gründen der Systemstabilität ist diese Lösung eindeutig zu bevorzugen“, teilt eine Bahn-Sprecherin mit.
Sachsen-Energie bietet Hochspannungsleitung an
Das Unternehmen Sachsen-Energie hatte dagegen bereits 2021 vorgeschlagen, bei Kubschütz ein Stromwandlerwerk zu errichten und darüber die bereits bestehenden und parallel zur Bahnstrecke verlaufenden Hochspannungsleitungen zu nutzen. In Kubschütz würde dann der übliche 50-Hertz-Strom in Bahnstrom mit 16,7 Hertz umgewandelt. Für diese Lösung hatten sich auch Politiker und Wirtschaftsvertreter aus der Oberlausitz ausgesprochen. Die Errichtung des Umrichterwerks sei deutlich günstiger und schneller zu bewerkstelligen als der Bau einer neuen Bahnstromleitung, sagte der Vorstandschef von Sachsen-Energie, Frank Brinkmann.
Im Sinne des Gesamtkonzepts der Bahn zur Stromversorgung in der Lausitz sei dies jedoch keine nachhaltige Lösung, argumentiert die Deutsche Bahn. „Die Elektrifizierung von Bahnstrecken einer ganzen Region ist nicht ausschließlich mit dezentralen Umrichterwerken stabil zu bewerkstelligen“, erklärt die Bahn-Sprecherin. Die Bahnstromversorgung der Strecke Arnsdorf – Pommritz sei Grundlage für die Bahnstromversorgung der gesamten Lausitz.
Zudem ließe sich die beim Bremsen entstehende Energie der Triebfahrzeuge unproblematisch in eine Bahnstromleitung zurückleiten. Diese Variante biete dem Bahnbetrieb außerdem mehr Stabilität.
Wann die Elektrifizierung kommt, ist ungewiss
Seit 2016 habe die Deutsche Bahn mehrere Varianten der Stromversorgung untersucht und dabei auch „mögliche andere Elektrifizierungsvorhaben in der Region“ betrachtet. Auch die Landesdirektion Sachsen habe sich schlussendlich aber für eine zentrale Versorgung mit Bahnstrom, wie sie auch in anderen Teilen Deutschlands üblich sei, ausgesprochen.
Derzeit ist noch unklar, ob es überhaupt zur Elektrifizierung der Bahnstrecke zwischen Dresden und Görlitz kommen wird. Das Bundesverkehrsministerium führt die Strecke als „Vorhaben potenziellen Bedarfs“, der Bedarfsplan werde derzeit aber wie gesetzlich vorgeschrieben überprüft. Es sei daher möglich, dass die Strecke neu bewertet und zukünftig mit höherer Priorität geführt werde, heißt es im Antwortschreiben an Caren Lay.
Verkehrsministerium lädt zu Gespräch nach Berlin ein
Nachdem es auf einen Brief der Oberlausitzer Politiker und Wirtschaftsvertreter vom April 2023 keine Reaktion aus dem Bundesverkehrsministerium gegeben hatte, schrieb der Bischofswerdaer Oberbürgermeister Holm Große (parteilos) im Juli erneut an das Haus von Minister Volker Wissing (FDP), um einen Gesprächstermin zur Bahnelektrifzierung einzufordern. Schlussendlich hat das Ministerium nun einen Gesprächstermin für den 18. September 2023 anberaumt.
Die Fahrtzeit zwischen Dresden und Görlitz könnte sich laut Berechnungen des Zweckverbands Oberlausitz-Niederschlesien (Zvon) mit elektrischen Zügen um elf Minuten verkürzen, weil die Züge mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde unterwegs sein könnten.