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„Es gibt keine Bargeldknappheit“

Geldfahrer streiken für mehr Geld. Die Versorgung an Automaten ist gesichert - wenn der Ausstand nicht noch länger dauert.

Lesedauer: 2 Minuten

Für den 1. Aufschlag sei das nicht schlecht gewesen. Christel Tempel von der Gewerkschaft Verdi ist zufrieden mit dem Warnstreik der Geldtransporteure in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Nach Angaben der Fachbereichsleiterin haben sich 120 Beschäftigte an der Kundgebung für die drei Länder am Mittwoch am Leipziger Volkshaus beteiligt, darunter Mitarbeiter der Dresdner DWSI GmbH.

„Das hört sich nach nicht viel an“, sagt die Gewerkschafterin. Aber zum einen zähle die gesamte Branche in Mitteldeutschland gerade mal 750 bis 800 Leute, deren Job zum anderen aber eine enorme öffentliche Wirksamkeit entfalte. Schließlich hätten an dem Tag viele Geldautomaten und Banken kein frisches Bargeld bekommen. Bundesweit seien Hunderte Transporte ausgefallen und Händler auf ihren Tageseinnahmen sitzengeblieben.

„Flächendeckend halten sich die Auswirkungen für Verbraucher in Grenzen“, hält Silke Wollmann, Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste, dagegen. Vor allem im Osten sei die Streikbeteiligung vielerorts gering.

Dem widerspricht Christel Tempel, „auch wenn man sich immer noch mehr wünscht“. Laut Verdi-Verhandlungsführer Arno Peukes waren mehr Fahrer von Geldtransportern, Geldzähler und Vorbereiter vorübergehend im Ausstand als erwartet. In Bayern sollen sogar rund 80 Prozent der Geldtransporte ausgefallen sein, heißt es von der Gewerkschaft.

„Es gibt keine Bargeldknappheit im Handel oder überlaufende Tresore in den Supermärkten – auch nicht bei drei Streiktagen“, entgegnet Arbeitgebersprecherin Wollmann. Es könne aber passieren, dass einem Automaten mal die Scheine ausgingen und Kunden zum nächsten müssten, räumt sie ein. In immer mehr Supermärkten könnten Kunden an der Kasse Geld abheben. „Das ist zwar auch ein Teil des Problems, warum es der Branche nicht gutgeht“, so Wollmann. Aber an Tagen wie diesem könne es auch positiv sein.

Mit den bundesweiten Warnstreiks will Verdi den Druck in der Tarifrunde erhöhen. Nach fünf ergebnislosen Verhandlungen werden die Gespräche für die 12 000 Beschäftigten am Donnerstag und Freitag in Berlin fortgesetzt.

Verdi fordert eine Erhöhung des Stundenlohns um 1,50 Euro für zwei Jahre in Folge beziehungsweise ein Lohnplus von 250 Euro im Monat sowie die Angleichung der Ostgehälter an das Westniveau. Laut Verdi liegen die Löhne für die Geldzähler und Geldtransportfahrer im Osten bei 1 800 bis 2 400 Euro und im Westen bei 2 200 bis 2 900 Euro brutto pro Monat.

Die Arbeitgeber hatten die Forderung als viel zu hoch zurückgewiesen. Sie hätten ein Angebot vorgelegt, bei dem die Unternehmen bereits bis an die Schmerzgrenze gegangen seien, hieß es. So sei für den Osten ein Lohnplus von 9,4 Prozent binnen zwei Jahren vorgeschlagen worden.

„Das ist bei einem Unterschied von vier Euro im Vergleich mit den bestbezahlten Kräften in Nordrhein-Westfalen viel zu wenig, wir fordern einen akzeptablen Fahrplan zur Ost-West-Angleichung“, sagt Gewerkschafterin Tempel. Lohngleichheit sei zwar nicht von heute auf morgen zu schaffen, aber „die bereits genannte Zielmarke von fünf Jahren sehr wohl realistisch“. Die Bereitschaft der Beschäftigten, dafür zu kämpfen, sei hoch. In jedem Fall werde am Donnerstag weitergestreikt. Und auch am Freitag? „Das hängt davon ab, was bei den parallel laufenden Tarifgesprächen in Bad Nauheim herauskommt“, sagt Tempel. Verdi werde den Druck hochhalten. Je nach Region und Unternehmen liege der Organisationsgrad in der Branche zwischen 25 und 75 Prozent „und damit deutlich über dem allgemeinen Bewachungsgewerbe“.

Und ein Ausstand über mehrere Tage oder gar Wochen würde selbst nach Arbeitgeber-Lesart zum Problem. Dann stünde das Schreckgespenst leerer Geldautomaten und überlaufender Tresore in Supermärkten tatsächlich im Raum. (mit dpa)

 

Von Michael Rothe

© Foto: Peter Knefel/dpa

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