Von Martin Skurt
Coswig. Nun ist sie eingeläutet, die Erdbeersaison im Freistaat: Jetzt gibt es die roten, süßen und auch gesunden Früchte, zum Beispiel bei Obstbau Michael Görnitz aus Coswig-Neusörnewitz. Dort versammelten sich am Freitag alle Menschen, die gern die regionale Wirtschaft stützen und ausbauen wollten. Denn die Sachsen würden zu wenig Erdbeeren essen. So beschreibt es zumindest Jörg Geithel, Vorsitzender des Landesverbandes Sächsisches Obst e. V. 3,6 Kilogramm pro Kopf steckten sich die Sachsen im vergangenen Jahr in den Mund. Das sei nicht viel, da geht noch mehr, so Geithel. In Sachsen werden jedenfalls 210 Hektar angebaut, allein davon 30 Hektar durch den Coswiger Betrieb.
Denn im Vergleich zu 2022 wurden in diesem Jahr 21 Hektar weniger Erdbeeren angebaut, so Geithel. „Die Kosten- und Erlössituation macht uns Sorgen.“ So steigen die Kosten und die Gewinne werden dadurch weniger. Der Energieverbrauch für Gewächshäuser sei ebenso teuer, gleichzeitig wollen Verbraucherinnen und Verbraucher „super Früchte“. Und besonders eins bereitet dem Verbandschef Bauchschmerzen: „Viele Menschen kennen gar nicht mehr die klassische Erdbeerzeit, die Beziehung zum Produkt schwindet immer mehr.“ Er wisse aber, dass der Verband da nacharbeiten müsse.
Sachsen sollen mehr Erdbeeren essen
Zusätzlich dazu seien die Lohnkosten der Saisonarbeiter gestiegen, so Geithel. Michael Görnitz, Leiter des Coswiger Betriebs, betont jedoch, dass es ohne sie nicht machbar wäre. Und diese sollten seiner Auffassung nach entsprechend entlohnt werden. „Der regionale Verkauf von Erdbeeren ist ganz wichtig, damit wir existieren können“, sagt Görnitz. In Sachsen liegt der Anteil des direkten Verkaufs der Obstbauern bei 70 Prozent der gesamten Anbaufläche, laut Zahlen des Landesverbands. Das entspricht etwa 950 Tonnen an Früchten. Für Michael Görnitz gehören die Erdbeerfelder fest zur Region.

Genauso für Ministerpräsident Michael Kretzschmer (CDU), der sich auch in Coswig eingefunden hat. Schon im vergangenen Jahr war er bei der Eröffnung der Apfelsaison dabei. Er sei sehr gern immer wieder dabei, denn er wolle, dass die Wertschöpfung des Obstes in Sachsen bleibe. Denn ohne diese Wirtschaft finde auch keine Innovation mehr statt. Das sehe man auch an den Menschen, die einen Stand zum Pressetermin am Freitag anboten. So wie das Forschungsprojekt Express, das die Vernetzung und Digitalisierung in der Landwirtschaft vorantreiben möchte. Konkret heißt das zum Beispiel, dass sie mit selbstfahrenden Erntefahrzeugen experimentieren oder Systeme entwickeln, die frühzeitig Krankheiten erkennen können.
„Mehr Erdbeeren zu essen: Der Challenge sollten wir uns stellen“, ermutigt Kretschmer die Beteiligten. Er selbst sei mit seiner Familie häufiger auf den Selbstpflücke-Feldern in Coswig oder auch Dresden-Weixdorf gewesen. So wurde ihm immer wieder deutlich vor Augen geführt, wie anstrengend doch Feldarbeit sei. „Trotzdem bereitet es dann eine Riesenfreude, den eigenen Erdbeerkuchen daraus zu backen.“ Genau diese Verbindung mit der Region, der Landwirtschaft und der Saison – diese passiere im Kleinen. „Hier ist alles geerdet. Du musst es können, du musst es machen und musst es wollen“, beendet der Ministerpräsident sein Lob an den Obstbau.
Ernteverzögerung um etwa zwei Wochen
Aus diesen Gründen könne auch keine Vier-Tages-Woche in der Landwirtschaft durchgesetzt werden, sagt er. Da stimmt auch Michael Görnitz zu. Denn er beschreibt sein Gleichgewicht von Arbeit und Leben so: „100 Prozent work und null Prozent life“. Er bedanke sich bei allen, die ihn täglich unterstützen. „Unsere Leute wollen das und sind bereit.“
Doch in diesem Jahr war es auch das Wetter. Denn nach einem milden Winter und wenigen Frostnächten im Winter und Frühling sind die Pflanzen gut erhalten. „Frostnächte haben wenig Schaden angerichtet, da die meisten Erdbeerbauern ihre Flächen mit Vlies beziehungsweise Folie geschützt haben“, so Jörg Geithel. Aber das kühle Wetter der vergangenen Wochen und vergleichsweise wenig Sonne mit Nächten unter zehn Grad verzögerte den Erntebeginn, und zwar um etwa ein bis zwei Wochen. „Wir erwarten in diesem Jahr 1.700 Tonnen Erdbeeren in Sachsen von mehr als 20 Sorten.“ Damit könne Sachsen sich allerdings nur zu einem Zehntel selbst versorgen. Der Rest kommt aus den restlichen Bundesländern sowie Spanien, Italien und den Niederlanden, so die Angaben des Landesverbandes Sächsisches Obst.
- Die Erdbeer-Selbstpflücke auf den Erdbeerfeldern des Betriebes Obstbau Michael Grönitz beginnt am 27. Mai und ist täglich von 7 bis 19 Uhr möglich.
- Seit dem 16. Mai hat die Erdbeerplantage in Gävernitz geöffnet. Selbst gepflückt werden kann montags bis sonnabends von 7 bis 19 Uhr sowie sonn- und feiertags von 7 bis 13 Uhr möglich.
- Bei Erdbeeren-Mantzsch in Riesa (hinter dem Stabilo-Baumarkt) startet die Selbstpflück-Saison am 30. Mai, dann immer wochentags von 8 bis 18 Uhr sowie sonn- und feiertags von 8 bis 12 Uhr.