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Fleischereigruppe Hein ist insolvent: Aber es soll weitergehen

Am Standort Görlitz sind 23 Mitarbeiter betroffen. Derzeit arbeiten sie ganz normal weiter und erhalten ihre Löhne und Gehälter. Doch was passiert 2026

Lesedauer: 3 Minuten

Ingo Kramer

Görlitz. Schlechte Nachrichten aus der Lebensmittelbranche: Die Geschäftsführer der Fleischwarenfabrik Dieter Hein GmbH & Co. KG haben vor wenigen Tagen beim zuständigen Amtsgericht in Osnabrück die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beantragt.

Das betrifft die gesamte Firmengruppe und damit auch die Fleischermeister Georg Hein Niederschlesische Wurstmanufaktur-Görlitz GmbH & Co. KG sowie die Dieter Hein Euro-Food-Service GmbH und die Hein-Hein GmbH & Co. KG. Das Gericht ist den Anträgen gefolgt und hat Rechtsanwalt Stefan Meyer von Pluta Rechtsanwälte als vorläufigen Sachwalter bestellt. Ziel ist ein dauerhafter Erhalt der Unternehmensgruppe.

Wir konnten in der Lebensmittelbranche nicht so schnell und nicht in dem Umfang wie notwendig die Preise erhöhen, mit denen wir die massiv gestiegenen Kosten hätten kompensieren können. – Georg Hein; Geschäftsführer Fleischwarenfabrik Hein

Geschäftsführer Georg Hein sieht einen Grund für die Insolvenz: „Wir konnten in der Lebensmittelbranche nicht so schnell und nicht in dem Umfang wie notwendig die Preise erhöhen, mit denen wir die massiv gestiegenen Kosten hätten kompensieren können.“ Thomas Schulz, der im Auftrag des Sachwalters tätig ist, ergänzt: „Der Firma sind die Grundkosten davongelaufen.“ Gemeint sind vor allem der Wareneinkauf und die Energiekosten. Hein habe viele Großkunden. Die Kosten konnten nicht so schnell über Preiserhöhungen auf sie umgelegt werden.

Bei der Niederschlesischen Wurstmanufaktur in Görlitz sind 23 Mitarbeiter beschäftigt. Wie sowohl Geschäftsführer Claus Hein als auch Thomas Schulz bestätigen, geht es für diese Kollegen weiter. Ihre Löhne und Gehälter sowie auch die der anderen 356 Beschäftigten der Unternehmensgruppe sind bis einschließlich Jahresende 2025 durch Insolvenzgeld abgesichert. „Das Geld wird von der Bank vorfinanziert“, erklärt Schulz auf Nachfrage. Die Bank hole sich das Geld später von der Bundesagentur für Arbeit zurück: „Das ist ein übliches Verfahren.“

Stabiler Geschäftsbetrieb

Die Görlitzer Mitarbeiter würden nicht zu Hause sitzen, sondern ihrer Arbeit ganz normal weiter nachgehen, erklärt Schulz. Der Geschäftsbetrieb der Gesellschaften solle uneingeschränkt und vollumfänglich fortgeführt werden. Schulz spricht von einem „stabilen Geschäftsbetrieb“.

Die Anordnung der Eigenverwaltung durch das Gericht signalisiere dessen Vertrauen in das vorgelegte Konzept, die Unternehmensgruppe zu reorganisieren. Denn in der Eigenverwaltung bleibe die Geschäftsführung weiter handlungsfähig, ergänzen die Generalbevollmächtigten Jens Lieser und Alfred Kraus von Lieser Rechtsanwälte. Beide unterstützen die Geschäftsführung als Generalbevollmächtigte für die Dauer des Verfahrens.

Dass das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung erfolgt, ist ein gutes Zeichen. – Thomas Schulz; Sprecher im Auftrag des Sachwalters

Laut Schulz steckt das Insolvenzverfahren noch in einem sehr frühen Stadium: „Es wäre deshalb unseriös, jetzt konkrete Aussagen zur Zukunft zu machen.“ Das Gesamtverfahren ziele darauf ab, dass so viele Mitarbeiter wie möglich ihre Arbeit behalten. „Dass das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung erfolgt, ist ein gutes Zeichen“, erklärt Schulz. Zum Jahreswechsel könne er vielleicht mehr sagen.

In den vergangenen Jahren erwirtschaftete die Gruppe mit insgesamt 379 Beschäftigten einen Umsatz von durchschnittlich rund 77 Millionen Euro pro Jahr. Bei der EG Fleischwarenfabrik Dieter Hein GmbH & Co. KG sind 345 Mitarbeiter, bei der Fleischermeister Georg Hein Niederschlesische Wurstmanufaktur-Görlitz GmbH & Co. KG 23 Mitarbeiter, bei der Dieter Hein Euro-Food-Service GmbH fünf Mitarbeiter und bei der Hein-Hein GmbH & Co. KG vier Mitarbeiter beschäftigt.

1936 zog die in Görlitz gegründete Fleischerei Hein in die Moltkestraße.
1936 zog die in Görlitz gegründete Fleischerei Hein in die Moltkestraße.
Quelle: privat

Die Wurzeln der Fleischerei Hein reichen bis ins Jahr 1932 zurück. Damals machten sich Georg und Hilde Hein mit einem gemieteten Laden in der Görlitzer Ost-Stadt, ab 1936 in der Moltkestraße selbstständig. Bis zum Krieg lief es gut, doch dann kam Georg Hein aus dem Krieg nicht zurück. Seine Frau gab das Geschäft an einen Görlitzer Fleischer ab, bei dem Sohn Dieter Hein in die Lehre ging. „Das war bei allem Unglück dennoch ein Glück“, sagt Claus Hein. Der 58-Jährige ist einer von zwei Söhnen von Dieter Hein. Er leitet heute die Niederschlesische Wurstmanufaktur Görlitz.

1961 eröffnete seine Großmutter in Hasbergen bei Osnabrück ein Fleischerei-Geschäft. Es entwickelte sich gut. Immer wieder wurde angebaut, bis 1974 im Gewerbegebiet Hasbergen-Gaste ein völlig neuer Betrieb entstand. Nach der Wende fädelte Dieter Hein schon bald wirtschaftliche Verflechtungen in seine Geburtsstadt Görlitz ein und übernahm 1995 den Betrieb im Gewerbering 13. Seit dem Jahr 2015 ist Claus Hein Geschäftsführer des Unternehmens in Görlitz. Er schloss den Laden am Betrieb und strukturierte die Firma völlig um. Die Görlitzer Firma wurde an den Mutterbetrieb in Hasbergen-Gaste angegliedert.

Die 23 Mitarbeiter in Görlitz stellen jede Woche etwa 20 Tonnen Salami und Rohschinken her. In einem Naturreife-Verfahren werden die Produkte haltbar gemacht. Erhältlich sind sie überall, etwa in belegten Brötchen an der Tankstelle oder beim Bäcker, aber auch in Bistros, Hotels und beim Catering – nicht nur in Deutschland, sondern in der EU und in Übersee. Und das soll auch nach der Insolvenz so bleiben.

SZ

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